# taz.de -- Amtsenthebungsverfahren gegen Trump: Von langer Hand
       
       > Der Sturm auf den US-Kongress war nicht spontan. Das
       > Impeachment-Verfahren zeigt, dass Trump wochenlang auf die Proteste an
       > dem Tag hinarbeitete.
       
 (IMG) Bild: Der Angriff auf die Abstimmung im Capitol war nicht spontan, sondern von langer Hand geplant
       
       Das [1][Impeachment-Verfahren] gegen den ehemaligen US-Präsidenten Donald
       Trump hat einen erstaunlichen Verlauf genommen. Eigentlich hätte man
       vermuten können, der Neuigkeitswert werde gegen null tendieren. Worum es
       gehen sollte, war seit Wochen bekannt, ebenso wie die Tatsache, dass die
       Demokraten eine Verurteilung wünschten und die Mehrheit der Republikaner
       das ablehnte. Und dennoch ist bei dem Prozess viel mehr herausgekommen, als
       im Vorfeld anzunehmen war.
       
       Bilder von dem gewalttätigen Mob, der am 6. Januar das Kapitol gestürmt
       hatte, waren um die Welt gegangen. Wer sich für Politik interessiert, hatte
       längst wenigstens einige Ausschnitte gesehen. Auch die Rede von Trump, in
       der er seine Anhängerschaft zum Kampf anstachelte und sie aufrief, zum
       Kongress zu marschieren, war bekannt. Umso überraschender ist es, welche
       Wucht die minutiöse Dokumentation entfaltete, die von der Anklage im Senat
       präsentiert wurde.
       
       Das liegt nicht nur und nicht einmal in erster Linie daran, dass auch
       bisher unbekanntes Material gezeigt wurde, obwohl die Videos der
       Öffentlichkeit [2][das ganze Ausmaß der Brutalität] fast schmerzhaft vor
       Augen führten. Sondern es liegt vor allem daran, dass die detaillierte
       Zusammenstellung von Zitaten des ehemaligen US-Präsidenten seit der Wahl im
       November schlüssig belegen, welch langfristiger Plan den Ausschreitungen
       zugrunde lag. Keine Spur von Spontaneität.
       
       Über Wochen hinweg hatte Trump zielstrebig auf genau das hingearbeitet, was
       sich an dem Tag in Washington ereignete, an dem das Ergebnis der
       Präsidentschaftswahl vom Kongress formal bestätigt wurde. Nur das
       gewünschte Ergebnis hat er nicht erreicht. Der Mob konnte nicht verhindern,
       dass [3][Joe Biden] zum Sieger erklärt wurde. Die Tatsache, dass die
       meisten Republikaner im Senat sich nach wie vor weigern, Donald Trump zu
       verurteilen, beweist nur eines:
       
       Parteipolitik und die Angst vor der Anhängerschaft des ehemaligen
       Präsidenten ist ihnen wichtiger als Glaubwürdigkeit. Bislang steht die
       Mehrheit der republikanischen Wählerinnen und Wähler noch in Treue fest
       zu Trump. Doch die Anklage hatte sich ja nicht nur an die Mitglieder des
       Senats gerichtet, sondern auch an die Öffentlichkeit. Und so gespalten die
       Gesellschaft der USA auch ist: Der Wunsch, die Gräben nicht zu vertiefen,
       besteht in weiten Teilen der Bevölkerung.
       
       ## Noch stehen viele von Trumps Getreuen hinter ihm
       
       Wer meint, Trump habe seinen Amtseid gebrochen, bekam durch den Prozess
       gute Argumente geliefert. Wie sich das auf das Meinungsklima in den
       Vereinigten Staaten auswirkt, werden erst die nächsten Monate zeigen. Im
       Vorfeld hatte es allerdings durchaus gute Gründe gegeben, die Eröffnung
       eines Impeachment-Verfahrens gegen den ehemaligen US-Präsidenten für falsch
       zu halten. Der Mann ist nicht mehr im Amt.
       
       Es wirkte spitzfindig, gegen ihn ein „Amtsenthebungsverfahren“ in Gang zu
       setzen, auch wenn zum eigentlichen Ziel erklärt wurde, ihn künftig und
       dauerhaft von öffentlichen Posten fernzuhalten. Außerdem stand zu
       befürchten, dass Donald Trump mit dem Prozess genau jene Bühne geboten
       werden würde, die er gerade erst verloren hatte. Mit einem Schlag war es
       nach seinem Auszug aus dem Weißen Haus ganz still um ihn geworden.
       
       Es schien die Gefahr zu bestehen, dass er nun erneut die Chance bekommen
       würde, sich in Szene zu setzen und die Spaltung der Gesellschaft
       voranzutreiben. Dazu ist es allerdings nicht gekommen. Trotzdem: Wenn kein
       Wunder geschieht, dann wird Donald Trump vom Senat nicht verurteilt werden.
       Das sagt jedoch weniger etwas über ihn aus als viel mehr über die
       [4][Republikaner].
       
       Und wer sich selbst endlich ein genaues Bild von den Ereignissen machen
       wollte, bekam durch die Live-Übertragung des Verfahrens eben dazu die
       Gelegenheit. Das ist das eigentliche große Verdienst jener, die sich für
       einen Prozess starkgemacht hatten.
       
       12 Feb 2021
       
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