# taz.de -- Zum Weltbienentag: Bienen als Coronatest
       
       > Per Geruch können Bienen wohl Menschen erkennen, die mit Coronaviren
       > infiziert sind. Wissenschaftler:innen und ein Start-up wollen das
       > nutzbar machen.
       
 (IMG) Bild: Bienen werden trainiert, um beim Menschen Corona aufspüren zu können
       
       Berlin taz | Bei wem eine Biene ihr Rüsselchen ausstreckt, der hat sich mit
       Coronaviren infiziert und muss ab in Quarantäne. Was absurd anmutet, meinen
       niederländische Forscher:innen und ein kooperierendes Start-up ernst.
       Sie haben ein Verfahren entwickelt, mit dem man den Tieren beibringen kann,
       die Viren per Geruch zu erkennen – innerhalb von Sekunden und noch bevor
       Symptome auftreten. Die Bienen werden zu lebendigen Coronaschnelltests.
       
       Bienen haben einen extrem guten Geruchssinn, der wohl noch empfindlicher
       ist als der von Hunden. Ihre Antennen beherbergen etwa 60.000
       Duftrezeptoren; zudem können sie wohl Geruchsinformationen parallel
       verarbeiten und so präzise durch eine Art olfaktorische Landkarte
       navigieren. Die Forscher:innen der Universität Wageningen machen sich
       das zunutze, indem sie Honigbienen per pawlowscher Konditionierung gezielt
       auf Coronaviren trainieren.
       
       Zunächst haben sie 150 Bienen heruntergekühlt und mit einer Art Gurt
       fixiert, um sie ruhig zu halten; dann wurden ihnen Proben vorgehalten.
       Kamen diese von infizierten Nerzen oder auch Menschen, bekamen die Tiere
       zusätzlich Zuckerwasser als Belohnung, ansonsten nicht.
       
       Das wiederholte man immer wieder, bis die Bienen den Zusammenhang gelernt
       hatten. Sie reagierten nun auch ohne Zuckerwasser mit Ausrollen des
       Rüssels, wenn sie eine infizierte Probe vor sich hatten. Sie können
       offenbar kleinste Veränderungen im Stoffwechsel Infizierter wahrnehmen,
       ähnlich wie [1][spezielle Coronaspürhunde].
       
       ## Keine Laborausstattung nötig
       
       Der Bienentest sei aber deutlich schneller, verspricht
       Veterinärmedizin-Professor Wim van der Poel. Der Experte für zoonotische
       Krankheiten leitet die Versuche. „Bienen kann man innerhalb weniger Stunden
       trainieren und bekommt dann bereits nach wenigen Sekunden ein Ergebnis“,
       sagt er. Es sei auch sicherer, weil sich Hunde zuweilen selbst das Virus
       einfingen, Bienen aber nicht.
       
       Einen PCR-Test könnten sie zwar nicht ersetzen, aber erste Ergebnisse seien
       vielversprechend. „Man kann mehrere Bienen einsetzen, das erhöht die
       Genauigkeit“, sagt van der Poel.
       
       Die Forscher:innen hoffen auf eine Trefferquote von über 95 Prozent. Das
       wäre nicht nur schneller, sondern auch deutlich besser als bei vielen der
       [2][aktuell verwendeten Schnelltests]. Eine wissenschaftliche
       Veröffentlichung dazu stehe kurz bevor, so van der Poel.
       
       Dass Ungeimpfte vor dem Friseurbesuch künftig standardmäßig ein dressiertes
       Insekt anhauchen, scheint fraglich. Da Honigbienen aber praktisch weltweit
       vorkommen, könnte der Ansatz – wenn er sich in der Praxis bewährt –,
       anderswo durchaus Sinn ergeben. „Die nötigen Materialien werden sehr
       günstig sein und eine Laboraustattung ist nicht nötig“, erklärt van der
       Poel. „Deswegen wird der Test in armen Ländern attraktiver sein.“
       
       In Zusammenarbeit mit der Universität Wageningen hat die Firma InsectSense
       nach eigenen Angaben bereits eine erschwingliche und einfach handhabbare
       Vorrichtung entwickelt. Mit ihr soll es möglich sein, Hunderte Bienen am
       Tag zu trainieren, teils automatisch. Auch bei der Diagnose anderer
       Krankheiten soll die insektoide Technik zum Einsatz kommen.
       
