# taz.de -- Regisseur über Aktivist:innen-Doku: „Eine Plattform geben“
       
       > Der Dokumentarfilm „Dear Future Children“ begleitet junge Aktivistinnen
       > in Chile, Uganda und Hongkong bei ihrem Kampf für Zukunft und
       > Gerechtigkeit.
       
 (IMG) Bild: Kein Film über sondern mit jungen Aktivist:innen: Szene aus „Dear Future Children“
       
       taz: Herr Böhm, die Protagonistinnen in Ihrem Film sind drei ganz
       unterschiedliche junge Frauen aus Uganda, Chile und Hongkong. Wie kam es zu
       dieser Auswahl? 
       
       Franz Böhm: Wir hatten grundsätzlich das Konzept, jungen, globalen
       Aktivismus näher zu erforschen und mehr über die Motivationen und
       Hintergründe zu erfahren. Bei den drei Protestbewegungen steht eine
       demokratische Mehrheit hinter den Kernforderungen der jeweiligen Proteste,
       aber trotzdem haben sie unterschiedliche Kernziele und stehen an
       unterschiedlichen Positionen in der Gesellschaft. Unser Ziel war es, in
       jeder Bewegung eine Person zu finden, die den Querschnitt der
       Protestierenden widerspiegelt. Bei der bisherigen Berichterstattung hat es
       uns gestört, dass oft die Menschen zu Wort kommen, die am absoluten Rand
       der Bewegung stehen. Also oft die lautesten Stimmen oder die extremsten.
       Aber eben nicht die, die am repräsentativsten sind.
       
       Wo sehen Sie als männlicher, weißer Filmschaffender aus einem westlichen
       Land Ihre Verantwortung und Ihre Rolle in dem Prozess des Filmes? 
       
       Es gibt eine neue Generation von Filmschaffenden, zu denen ich mich auch
       zähle, die generell die Rollenverteilung im Film neu interpretiert. Ich
       würde zum Beispiel nicht sagen, dass es nur mein Film ist – es ist ein
       Projekt, dass von einer Vielzahl von Menschen geleitet wurde. Und innerhalb
       dieses Teams habe ich die Rolle des Regisseurs übernommen. Wir haben den
       Film nicht über die Protagonistinnen gemacht, sondern mit den
       Protagonistinnen. Wir wollten unsere privilegierte Situation nicht nur
       dafür nutzen, den nächsten Kassenschlager zu machen. Wir wollten dem
       Konzept von jungen Aktivistinnen weltweit eine bessere Plattform und Stimme
       geben, und um diese Idee hat sich sehr schnell ein internationales Team
       entwickelt.
       
       Es ist unüblich, dass ein so junges Team einen 90-minütigen Film dreht. Wie
       haben Sie den Entstehungsprozess wahrgenommen? 
       
       Ich bin jetzt 22 Jahre alt, während der Dreharbeiten war ich noch 20 und
       damit war ich kein Einzelfall in unserem sehr jungen Team. Der Vorteil
       unseres Alters war ganz klar, dass wir einen besseren Zugang zu unseren
       Protagonistinnen gefunden haben. Wir haben uns sehr schnell gut verstanden
       und konnten uns austauschen. Viele hatten eher durchmischte Gefühle
       gegenüber westlichen Journalist*innen, vor allem älteren – weil diese sich
       oft nur zwei bis drei Tage Zeit nehmen und unter einem wahnsinnigen Druck
       stehen. Dadurch entstehen Versprechungen, die nicht eingehalten werden,
       oder es werden zum Beispiel Fotos veröffentlicht, die nicht veröffentlicht
       werden dürften.
       
       Was haben Sie anders gemacht? 
       
       Wir hatten eine grundsätzlich andere Strategie. Ein klarer Nachteil unseres
       Alters war gerade in Europa, dass wir oft nicht ernst genommen wurden und
       gerade für die Film-Festivalerfolge, die wir jetzt hatten, dreimal so viel
       arbeiten mussten wie andere. Wir haben uns die Plattform erkämpft, die
       diese Geschichten verdient haben.
       
       Haben Sie während des Filmens auch etwas über Ihren eigenen Aktivismus
       gelernt? 
       
       Mit dieser Frage haben Sie subtil gesagt, dass ich ein Aktivist bin. Und
       das ist auf jeden Fall eine Frage, wo wir mit unserem Team noch nicht am
       Ende unserer Gedanken sind. Das ist eine Frage, der wir uns erst stellen
       müssen, seitdem der Film fertig ist. Wir haben diesen Film gemacht und
       immer gedacht, wir machen in erster Linie unseren Job, als moderne, junge
       Filmschaffende, die sich auch für die Konflikte dieser Welt interessieren.
       Ich möchte mich da nicht auf die gleiche Ebene stellen wie unsere
       Protagonistinnen. Als Teil dieser jungen Generation ist mir noch mal klarer
       geworden, dass uns weltweit mehr verbindet, als uns auseinandertreibt. Es
       war beeindruckend zu sehen, dass alle drei Protagonistinnen ihre Motivation
       auf wenige Worte herunterbrechen konnten und das waren immer die gleichen:
       „Wir kämpfen für eine bessere Zukunft und vor allem für eine bessere
       Zukunft unserer Kinder.“
       
       16 Sep 2021
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Nele Aulbert
       
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