# taz.de -- Freie Wähler umwerben Impfgegner: Aiwangers Ruhm ist Söders Dilemma
       
       > Hubert Aiwanger, Chef der Freien Wähler in Bayern, präsentiert sich als
       > Impfskeptiker. Reicht es mit dieser Strategie am Ende gar für den
       > Bundestag?
       
 (IMG) Bild: Hubert Aiwanger, der Impfskeptiker, bei einer Hauptalmbegehung in Oberbayern
       
       München taz | Anfangs erschien es als Marotte. Der mitunter schrullig
       wirkende Hubert Aiwanger, Chef der Freien Wähler (FW) und bayerischer
       Wirtschaftsminister, will sich nicht impfen lassen. Nun, [1][nach drei
       Wochen Schlagabtausch], hat sich Aiwanger auch außerhalb von Bayern einen
       Namen gemacht. Mit seinen vielen Interviews zum Thema Corona ist er zum
       bekanntesten Impfskeptiker unter (deutschen) Politikern geworden. Dank
       Aiwanger könnten die Freien Wähler bei der [2][Bundestagswahl im September]
       gar die Fünf-Prozent-Hürde meistern. Laut Umfragen stehen sie derzeit bei
       um die drei Prozent.
       
       Ministerpräsident Markus Söder (CSU) wirft Aiwanger deshalb vor, „sich bei
       rechten Gruppen und Querdenkern anbiedern“ zu wollen, was Aiwanger
       bestreitet. Auch der Bundesverband mittelständische Wirtschaft in Bayern
       (BVMW) kritisiert, der Minister habe es „im Widerspruch zu allen
       wissenschaftlichen Erkenntnissen“ auf die „Zielgruppe der Impfgegner und
       -skeptiker“ abgesehen. Dies schade der Wirtschaft.
       
       In Bayern koalieren CSU und FW, sie nennen ihr Bündnis „Schwarz-Orange“.
       Zwar stellt sich Aiwanger schon seit Langem quer zur bayerischen (und
       bundesdeutschen) Coronapolitik. Einfach entlassen will Söder ihn offenbar
       aber nicht. Erstens: Die Suche nach einem neuen Koalitionspartner – möglich
       wären die Grünen oder die SPD – käme zur Unzeit. In sieben Wochen ist
       Bundestagswahl. Und zweitens, damit zusammenhängend: Aiwanger zu feuern
       könnte die CSU auch Stimmen kosten.
       
       Allerdings wächst der Druck auf Söder, in Sachen Aiwanger zu handeln – auch
       aus der CSU. So stellte Landtagsfraktionschef Thomas Kreuzer in einem
       Interview bezüglich Aiwanger infrage, „ob er stellvertretender
       Ministerpräsident bleiben kann“. Nach der Landtagswahl im Herbst 2018
       erschienen die FW der CSU als deutlich zahmerer Partner im Vergleich zu den
       Grünen, mit denen es immerhin auch ein Sondierungsgespräch gegeben hatte.
       
       Aiwanger hat in den letzten Wochen unter anderem von einer angeblichen
       „Jagd auf Ungeimpfte“ gesprochen, sich gegen eine „Einheitsspritze für
       alle“ gewandt und kritisiert, dass die „Minderheit in eine Richtung
       frisiert“ werde. Das „politische Establishment“ dränge ihn „als
       Werbeträger“ zur Impfung.
       
       Kann er mit solchen Meinungen bei der Bundestagswahl punkten? Oder wendet
       sich die konservativ-ländliche Stammwählerschaft erschrocken ab? Die FW
       waren einst gegründet worden, um sich als bürgerliche Kraft gegen die
       allmächtige CSU-Dominanz mit all ihren Amigo-Affären zu stellen.
       
       Markus Söder betont unablässig, dass die FW im Bund „null“ Bedeutung
       hätten. Wer sie wähle, mache eine „zufällige“ Ampelkoalition aus Grünen,
       SPD und FDP wahrscheinlicher. Der CSU-Chef warnt auch vor einer
       „Zersplitterung im bürgerlichen Lager“, zu dem er die Freien Wähler
       rechnet. Deren Stimmen würden vor allem der Union fehlen.
       
       Bei den FW ist Aiwanger zwar die dominierende Person. Doch der Widerstand
       gegen seinen Kurs wächst. Die Fraktion hält noch weitgehend still, die
       Basis an manchen Orten nicht mehr. So rügt etwa die FW-Fraktion im
       Starnberger Kreistag: Aiwangers „abenteuerliche Argumentation“ entspreche
       „nicht der Identität der Freien Wähler“.
       
       9 Aug 2021
       
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