# taz.de -- Clubkultur trotz Pandemie: Tanzen findet draußen statt
       
       > Berlin will seine Partys zurück: Die Clubs fordern ein Ende des
       > Tanzverbots. Zumindest auf Freiflächen könnten bald auch wieder DJs
       > auflegen.
       
 (IMG) Bild: Mit Maske und Musik: Rave auf dem Tempelhofer Feld am 30. Mai
       
       BERLIN taz | Das Wetter ist super, die Coronalage positiv und man kann sich
       an jeder Ecke testen lassen: Da könnte es doch eigentlich wieder losgehen
       mit dem Tanzen. Zumindest an der frischen Luft und mit Partys, auf die man
       ja nun schließlich einen ganzen zähen Winter lang gewartet hat. Doch in den
       Clubs, die über Freiflächen verfügen, verwaisen die Open-Air-Dancefloors
       vorerst weiterhin. Die paar, die schon wieder geöffnet haben, bieten sich
       als Biergärten an. Tanzen darf man noch nicht wieder.
       
       Weil aber, wie bereits im letzten Jahr, trotz aller Corona- und
       Lockdownmaßnahmen die Lust auf ein Tanzvergnügen so groß ist, wird nun
       einfach wieder woanders gefeiert: Die neue Saison der illegalen Partys
       wurde bereits eingeläutet. Letztes Wochenende fanden in der inzwischen für
       seine illegalen Raves berühmt-berüchtigten Hasenheide gleich mehrere
       Zusammenkünfte zu Tanzmusik statt. Die Polizei griff ein und beschlagnahmte
       mehrere Musikanlagen. Interessant ist, dass in der B. Z. ein Sprecher der
       Polizei mit den Worten zitiert wurde: „Es ging hauptsächlich um
       Lärmbelästigung, aber auch um Verstöße gegen die Coronaregeln.“ Partylärm
       wird vor Corona als Begründung für den Polizeieinsatz genannt. Im letzten
       Jahr klang das bei den Maßnahmen gegen illegale Raves noch genau
       andersherum.
       
       Und es gibt auch Versuche, auf legale Weise schon jetzt wieder gemeinsam
       feiern zu können – etwa getarnt als Kundgebung. Letztes Wochenende fand auf
       dem Tempelhofer Feld das „Festival for Future“ statt, eine angemeldete
       Demonstration für „Klimagerechtigkeit“. Teilnehmende wurden aufgefordert,
       Schilder gegen den Klimawandel zu basteln. Als Belohnung legten DJs auf und
       es durfte getanzt werden. Augenzeugen berichteten: Das war richtig eine
       Party. Diesen Sonntag wird das „Festival for Future“ erneut auf dem
       Tempelhofer Feld stattfinden.
       
       ## Nicht nur illegal
       
       Aber schon sehr bald soll es mehr geben als illegale Tanzveranstaltungen
       und als Demos getarnte Partys. Lutz Leichsenring, Sprecher der Berliner
       Clubcommission, hofft, dass schon im Juni auch auf den Freiflächen der
       Clubs wieder DJs Platten drehen können. Dass der Senat hier nicht mehr
       gelockert hat, kann er nicht nachvollziehen – er kritisiert insbesondere
       die Entscheidung, dass weiterhin nur Veranstaltungen mit fest zugewiesenen
       Sitzplätzen möglich sind. „Ob auf den Außenflächen eines Clubs oder im
       Park, es bleibt Menschen verboten, im Freien zu tanzen“, sagt Leichsenring.
       Daran könne bisher weder ein negatives Testergebnis noch ein ausgefeiltes
       Hygienekonzept etwas ändern. „Das Tanzverbot ist für uns absolut nicht
       nachvollziehbar und sollte deshalb so schnell wie möglich abgeschafft
       werden.“
       
       “Im Sommer 2020 konnten wir bereits mit zahlreichen Tanzveranstaltungen
       unter freiem Himmel beweisen, dass sicheres Tanzen mit unseren
       Hygienekonzepten möglich ist“, sagt auch Pamela Schobeß von der
       Clubkommission. „Jetzt, wo die Infektionsraten wieder stark gesunken sind,
       sollte es für die Politik wieder selbstverständlich sein, der Gesellschaft
       das Recht zurückzugeben, unter freiem Himmel tanzen zu dürfen.“ Die
       Clubcommission fordert dazu auch die zeitnahe Durchführung von
       Testveranstaltungen in Innenräumen, wie sie zuletzt in Barcelona, Amsterdam
       und Liverpool durchgeführt wurden.
       
       Leichsenring verweist darauf, dass mehrere Kollektive bereits von den
       Bezirken Flächen zugeteilt bekommen haben, auf denen es bald
       Veranstaltungen geben soll. Die Clubcommission arbeitet dafür eng mit der
       Kulturverwaltung und in Abstimmung mit der Verwaltung für Umwelt, Verkehr
       und Klimaschutz sowie den Bezirken zusammen und ist Teil eines Projekts,
       das sich „Draußenstadt“ nennt. In dessen Rahmen sollen über die ganze Stadt
       verteilt Bühnen aufgestellt und Freiflächen angeboten werden, auf denen
       Kunst- und Theaterperformances gezeigt werden oder Freiluftkinos entstehen
       sollen. Und wo teilweise eben auch getanzt werden darf. Neue Räume in der
       Stadt sollen ausdrücklich entdeckt und erobert werden, bewirbt
       „Draußenstadt“ ihr Vorhaben auf ihrer Homepage.
       
       ## „Draußenstadt“ erst ab August
       
       Daniel Bartsch, Pressesprecher der Berliner Kulturverwaltung, sagt,
       „Draußenstadt“ sei in gewisser Weise das Nachfolgeprojekt zu „[1][Draußen
       spielt die Musik“], das es im letzten Sommer gab. Hier stellten die Bezirke
       Pankow, Lichtenberg und Marzahn-Hellersdorf Freiflächen zur Verfügung, die
       bespielt werden konnten.
       
       Dieses Mal soll jedoch, so Lena Prabha Nising von der Projektleitung von
       „Draußenstadt“, die Freiluftkultur über die ganze Stadt verteilt werden.
       Zehn Flächen werden über mehrere Berliner Bezirke verteilt zur Verfügung
       gestellt. Für jede Fläche werde es eine Infrastruktur geben, also etwa
       Strom vorhanden sein. Sogenannte Flächenhosts werde es als Ansprechpartner
       geben. Auf den meisten der Flächen könne es aus Lärmschutzgründen nur
       mittellaute Veranstaltungen geben, auf dreien immerhin dürfen aber auch
       Partys veranstaltet werden. Die genauen Orte, an denen all das passiert,
       werden ab Montag über die [2][Homepage von „Draußenstadt“] bekannt gegeben.
       
       Dann können sich Künstler und Künstlerinnen und DJs dafür bewerben, die
       Freiflächen und Bühnen bespielen zu dürfen. Fördersummen zwischen 10.000
       und 60.000 Euro werden für einzelne von einer Jury erwählte Projekte zur
       Verfügung gestellt, in Einzelfällen sogar bis zu 120.000 Euro. Doch das
       dauert noch: Denn so richtig erblühen soll die „Draußenstadt“ erst ab
       August.
       
       4 Jun 2021
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Kultur-an-der-frischen-Luft/!5688275
 (DIR) [2] https://www.kulturprojekte.berlin/projekte/draussenstadt/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Andreas Hartmann
       
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