       Kaspar Bienefeld, Direktor des Länderinstituts für Bienenkunde im
       Brandenburger Hohen Neuendorf, findet die Idee nicht unbedingt abwegig:
       „Bienen werden schon lange eingesetzt, um Sprengstoff oder Drogen
       aufzuspüren“. Ob sie jedoch Corona-infizierte Proben wirklich spezifisch
       herausriechen, müsse sich noch zeigen. Zudem könnten die Insekten unter
       Stress schnell abgelenkt werden, was zu verfälschten Ergebnissen führen
       könne. „Das sind ja keine Roboter“, gibt Bienefeld zu Bedenken.
       
       Sabrina Engel von der Tierrechtsorganisation Peta ist noch skeptischer.
       „Bienen sind keine Teststäbchen“, sagt die Fachreferentin für Tierversuche,
       „sie sind Lebewesen, die es verdient haben, von uns geschützt, nicht
       missbraucht zu werden.“ Sollte es jedoch möglich sein, die Geruchssensoren
       der Bienen technisch nachzubauen, sei das begrüßenswert. Das ist alles
       andere als unkompliziert, aber tatsächlich arbeitet InsectSense bereits
       daran.
       
       20 May 2021
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Hunde-riechen-Covid-Infizierte/!5759038
 (DIR) [2] /Coronatests-in-Wuerzburger-Kitas/!5769446
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Andrew Müller
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Schwerpunkt Coronavirus
 (DIR) Bienen
 (DIR) Schwerpunkt Coronavirus
 (DIR) Insektensterben
 (DIR) GNS
 (DIR) wochentaz
 (DIR) Bienen
 (DIR) Sommer vorm Balkon
 (DIR) Tierversuche
 (DIR) Bienen
 (DIR) Insektizide
 (DIR) Bienen
 (DIR) Honig
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Historiker über Spionagetiere: „Besser als jede moderne Technik“
       
       Hvaldimir ist tot. Als er 2019 in Norwegen auftauchte, hieß es, er sei von
       den Russen geschickt. Florian Schimikowski erklärt, ob und wie Tiere
       spionieren können.
       
 (DIR) Ausstellung über Imkerei in Slowenien: Gemeinschaft mit der Biene
       
       Honig, Tradition und Weltkulturerbe: Das Museum Europäischer Kulturen zeigt
       „Buzzing Slovenia. Von Bienen und Menschen“.
       
 (DIR) Ökologisches Imkern: Luxusbienen in Berlin
       
       Der Verein Stadtbienen bringt BerlinerInnen das Imkern bei und will mehr
       Bienen auswildern. Der NABU fordert stattdessen Schutz der Wildbienen.
       
 (DIR) Tierversuche trotz Verbot: Kaninchen leiden für Kosmetika
       
       In der EU dürfen für die Schönheit keine Tierversuche mehr durchgeführt
       werden. Über Experimente wurden mehr als 60 Substanzen dennoch so
       zugelassen.
       
 (DIR) Bienen in Berlin: Luftkampf um den Nektar
       
       Von Berlins Wildbienen, denen Millionen Honigbienen in der Stadt den Platz
       streitig machen, und noch vielen anderen Bienensorgen.
       
 (DIR) Insektizid-Einsatz per Notfallzulassung: 34.000 Hektar Todeszone für Bienen
       
       Die Aussaat von Zuckerrüben in Niedersachsen beginnt. Dank Notfallzulassung
       darf die Nordzucker AG dabei längst verbotene Insektizide nutzen.
       
 (DIR) Bienen in Indien unter Stress: Feinstaub macht Honigbienen krank
       
       Luftverschmutzung in Indiens Städten schadet nicht nur Menschen, sondern
       auch Insekten. Das haben BiologInnen herausgefunden.
       
 (DIR) Imkern als Hobby: To bee or not to bee
       
       Wer der Biodiversität einen Gefallen tun will, kann die Imkerei getrost
       vergessen. Über ein In-Hobby mit Katastrophenpotenzial.