# taz.de -- Kollegen kämpfen für Krankenpflegerin: Farah Hareb will endlich Sicherheit
       
       > Mehr als 35.000 Menschen haben eine Onlinepetition für Farah Hareb
       > unterschrieben. Die Hamelner Ausländerbehörde drohte nach 34 Jahren mit
       > Ausweisung.
       
 (IMG) Bild: Versorgt Coronapatient*innen in der MHH: Farah Hareb
       
       Hannover taz | Sie habe ihren Beruf gewählt, erzählt Farah Hareb am
       Telefon, weil sie der Gesellschaft etwas zurückgeben wolle. Hareb ist
       Fachkraft für Intensiv- und Anästhesiepflege an der Medizinischen
       Hochschule Hannover (MHH). Sie versorgt dort Coronapatient*innen. Für ihren
       Einsatz bekommt Hareb, die seit 34 Jahren in Deutschland lebt, allerdings
       wenig zurück. Sicherheit jedenfalls keine.
       
       Die Ausländerbehörde der Stadt Hameln hat ihr im vergangenen Jahr mit der
       Ausweisung gedroht. Doch Harebs Kolleg*innen kämpfen dafür, dass die
       36-Jährige bleiben kann. Sie haben eine Petition gestartet[1][, die bereits
       35.000 Menschen unterzeichnet] haben – und es sieht so aus, als könnten sie
       Erfolg haben.
       
       Hareb war 1986 als Zweijährige mit ihren Eltern aus dem Libanon geflohen.
       Von dort stammt auch der einzige Nachweis ihrer Identität: eine
       kriminalpolizeilich auf Echtheit geprüfte Geburtsurkunde. Eigentlich sollte
       das nur ein kleiner Spaziergang in Europa sein, habe ihre Mutter immer
       gesagt, sagt Hareb. Bis 2005 sei noch alles „in Ordnung“ gewesen.
       
       Mit einer neuen Sachbearbeiterin in der Ausländerbehörde und einem neuen
       Innenminister – Hardliner Uwe Schünemann (CDU) –, habe sich dann das Blatt
       gewendet. „Dann sprach man plötzlich von Abschiebung“, erzählt Hareb.
       
       ## Plötzlich Türkin
       
       Die ganze Familie sei aufgefordert worden, sofort Heimatpässe zu besorgen.
       Das sei aber unmöglich, denn im Libanon könne ein Pass nur vor Ort
       ausgestellt werden. Deutsche Behörden untersagten ihnen jedoch die Reise.
       Als sie versuchten, dies der Sachbearbeiterin zu erklären, habe diese
       gesagt, das sei nun nicht mehr nötig: „Ich gratuliere, Sie sind türkische
       Staatsbürgerin“, erinnert sich Hareb an die Situation.
       
       Ein von der Ausländerbehörde aufgetriebener angeblicher
       Personenregisterauszug aus der Türkei – ohne Siegel, Unterschrift oder
       Apostille, aber mit dem Namen „Demir“ – soll der Beweis dafür sein. Auf den
       Namen hätten sich Behörden gestürzt und bis heute stünde er in ihren
       Dokumenten, sie heiße aber eigentlich Hareb.
       
       Um die Lage zu klären sprach die 36-Jährige dreimal bei türkischen Behörden
       vor. Als sie dort das durch deutsche Ahnenforschung besorgte Dokument
       vorgelegt habe, sei der Ton schärfer geworden: Sie mache sich strafbar,
       wenn sie sich eine Identität aneigne, habe es geheißen. „Sie sind im
       Libanon geboren, in Deutschland aufgewachsen und wir sollen sie nun
       einbürgern?“, habe der Sachbearbeiter gefragt.
       
       „Mir wurde vorgeworfen, ich hätte das selber gemalt“, sagt sie. Ungeachtet
       all dessen stellte das Verwaltungsgericht Hannover die Echtheit des
       türkischen Dokuments fest. Sachverständige oder türkische
       Konsulatsvertreter*innen seien nicht anwesend gewesen.
       
       ## Ausländerbehörde ruderte zurück
       
       Harebs Lage verschlimmerte sich dann nochmals mit der Gesetzesverschärfung
       zur Mithilfe bei der Passbeschaffung im Jahr 2019. Man habe ihr mündlich in
       der Ausländerbehörde in Hameln angedroht, dass sie den Ort bald nicht mehr
       verlassen dürfe und ihr die Arbeitserlaubnis entzogen werde. Im November
       2020 folgte dann die schriftliche Bestätigung. „Ich fühlte mich wie eine
       Verbrecherin.“
       
       [2][Nach einem öffentlichen Aufschrei ruderte die Ausländerbehörde im
       Dezember zurück.] Die alte Duldung wurde verlängert. Für Hareb bedeutet das
       allerdings, dass sie in sechs Monaten wieder um ihren Aufenthalt bangen
       muss. Aus dem Innenministerium habe man ihr zwar signalisiert, dass das nie
       wieder vorkomme, darauf könne sie sich aber nicht verlassen, sagt sie.
       „Mittlerweile kenne ich meine Behörden.“
       
       Die Hannoversche Allgemeine Zeitung berichtet allerdings, dass das
       Innenministerium bei der Passbeschaffung behilflich sein wolle – in diesem
       Einzelfall.
       
       7 Mar 2021
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.openpetition.de/petition/unterzeichner/eine-unbefristete-aufenthaltsgenehmigung-in-deutschland-fuer-farah-demir
 (DIR) [2] https://www.nds-fluerat.org/47564/aktuelles/innenministerium-stellt-aufenthaltsrecht-fuer-ferah-demir-in-aussicht/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Michael Trammer
       
       ## TAGS
       
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