# taz.de -- kinotipp der woche: CIA-Zwerge und Wassergeister
       
       > Der neu gegründete Indiekino-Club startet mit einem Double-Feature zu
       > Ehren der kürzlich verstorbenen Sängerin Françoise Cactus.
       
 (IMG) Bild: “Underwater Love“ entzieht sich erfolgreich sämtlichen Kategorien
       
       Was klingt noch vielversprechender als ein Monster-Film mit der Musik von
       Stereo Total? Natürlich ein Monster-Sexploitation-Filmmusical, in dem
       Stereo-Total-Sängerin Francoise Cactus auf japanisch trällert und das
       wahrscheinlich auch wieder mit Akzent. “Underwater Love“ heißt der Film
       über ein tanzendes Sumpfwesen auf der Suche nach Liebe, der Teil eines
       Double-Features zu Ehren der eben erst gestorbenen Cactus ist, mit dem der
       neugegründete [1][Streamingdienst] [2][Indiekino-Club] würdig startet.
       
       Das Berliner Filmmagazin Indiekino hat mehrere kleine, unabhängige Kinos
       wie Brotfabrik, Il Kino, Wolf, FSK und noch ein paar weitere dafür gewinnen
       können, ab sofort gemeinsam bei der Video-on-demand-Plattform Cinemalovers
       Indie- und Arthousefilme anzubieten. Nach dem Motto: Es muss nicht immer
       nur Netflix sein. Und mit dem Ziel, lokale Kiezkinos in schweren Zeiten
       noch besser untereinander zu vernetzen.
       
       Los geht es mit einem Schwung richtig guter Filme, etwa mit “Gott
       existiert, ihr Name ist Petrunya“ von Teona Strugar Mitevska oder Deniz
       Gamze Ergüvens “Mustang“, beides herausragende Arthouse-Produktionen aus
       den letzten Jahren.
       
       ## Homage an Françoise Cactus
       
       Aber der Knaller ist natürlich die Hommage an [3][Françoise Cactus],
       Berlins große Chanteuse, die den Planeten Erde viel zu früh verlassen hat.
       Der japanische Film “Underwater Love“ von Shinji Imaoka, dessen Soundtrack
       von Stereo Total geschrieben wurde, schenkt uns aber immerhin die Hoffnung:
       vielleicht ist sie ja auch als Kappa wiedergeboren worden, als Wassergeist,
       so wie Aoki im zehn Jahre alten Film.
       
       Der ist ein herrlicher Genre-Mix aus japanischem Pinku eiga, also
       Softcore-Erotik mit künstlerischem Anspruch, Monster-Film-Thematik und
       Musical. Wobei Aoki, halb amphibisches Ding aus dem Sumpf mit Schuppen und
       Schwimmhäuten und halb Mensch, alles andere als bedrohlich wirkt und ein
       ziemlich niedliches Monster ist.
       
       Der verantwortliche Maskenbildner hat erst gar nicht versucht, so zu tun,
       als könnte das Maul von Aoki etwas anderes sein als ein umgeschnalltes
       Stück Plastik. Dazu trägt das Wesen eine groteske Faschingsperücke und eine
       Art Schildkrötenpanzer auf dem Rücken. Damit erschreckt es niemanden und
       kommt bei seinem Landgang vielmehr bestens bei den Frauen an.
       
       Und obwohl es sich bei “[4][Underwater Love]“ auch um ein Musical handelt,
       kann es nicht einmal wirklich tanzen, was aber auch wieder ganz zum Charme
       des Films passt, der darum bemüht ist, sich selbst nicht zu ernst zu
       nehmen. Er entzieht sich vielmehr erfolgreich sämtlichen Kategorien.
       
       Nicht einmal ein echter B-Movie ist er, wofür allein schon die bestechenden
       Landschaftsaufnahmen sorgen, die von niemand Geringerem eingefangen wurden
       als von Kameramann Christopher Doyle, der mit seiner Arbeit vor allem für
       die Filme von Wong Kar-Wai Weltruhm erlangte.
       
       ## Edeltrash auf Leinwand
       
       Dass Francoise Cactus poetischen Edeltrash auch auf der Leinwand goutierte,
       das leuchtet ein. Die Mischung aus Witz, Groteskem und märchenhaftem
       Liebeskitsch, die “Underwater Love“ aufzufahren weiß, passt bestens zu
       ihrem künstlerischen Schaffen. So wirkt auch der Stereo-Total-Sound wie
       maßgeschneidert für den Streifen.
       
       Aber ganz offensichtlich konnte für Cactus der Trashfaktor eines Films gar
       nicht hoch genug sein. Weswegen sie wohl auch gemeinsam mit ihrem
       musikalischen Partner Brezel Göring, der zudem die Liebe ihres Lebens war,
       den Job übernommen hat, den komplett durchgeknallten Film “[5][Jesus shows
       you the Way to the highway]“ zu synchronisieren.
       
       Der von dem Spanier Miguel Llansó in Äthiopien gedrehte Cyberpunk-Cocktail
       kann selbst für härteste Trashfilmfans zu viel sein. Bei der Story, in der
       sich ein CIA-Zwerg mit Rückenproblemen beim Kampf gegen einen Virus mit dem
       Namen Stalin im Cyberspace verliert, steigt man unweigerlich irgendwann
       aus. Wann genau sich die Figuren in der Realität befinden, wann im
       Virtuellen: man weiß es ab einem bestimmten Zeitpunkt einfach nicht mehr.
       
       Und was bitte hat dieser Typ mit dem Batman-Kostüm hier zu suchen? Ist der
       Film, der beim Indiekino-Club nun seine Premiere feiert, nun genial,
       Schrott oder gar beides zusammen? Entscheiden sie selbst.
       
       Irgendwann lohnt es sich auf jeden Fall, von der Omu- in die Synchroversion
       zu wechseln, in der Francoise und Brezel die Stimmen sämtlicher Figuren
       eingesprochen haben. Um zu hören, wie Francoise als Freundin des von Brezel
       synchronisierten CIA-Agenten zu diesem in ihrem unnachahmlichen
       Francoise-Deutsch sagt: “Ich liebe Dich, kleine Mücke.“
       
       20 Mar 2021
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://indiekino-club.cinemalovers.de/de/home
 (DIR) [2] https://www.indiekino.de/news/de/neu_indiekino_club
 (DIR) [3] /Verstorbene-Saengerin-Francoise-Cactus/!5750485
 (DIR) [4] https://indiekino-club.cinemalovers.de/de/movies/5a2db96f-0fe3-451d-95ff-7fb3fc134f01
 (DIR) [5] https://indiekino-club.cinemalovers.de/de/movies/7ff92225-28ec-4487-a5b0-040340d27a5a
       
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 (DIR) Andreas Hartmann
       
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 (DIR) Zur Erinnerung an Françoise Cactus: Destroy la Mort!
       
       Sie starb viel zu früh. Stimmen von Freund*innen,  Kolleg*innen,
       Weggefährt*innen und taz-Kolleg*innen zum Tod von Françoise Cactus.