# taz.de -- Machtkampf zwischen Laschet und Söder: Die Unterwerfung der CDU
       
       > Wenn sich Söder durchsetzt, könnte das der Anfang vom Ende der Union
       > sein. Als „Kanzlerwahlverein“, aber auch als Volkspartei mit Prinzipien.
       
 (IMG) Bild: Mit allen populistischen Mitteln gewaschen: CSU-Politiker Markus Söder
       
       Es sieht so aus, als müsste Markus Söder nur hart bleiben, dann schlägt
       sich die CDU Stück für Stück auf seine Seite. Am Sonntagabend hat eine
       Mehrheit in der Jungen Union für den CSU-Chef als Kanzlerkandidaten
       votiert, auch in einer Schalte der Kreisvorsitzenden in Niedersachsen soll
       es eine Mehrheit für den Franken gegeben haben. Zwei
       CDU-Ministerpräsidenten, wenn auch nicht besonders mächtige, sind bereits
       von ihrem eigenen Parteichef abgerückt. Eine Kampfabstimmung in der
       Bundestagsfraktion, die seine Unterstützer vorbereiten, könnte dann am
       Dienstag zum finalen Schlag werden.
       
       Ob dies nach einem gewieften Plan der CSU abläuft, weiß man nicht. Klar
       aber ist: Der Masterplan eines Populisten-Ratgebers hätte so ähnlich
       ausgesehen. Der Kern: Die zuständigen und eigentlich mächtigen CDU-Gremien,
       die man nicht auf der eigenen Seite hat, delegitimieren. Denn genau das hat
       Söder getan mit seiner Äußerung, es handele sich bei den demokratisch
       gewählten Gremien um Hinterzimmer, also unzulässige Kungelrunden. Und dann
       auf den Willen von Parteibasis und Bevölkerung (andere würden sagen: Volk)
       verweisen. Und zusehen, wie die Front von Armin Laschet bröckelt.
       
       Natürlich ist legitim, dass [1][Söder gegen Laschet] antritt. Auch ist es
       zulässig, dass sich CDU-Abgeordnete, Kreisvorsitzende und
       Nachwuchspolitker:innen gegen ihren Parteichef stellen, wenn sie
       glauben, Söder sei der bessere Kandidat. Dass dabei alle nun aber allein
       auf die Umfragen blicken, Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff
       sogar sagt, es gehe nur um Beliebtheitswerte, Vertrauen und
       Charaktereigenschaften spielten keine Rolle, ist besorgniserregend. Hat
       nicht gerade Trump in den USA gezeigt, wie wichtig es ist, ob ein
       Politiker, der in ein hohes Staatsamt drängt, die nötigen
       Charaktereigenschaften hat?
       
       Natürlich ist Söder nicht Trump. Aber in seinem Vorgehen, wie auch in
       seiner grundsätzlichen Art, Politik zu machen, findet sich ein Muster, das
       zu einem gefährlichen Ende führen kann: das eines Populisten. Denn die
       Erfahrung lehrt ja: Wenn sich die gesellschaftliche Stimmung ändert, passt
       Söder seine Meinung an. Wenn ihm Ressentiments nützen, schürt Söder sie. Er
       spaltet und verunglimpft, wenn es ihm machtpolitisch hilfreich erscheint.
       Im Zweifelsfall geht es ihm immer um eines: um ihn. Das letzte aber, was
       dieses Land jetzt braucht, ist ein Kanzlerkandidat, der es weiter spaltet.
       
       ## Tiefe Sinnkrise
       
       Während die CSU klar Kurs hält, stolpert die große Schwesterpartei von
       einem Tag zum anderen. Dass sich Laschet nach seiner Wahl zum
       CDU-Vorsitzenden nicht mit Söder und der CSU auf ein klares Prozedere für
       die Suche nach dem gemeinsamen Vorsitzenden geeinigt hat, war ein
       Versäumnis, das sich nun bitter rächt. Dass man anscheinend wirklich
       glaubte, Söder würde das Votum der CDU-Führungsgremien akzeptieren und sich
       wieder zurückziehen, war das nächste.
       
       Dabei geht es für die CDU um weit mehr als darum, ob der nächste
       Kanzlerkandidat aus ihren eigenen Reihen kommt. Söder ist gerade dabei,
       sich die CDU zu unterwerfen. Sollte er sich durchsetzen, werden ja nicht
       nur der CDU-Chef quasi einen Kopf kürzer gemacht und die Parteigremien
       desavouiert. Die CDU, die in einer tiefen Sinnkrise steckt, wird dessen
       beraubt, was sie immer noch als ihre Kernaufgabe versteht: die Kanzlerin zu
       stellen oder eben den Kanzler. Die Bestimmung, „Kanzlerwahlverein“ zu sein,
       wie es in der Vergangenheit oft abfällig hieß, die wäre sie los.
       
       Das Debakel um die [2][Kanzlerkandidatur] könnte so das Ende der CDU als
       Volkspartei im klassischen Sinne besiegeln. Genau das dürfte der Grund
       sein, warum sich Altvordere wie Wolfgang Schäuble und Volker Bouffier so
       vehement gegen Söder wehren.
       
       Man kann diese Entwicklung mit Blick auf andere europäische Länder als den
       Gang der Dinge ansehen und sich darüber freuen, dass verkrustete
       Parteistrukturen endlich abgeräumt werden. Doch man muss nur ins
       Nachbarland Österreich schauen, um zu sehen, dass dies eine gefährliche
       Entwicklung nehmen kann: Dort hat Sebastian Kurz, den die CSU sehr schätzt,
       seine Partei ganz auf sich ausgerichtet. Er regiert mal mit den Grünen,
       aber wenn es passt eben auch mit der radikal rechten FPÖ und taumelt von
       Skandal zu Skandal. Um dies als mögliche Entwicklung für die CDU bedenklich
       zu finden, muss man keine Anhängerin der Partei sein. Sondern nur eine
       konservative Partei mit Prinzipien als Brandmauer gegen rechts als wichtig
       für die Demokratie erachten.
       
       19 Apr 2021
       
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