# taz.de -- Ausgang der Sachsen-Anhalt-Wahl: Alles nicht so schlimm? Mitnichten
       
       > Die Haseloff-CDU hält die AfD auf Abstand. Doch ihr deutlicher Sieg
       > verdeckt den fatalen Kamikazekurs der Partei gegenüber rechts außen.
       
 (IMG) Bild: Kann in Magdeburg weiterregieren – mit wem auch immer: Reiner Haseloff von der CDU
       
       Der erste Impuls ist: Erleichterung. [1][Die AfD ist weit davon entfernt,
       stärkste Fraktion zu werden]. Diese Schreckensvorstellung hat im letzten
       Moment Mitte-WählerInnen motiviert, für die CDU, oder genauer für den
       Ministerpräsidenten, zu stimmen. Offenbar hat es sich herumgesprochen, dass
       die AfD als stärkste politische Kraft ein Standortnachteil wäre. Genauso
       war es schon in Sachsen und Brandenburg.
       
       Hinzu kommt der Coronabonus, der sich schon bei der Wiederwahl von Winfried
       Kretschmann und Malu Dreyer zeigte. In der Krise wählt man halt, was man
       kennt. Und: Zwei Drittel der WählerInnen in Sachsen-Anhalt kannten die
       Namen der SpitzenkandidatInnen der anderen Parteien nicht. Wenn man, wie
       Haseloff, allein auf dem Platz ist, ist der Sieg leicht.
       
       Haseloff wird weiterregieren. Die Mauer nach rechts bleibt, auch wenn sie
       löchrig ist. Eine Botschaft aus Magdeburg lautet: Die Rechtspopulisten
       mobilisieren die Mitte. Das ist die gute Nachricht – mit einem Aber.
       
       Vor fünf Jahren spülte die Antiflüchtlingsstimmung die AfD, [2][damals eine
       Kleinpartei mit 200 Mitgliedern], ins Parlament. Heute ist sie eine gut
       organisierte Truppe und ein stabiles Bündnis von Rechtskonservativen und
       Rechtsextremen, das mehr als ein Fünftel wählt. Die AfD beherrscht die
       Logik der Provokation. Für viele im Osten ist sie eine Wurfsendung an die
       politischen Eliten: die Umkehrung erlittener, gefühlter Demütigungen in
       aggressives Ressentiment.
       
       Die Haltung der CDU zu diesem Phänomen ist bestürzend. Ihr Ostbeauftragter
       stempelte ein Teil der AfD-Klientel [3][zu quasi genetisch bedingten
       Diktaturaffinen]. Ihr zählt nicht, so die Botschaft. Gleichzeitig winkt die
       Ost-CDU mit der Nominierung von Rechtsauslegern wie Hans-Georg Maaßen
       Richtung AfD. Die AfD-Klientel gleichzeitig zu diffamieren und sie zu
       umarmen, ist ein Kamikazekurs, der die Verwirrung der Ost-CDU ausdrückt.
       Haseloffs Sieg überstrahlt diese Konfusion gnädig.
       
       ## Verfall der Ex-Arbeiterbewegungsparteien
       
       Und sonst? SPD, Grüne und Linkspartei kommen auf kein Drittel der Stimmen.
       Die politische Linke hat in Sachsen-Anhalt wenig zu melden. Der Verfall der
       Ex-Arbeiterbewegungsparteien SPD und Linke, die hier früher mal auf mehr
       als 50 Prozent kamen, geht ungebremst weiter.
       
       Armin Laschet bleibt nun das Dilemma erspart, entweder für das Aufweichen
       der Grenze nach rechts oder für eine Kooperation mit der Linkspartei
       verantwortlich gemacht zu werden. Anscheinend kann alles weitergehen wie
       bisher: In Magdeburg wird wieder ein Mitte-Bündnis regieren, angeführt von
       der CDU. Welche Rolle SPD, Grüne und FDP spielen werden, ist offen. Es gibt
       somit immerhin etwas mehr Spielraum als 2016, als nur die Zwangskoalition
       Kenia blieb.
       
       Also – alles nicht so schlimm? Es geht ja fast alles weiter wie bisher?
       Nichts wäre törichter als diese Selbstberuhigung.
       
       6 Jun 2021
       
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