# taz.de -- Sportverbote für Kinder wegen Corona: Bewegung für alle!
       
       > Wenn es in der Coronapolitik darum geht, Gesundheit zu bewahren, ist die
       > Einschränkung von Kindersport kontraproduktiv. Sie gehört beendet.
       
 (IMG) Bild: Gerade noch legal: fünf rennende Kinder
       
       Hilfreich ist, sich daran zu erinnern, was schon vorher schlecht war. Dann
       lässt sich nämlich erkennen, was in der Pandemiebekämpfung falsch läuft,
       was geradezu mit Ansage falsch läuft, weil es ein bereits existierendes
       Defizit gravierend verstärkt. Mit der nahezu vollständigen Immobilisierung
       von Kindern und Jugendlichen durch die weitgehende Beseitigung der
       schulischen und die Blockade der freigemeinnützigen Bewegungsangebote hat
       man einen guten Kandidaten für die Spitzenreiterposition in diesem
       Negativ-Ranking.
       
       Denn dass in Deutschland 80 Prozent der Kinder und Jugendlichen sich
       weniger als die von der Weltgesundheitsorganisation empfohlenen 45 Minuten
       am Tag bewegen, ist ja der Befund von Erhebungen, die schon vor Corona
       durchgeführt worden sind: Der Konsens der Fachwelt war, dass
       niedrigschwellige Anreize zu schaffen seien, die Kinder in Bewegung
       bringen, dass es mehr und, [1][weil sich viele die Vereinsmitgliedschaft
       nicht leisten können], kostenlose oder wenigstens günstigere Angebote geben
       müsse – gerade angesichts des Vormarschs von Digitalisierung und
       Bildschirmfreizeit.
       
       Sport, vor allem Breitensport ohne Leistungsdruck, kann soziale Integration
       fördern. Jugendliche lernen dort, unaussprechliche psychische Belastungen
       auszuagieren. Klar, das Risiko, sich beim Laufen, Schwimmen, Raufen zu
       verletzen, gibt’s. Aber es nimmt ja ab in dem Maße, in dem die motorische
       Kompetenz wächst. Also gilt wirklich immer: Bewegung ist gesund.
       
       Gesundheit zu bewahren, war die Maßgabe, unter der die Coronapolitik
       angetreten ist. Der Schutz der Bevölkerung ist das Anliegen ihrer Gesetze
       und Verordnungen. Dass sie eine extreme Belastung für die Einzelnen und die
       Gesellschaft darstellen, ist klar. Was man zuerst gemacht hat, war:
       Spielplätze zu versiegeln.
       
       ## Trainingsgruppen rabiat minimiert
       
       Gut, das wenigstens war dann auch schnell wieder vorbei. Aber sonst gilt
       weiter: Glücklich, wer zu Hause eine Ballettstange im eigenen Zimmer, einen
       Toberaum oder einen Boxsack im Keller hat. Sport- und Schwimmhallen
       jedenfalls bleiben in aller Regel weiter dicht. Und draußen, wo das
       Ansteckungsrisiko nahe null liegen dürfte, werden die Trainingsgruppen
       rabiat minimiert, in denen Sport betrieben werden darf. Und Sportunterricht
       per Zoom …? Oh, no!
       
       Beim sozial in vieler Hinsicht schädlichen Spitzensport hat man lange
       getüftelt, um die milliardenschwere Show weitergehen zu lassen. Aber den
       Kindern und Jugendlichen hat man dieses Mittel, mit der Krise klarzukommen,
       aus der Hand geschlagen, statt zu überlegen, wie es bewahrt und ausgebaut
       werden kann. Ohne sich über einen möglichen Ausbau digitaler Sportangebote
       systematisch Gedanken zu machen, hat man sie an die Bildschirme getackert.
       Und zwar nicht, weil es nötig oder gar sinnvoll wäre – es ist ja ein
       erkennbar kontraproduktiver Ansatz. Sondern weil man es konnte.
       
       Das ist schäbig und gehört beendet. Nicht, indem alle Beschränkungen
       aufgegeben werden. Die politische Aufgabe heißt vielmehr, Kindern und
       Jugendlichen Bewegung pandemiekonform zu ermöglichen.
       
       Den ganzen Schwerpunkt der taz nord zu Kindern und Sport in der
       Coronapandemie lesen Sie [2][hier].
       
       7 May 2021
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://link.springer.com/article/10.1007/s11553-020-00802-z
 (DIR) [2] /e-kiosk/!114771/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Benno Schirrmeister
       
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