# taz.de -- Digitaler Impfnachweis: Einladung zur Fälschung
       
       > Vieles musste unter Pandemie-Bedingungen pragmatisch entschieden werden.
       > Doch dieser digitale Impfpass ist eine gefährliche Nachlässigkeit.
       
 (IMG) Bild: Jetzt fehlt – neben der Impfung, auf die viele noch warten – das Zertifikat
       
       Pragmatisch? Oder nachlässig? Das ist eine Frage, die sich in den
       vergangenen Wochen und Monaten immer wieder gestellt hat im Zusammenhang
       mit der Pandemiebekämpfung. Und der Grat, der zwischen beiden Ansätzen
       liegt, ist oft ziemlich schmal. Zum Beispiel bei den Schnelltestzentren.
       
       Davon brauchte es viele, und zwar zügig, wenn es durch Tests abgesicherte
       Öffnungen geben sollte. War es also pragmatisch, die Einrichtung der
       Zentren unbürokratisch zu ermöglichen? Ja. [1][Und war es nachlässig,
       dabei nicht einmal eine Plausibilitätskontrolle einzubinden, um
       zumindest die gröbsten Betrugsversuche zu erkennen? Ja,] vermutlich auch.
       Aber hinterher kritisieren ist immer leichter.
       
       Die nächste Situation, deren Lösung zwischen Pragmatismus und
       Nachlässigkeit liegen wird, ist der digitale Impfpass. Die IT-Infrastruktur
       läuft, die Apps sind da. Jetzt fehlt – neben der Impfung, auf die viele
       immer noch warten – das Zertifikat. Ist es pragmatisch, dass nicht nur
       Ärzt:innen und Impfzentren diese ausstellen sollen, sondern, damit viele
       Menschen schnell an ihren digitalen Nachweis kommen, auch Apotheken?
       
       Klar. Ist es nachlässig, weil bereits einiges an gefälschten Impfpässen
       unterwegs sein dürfte und die Apotheken nicht beim Arzt oder Impfzentrum
       anrufen werden, um zu fragen, ob die Inhaberin des gelben Papierausweises
       wirklich dort geimpft wurde? Vermutlich. Und ein einmal ins Digitale
       umgewandelter gefälschter Impfpass lässt sich gar nicht mehr als Fälschung
       erkennen.
       
       Pragmatisch war es auch, den gelben Impfpass sein zu lassen, als sich
       längst abzeichnete, dass er künftig eher Eintrittskarte als Schubladenhüter
       sein wird. Und dass Ideen, die eine Fälschung erschwert hätten – wie
       Aufkleber mit Hologrammen – politisch so gar nicht aufgenommen wurden.
       Klar, Fälscher:innen wird es immer geben. Aber man kann es ihnen
       einfacher machen (Impfpass) oder schwieriger (Euro-Noten).
       
       Vielleicht lässt sich der Frage, ob in einer Situation Pragmatismus
       wünschenswert ist oder zu leicht in problematische Nachlässigkeit kippen
       wird, an Hand eines Gedankens nähern, nämlich: Was, wenn es schiefgeht?
       [2][Abrechnungsbetrug bei Testzentren – kostet Geld], fällt aber angesichts
       der gesamten Pandemiekosten kaum ins Gewicht.
       
       Schlampig gemachte Abstriche in Testzentren, die dazu führen, dass
       infektiöse Menschen ihre Großeltern besuchen – schon ein Problem.
       Ebenfalls: Wenn Menschen ohne Impfung ihren gefälschten Impfpass in ein
       digitales Zertifikat umtauschen und dann nicht getestet, aber infektiös
       durch die Welt reisen und das Virus so weitertragen können. Es wäre
       wichtig, die Folgen solcher Entwicklungen schon im Vorfeld ernster zu
       nehmen.
       
       10 Jun 2021
       
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