# taz.de -- Filme im Stream: Der andere Blick
       
       > Unser Autor empfiehlt Kenneth Branaghs düstere Version von „Henry V.“ und
       > Olivier Meyrous' „Celebration“ über das Verschwinden eines
       > Star-Schneiders.
       
 (IMG) Bild: Pierre Bergé hinter Yves Saint Laurent in der Dokumentation „Celebration“ (2007/2018)
       
       Während Laurence Olivier für seine Verfilmung von Shakespeares Königsdrama
       „Henry V.“ (1943) den klaren Auftrag hatte, in der Geschichte vom
       englischen König, der 1415 in der Schlacht bei Azincourt die überheblichen
       und zahlenmäßig weit überlegenen Franzosen besiegte, eine Parallele zum
       Kampf gegen Nazi-Deutschland deutlich werden zu lassen, beschritt Regisseur
       und Hauptdarsteller Kenneth Branagh mit seinem „[1][Henry V].“ (1989) einen
       anderen Weg.
       
       Düster und karg präsentiert sich hier das Mittelalter, und König Henry
       erscheint mit seinen zweifelhaften Ansprüchen auf den französischen Thron
       als eine durchaus zwiespältige Figur. Von eigensüchtigen Beratern zum Krieg
       gedrängt, findender jugendliche Überschwang und die Unbekümmertheit des
       Königs anfangs Entsprechung in einer außerordentlich dynamischen
       Kameraarbeit.
       
       Doch mit der Zeit stellen die Bilder von Zerstörung, Elend und Tod die
       Frage, wofür hier eigentlich gelitten und gestorben wird. Und so gerät der
       Kampf bei Azincourt letztlich zu einer blutigen Schlammschlacht, an deren
       Ende Henry noch nicht einmal weiß, wer eigentlich gewonnen hat. Kein
       Triumph, eher ein Wunder für die Überlebenden (Stream bei Pantaflix:
       [2][www.pantaflix.com]).
       
       ## Nervenkrisen und Drogensucht
       
       1998 filmte Regisseur Olivier Meyrous für „[3][Celebration]“ (2007/2018)
       den französischen Modeschöpfer Yves Saint Laurent bei den Vorbereitungen
       für die Präsentation seiner letzten Kollektion. Doch die Dokumentation über
       die beiden letzten Arbeitsjahre des Star-Schneiders wird zusehends zu einem
       Film, in dem der Künstler eher abwesend ist: Nur noch selten erscheint der
       Modeschöpfer, den zeitlebens Nervenkrisen und Drogensucht plagten, vor
       seinen ehrfürchtigen Angestellten und wirkt dabei stets, als käme er direkt
       von einem anderen Planeten.
       
       So wird Pierre Bergé, der langjährige Lebens- und Geschäftspartner des 2008
       verstorbenen Saint Laurent, zum eigentlichen Star des Films: Er sorgt im
       Hause Saint Laurent für die praktischen Dinge des Lebens und trägt dafür
       Rechnung, dass sein Freund weiter in seiner eigenen Welt leben kann.
       
       Vielleicht war es dieser nicht restlos schmeichelhafte Blick hinter die
       Kulissen, der Bergé dazu brachte, den bereits 2007 produzierten Film
       zwischenzeitlich gerichtlich verbieten lassen – vielleicht war aber auch
       einfach neben dem großen Inszenator der Saint-Laurent-Legende kein Platz
       mehr für einen weiteren Regisseur (Stream bei [4][Salzgeber Club]).
       
       Als Jean-Luc Godard 1963 seinen Film „Le mépris“ („Die Verachtung“) mit
       Star-Besetzung auf Capri drehte, ließ auch ein anderer
       Nouvelle-Vague-Regisseur die Kamera mitlaufen: Jacques Rozier nutzte die
       Gelegenheit, um mit „[5][Paparazzi]“ nicht nur einen Film über die
       Dreharbeiten zu schaffen, sondern zugleich eine Reflexion über „die meist
       fotografierte Frau der Welt“, Brigitte Bardot. Zu sehen ist der 22-minütige
       Film, der 2017 restauriert wurde, auf der Webseite der Cinématheque
       Française (Stream bei Cinématheque Française: [6][www.cinematheque.fr]).
       
       11 Mar 2021
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.pantaflix.com/de/m/743321
 (DIR) [2] https://www.pantaflix.com/de/m/743321
 (DIR) [3] https://vimeo.com/ondemand/celebration2
 (DIR) [4] https://vimeo.com/ondemand/celebration2
 (DIR) [5] http://www.cinematheque.fr/henri/film/63574-paparazzi-jacques-rozier-1963/
 (DIR) [6] http://www.cinematheque.fr/henri/film/63574-paparazzi-jacques-rozier-1963/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Lars Penning
       
       ## TAGS
       
 (DIR) taz Plan
 (DIR) Kolumne Frisch gesichtet
 (DIR) Filmkritik
 (DIR) taz Plan
 (DIR) taz Plan
 (DIR) taz Plan
 (DIR) taz Plan
 (DIR) taz Plan
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Filmhighlights aus dem Archiv: Zum Freiheitskämpfer in 7 Minuten
       
       Der Marshall-Plan im Kino, ein politischer Kurzfilm von Harun Farocki,
       Jutta Hoffmann zum Achtzigsten: Das zeigen die Kinomuseen in Berlin und
       Potsdam.
       
 (DIR) Filme im Stream: Kein netter Tierfilm
       
       Unser Autor empfiehlt neben zwei Gesellschaftskomödien auch das
       experimentelle interaktive Tierfilm-Experiment „Bear 71“ – eine orwellsche
       Dystopie.
       
 (DIR) Filme im Stream: Das Original ist besser
       
       Unser Autor empfielt die Vorlage des Remakes „Vanilla Sky“ und Lustiges
       gegen Langeweile: Adam McKays Komödie „Ricky Bobby – König der Rennfahrer“.
       
 (DIR) Filme im Stream: Sachen schaffen noch kein Zuhause
       
       In Nanni Morettis und Petri Luukkainens Filmen wird das Private politisch.
       Das National Film Center in Tokyo zeigt Animes aus den 30er-Jahren.
       
 (DIR) Filmtipps der Woche: Bildkomplexe Dokus
       
       Die University of Arizona stellt mit dem AIFG ein neues Filmarchiv zu
       Native American Life online. Eine Doku zu Max Beckmann folgt dem Maler ins
       Exil.