# taz.de -- Streit um Tarife in Spanien: Nachts waschen, tags Strom sparen
       
       > In Spanien gelten ab Juni zeitabhängige Stromtarife. Das bedeutet für
       > einige hohe Mehrkosten. Kritik kommt auch von Verbraucherschützern.
       
 (IMG) Bild: Stromleitung in der Provinz Gerona: Ab Juni sollen in Spanien nachts die Stromgebühren sinken
       
       Madrid taz | Rund 11 Millionen Haushalte und Tausende Kleinbetriebe in
       Spanien werden ab dem 1. Juni tageszeitabhängige Strompreise zahlen müssen.
       Die Neuerung geht auf ein geändertes Tarifsystem zurück, das die
       Linkskoalition unter dem Sozialisten Pedro Sánchez verabschiedet hat.
       
       Das Prinzip: Der Tag wird in sechs Zonen eingeteilt. Außerhalb der
       Hauptverbrauchszeiten (10–14 und 18–22 Uhr) werden die Gebühren um
       mindestens 3,4 Prozent sinken, nachts sogar bis zu 95 Prozent. In den
       Hauptverbrauchzeiten wird es dagegen teurer. Wer den eigenen
       [1][Stromverbrauch] nun gezielt steuert, so [2][rechnet die spanische
       Presse vor], kann die Stromrechnung um bis zu 300 Euro im Jahr senken.
       Möglich ist das Ganze dank einer flächendeckenden Installation von
       intelligenten Stromzählern, sogenannten Smart Meter, in den vergangenen
       Jahren.
       
       Wer den eigenen Tagesablauf nicht an die neuen, billigen Zeitzonen anpassen
       will, wird bis zu 10 Prozent mehr zahlen als bisher. Auch Kleinbetriebe
       sind davon betroffen. So rechnet etwa ein Verband von Landwirten vor, dass
       ihre Stromrechnungen um bis zu 30 Prozent steigen werden. Denn in heißen,
       trockenen Sommern sind sie auf Bewässerung angewiesen. Die Folge seien
       teurere Produkte.
       
       „Die Regierung und die Nationale Marktaufsicht können nicht einfach
       versuchen, die Gewohnheiten der Menschen radikal zu ändern“, kritisiert
       Rubén Sánchez, Chef der [3][Verbaucherschutzorganisation Facua]. Die
       Verantwortung für die hohen Stromrechnungen würden auf die Verbraucher
       abgewälzt.
       
       ## Hohe Stromkosten in Spanien
       
       Mit dem neuen Tarifsystem solle eine effektivere Nutzung der Infrastruktur
       und ein bewussterer Umgang der Konsumenten mit der Energie erreicht werden,
       lautet die Begründung von Regierung und Aufsichtsbehörden für das neue
       Tarifsystem. Facua-Sprecher Sánchez hat einen anderen Vorschlag. Er
       verlangt seit Jahren, dass pro Kopf eine Grundversorgung zu günstigeren
       Preisen bereitgestellt wird, und der Mehrkonsum mit Zuschlägen verrechnet
       wird. „Im Koalitionsvertrag der regierenden Sozialisten und
       Linksalternativen steht dies“, sagt Sánchez, doch umgesetzt wird es nicht.
       
       Die Verbraucherschützer beschweren sich seit Jahrzehnten darüber, dass die
       Stromkosten in Spanien so hoch seien wie in kaum einem anderen EU-Land. Das
       liegt nicht am Preis der Kilowattstunde, sondern an dem, was alles in die
       Grundgebühr gepackt wird.
       
       Am meisten schlägt dabei das sogenannte Tarifdefizit zu Buche. Das sind zum
       Großteil Schulden des Stromversorgungssystems, die die mittlerweile
       privaten Betreiber aufnehmen und dann auf Kredite mit langen Laufzeiten
       umlegten durften. Es war einer der Finanztricks, mit denen die konservative
       Regierung unter José María Aznar einst die notwendigen Eckdaten bei der
       Staatsverschuldung und der Inflation für den Eurobeitritt erreichten.
       
       28 May 2021
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Wenn-Wohnen-ploetzlich-illegal-wird/!5746747
 (DIR) [2] https://elpais.com/noticias/precio-energia/
 (DIR) [3] https://www.facua.org/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Reiner Wandler
       
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