# taz.de -- Ausschlussverfahren gegen Boris Palmer: Rassismus-Eklat auf Facebook
       
       > Der Tübinger OB verwendet in einem angeblich ironischen Facebookpost das
       > N-Wort. Die Grünen in Baden-Württemberg leiten das Ausschlussverfahren
       > ein.
       
 (IMG) Bild: Schwer engagiert: Boris Palmer kämpft mit Ironie gegen „Cancel Culture“
       
       Stuttgart/Tübingen dpa | Die Grünen in Baden-Württemberg wollen den
       Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer aus der Partei ausschließen. Beim
       Landesparteitag stimmten 161 Delegierte für ein Ausschlussverfahren, 44
       dagegen und 8 enthielten sich. Palmer hatte zuvor auf Facebook mit Aussagen
       über den früheren Fußball-Nationalspieler Dennis Aogo für Empörung gesorgt.
       
       Grünen-Landeschef Oliver Hildenbrand sagte in Stuttgart zum
       Ausschlussverfahren gegen Palmer: „Die Zeit ist reif dafür. Denn das Maß
       ist voll.“ Zuvor hatte er schon erklärt, die Äußerung Palmers über Aogo sei
       „rassistisch und abstoßend“. Der Tübinger OB sorge mit „inszenierten
       Tabubrüchen“ für eine Polarisierung der öffentlichen Debatte.
       
       Der Tübinger OB ließ sich vor der Abstimmung für eine Gegenrede zum
       Parteitag schalten und erklärte, es handele sich um „haltlose und absurde
       Vorwürfe“. Hier gehe es darum, abweichende Stimmen zum Verstummen zu
       bringen. „Daher kann und will ich nicht widerrufen.“ Allerdings empfahl er
       dem Parteitag, dem Antrag für ein Ausschlussverfahren zuzustimmen. Dann
       habe er endlich die Gelegenheit, sich gegen die Anwürfe zu verteidigen.
       
       Die Landespartei hatte Palmer schon im Mai 2020 den Austritt nahegelegt und
       ihm ein Ausschlussverfahren angedroht. Schon damals hatte Palmer mehrfach
       mit provokativen Äußerungen für Empörung gesorgt, unter anderem mit einem
       Satz zum Umgang mit Corona-Patienten. „Wir retten in Deutschland
       möglicherweise Menschen, die in einem halben Jahr sowieso tot wären“, sagte
       er in einem Interview.
       
       ## Facebookpost löste heftige Kritik aus
       
       Der [1][Oberbürgermeister Boris Palmer] hat auf Facebook mit Aussagen über
       den früheren Fußball-Nationalspieler Dennis Aogo für Aufsehen gesorgt – nun
       muss der Grüne mit Konsequenzen seiner Partei rechnen. Im Zuge der
       Diskussion mit Facebook-Nutzern griff Palmer am Freitag ein Aogo
       zugeschriebenes Zitat auf und kommentierte, offensichtlich ironisch: „Der
       Aogo ist ein schlimmer Rassist.“ Zur Begründung verwies er auf einen
       nicht-verifizierten Facebook-Kommentar, in dem ohne jeden Beleg behauptet
       worden war, Aogo habe für sich selbst das N-Wort benutzt. Mit dem Begriff
       N-Wort wird heute eine früher gebräuchliche rassistische Bezeichnung für
       Schwarze umschrieben.
       
       Zahlreiche Nutzer warfen Palmer daraufhin Rassismus vor.
       SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil twitterte am Freitagabend: „Ist das
       Palmer-Zitat echt? Wenn ja: Haben die Grünen sich schon geäußert dazu?“
       
       Grünen-Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock erklärte am Samstagvormittag:
       „Die Äußerung von Boris Palmer ist rassistisch und abstoßend. Sich
       nachträglich auf Ironie zu berufen, macht es nicht ungeschehen. Das Ganze
       reiht sich ein in immer neue Provokationen, die Menschen ausgrenzen und
       verletzen. Boris Palmer hat deshalb unsere politische Unterstützung
       verloren. Nach dem erneuten Vorfall beraten unsere Landes- und
       Bundesgremien über die entsprechenden Konsequenzen, inklusive
       Ausschlussverfahren.“
       
       Palmer selbst erklärte am Samstag in einem langen Facebook-Statement, er
       habe eine Debatte mit dem Stilmittel der Ironie ins Groteske überzeichnet.
       „Meine Kritik am Auftrittsverbot von Aogo und Lehmann mit Rassismus in
       Verbindung zu bringen, ist so absurd, wie Dennis Aogo zu einem „schlimmen
       Rassisten“ zu erklären, weil ihm im Internet rassistische Aussagen in den
       Mund gelegt werden.“
       
       ## Palmer im Kampf gegen „Cancel Culture“
       
       Unter der Überschrift „@Cancel Culture“ hatte Palmer bei Facebook zunächst
       bedauert, dass der frühere Nationalspieler Aogo vorerst nicht mehr als
       Experte beim Fernsehsender Sky auftreten wird. Aogo hatte am Dienstagabend
       im Rahmen einer Champions-League-Übertragung den Ausdruck „Trainieren bis
       zum Vergasen“ verwendet und sich anschließend für diesen verbalen Fehltritt
       entschuldigt.
       
       Palmer schrieb dazu und zum Rauswurf von Ex-Nationaltorwart Jens Lehmann
       bei Hertha BSC: „Lehmann weg. Aogo weg. Ist die Welt jetzt besser? Eine
       private Nachricht und eine unbedachte Formulierung, schon verschwinden zwei
       Sportler von der Bildfläche.“ Lehmann hatte in einer Kurznachricht gefragt,
       ob Dennis Aogo wohl ein „Quoten-Schwarzer“ sei.
       
       Palmer fügte hinzu: „Nun schaue ich mir das nie an und vielleicht sind
       Sportler auch nicht immer die besten Kommentatoren. Aber der Furor, mit dem
       Stürme im Netz Existenzen vernichten können, wird immer schlimmer.“ Und
       weiter: „Cancel culture macht uns zu hörigen Sprechautomaten, mit jedem
       Wort am Abgrund.“
       
       Auf dpa-Anfrage zu seiner Wortwahl teilte Palmer am Samstagvormittag mit:
       „Ich habe Aogo gegen einen unberechtigten Shitstorm in Schutz genommen.
       Daraus wird durch böswilliges Missverstehen ein Rassismusvorwurf. So wird
       ein repressives Meinungsklima geschaffen. Ich halte es geradezu für eine
       Bürgerpflicht, diesem selbstgerechten Sprachjakobinertum die Stirn zu
       bieten.“
       
       8 May 2021
       
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