# taz.de -- Prozess gegen Gelbwesten in Frankreich: Stunde der Abrechnung
> Beim Gelbwesten-Prozess in Frankreich können die Angeklagten nicht mit
> Nachsicht rechnen. Denn dem Staat geht es darum, ein Exempel zu
> statuieren.
(IMG) Bild: Damals auf der Straße, nun vor Gericht: Gelbwesten vor dem Pariser Triumphbogen am 1. Dezember 2018
Es war kein glorreicher Tag für die Staatsmacht, als am 1. Dezember 2018
die Gilets jaunes (Gelbwesten) bei ihrer Demonstration am Ende zuerst die
Avenue der Champs-Élysées und dann den Étoileplatz mit dem monumentalen
Triumphbogen besetzten. Blamabel war vor allem für die massiv aufgebotenen
Ordnungstruppen, dass [1][eine Handvoll besonders aufgebrachter und zur
Konfrontation entschlossener Demonstranten] in das Innere von Napoleons
Siegesmal vordringen konnten, um sich anschließend triumphierend auf dem
Dach zu postieren.
Nun schlägt die Stunde der Abrechnung. Irgendwer muss doch für die Schmach
der Staatsmacht bezahlen, die vor den laufenden Kameras desavouiert wurde.
Der damalige Innenminister, Christophe Castaner, musste wenig später sogar
zurücktreten, weil er trotz des harten polizeilichen Durchgreifens gegen
die Demonstrierenden die Lage nicht unter Kontrolle brachte.
Niemand soll sich ungestraft am Triumphbogen vergreifen. Ein paar
Plünderungen und Sachbeschädigungen liefern den Vorwand für einen Prozess.
Der Schaden ist geringfügig, doch hier soll ein Exempel statuiert werden.
Die zehn Angeklagten sollen Postkarten oder andere Souvenirs aus dem
geplünderten Laden im Triumphbogen entwendet haben, sie wurden auf Videos
erkannt oder haben ihre Fingerabdrücke hinterlassen. Die Staatsanwaltschaft
musste selbst einräumen, dass „die Anstifter sowie die Haupttäter“ des
Vandalenakts nicht identifiziert werden konnten. Mit Nachsicht können die
zehn Angeklagten trotzdem nicht rechnen. [2][Seit Beginn der
Protestbewegung der „Gelben“ reagiert die Polizei brutal] und die Justiz
streng.
Selbst wenn sich die Verhandlungen als Prozess gegen „kleine Fische“
entpuppen sollten, wie es sich die Verteidigung wünscht, haben sie für den
in seiner Autorität verletzten Staat nicht nur eine abschreckende
Bedeutung. Mit der gerichtlichen Aufarbeitung soll die heterogene,
unkontrollierbare und immer noch brandgefährliche Bewegung der Gilets
jaunes ein für alle Mal in die Vergangenheit verbannt werden.
22 Mar 2021
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(DIR) Rudolf Balmer
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