# taz.de -- Abkommen von Katar und Golfnachbarn: Umarmung mit weitreichenden Folgen
       
       > Saudi-Arabien und seine Verbündeten heben die Blockade gegen Katar auf.
       > Ihre Grenzen wollen die Golfstaaten wieder öffnen.
       
 (IMG) Bild: Wieder vereint? Am Dienstag trafen sich die Golfstaaten zum Gipfel des Golf-Kooperationsrats
       
       Kairo taz | Es ist eine Geste, die für die gesamte Region Folgen haben
       könnte: Für den Emir von Katar, Tamim bin Hamad Al Thani, ist am Dienstag
       beim Gipfeltreffen des Golf-Kooperationsrats (GCC) in der saudischen Stadt
       al-Ula der rote Teppich ausgerollt worden. Am Flugfeld wartete der
       saudische Kronprinz Muhammad bin Salman, um seinen Gast aus Katar lange in
       die Arme zu schließen.
       
       Nach fast vier Jahren saudischen Embargos gegen Katar, das von den
       Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE), Bahrain und Ägypten mitgetragen
       wurde, scheint das Eis nun – pünktlich zum GCC-Treffen – gebrochen.
       Angekündigt wurde der Durchbruch schon am Vorabend durch den kuwaitischen
       Außenminister Ahmad Nasser al-Sabah, der erklärte, dass die Landgrenzen und
       der Luftraum zwischen Saudi-Arabien und Katar wieder geöffnet seien. Kuwait
       hat die Übereinkunft vermittelt. Kurz darauf verkündete der Emir von Katar,
       die Einladung zum GCC-Treffen in Saudi-Arabien anzunehmen. Dort
       unterzeichneten die sechs Mitglieder am Dienstag ein Abkommen für
       „Solidarität und Stabilität“, das den Konflikt offiziell beenden soll.
       
       Es ist eine Annäherung, die weite Kreise ziehen könnte. Ägypten hat seinen
       Außenminister zum GCC-Treffen geschickt. „Ägypten unterstützt Bemühungen,
       die die arabische Einheit bewahren und zur Versöhnung im Interesse aller
       Seiten führen“, hieß es in einer Erklärung des Außenministeriums in Kairo.
       Die VAE und Bahrain gaben sich zurückhaltender. Beide gehören zu den
       Hardlinern am Golf, die einer Aussöhnung mit Katar bis zuletzt
       entgegengestanden hatten.
       
       In dem Deal soll es um 18 Punkte gehen: Neben der Grenzöffnung und der
       Wiederaufnahme des Luftverkehrs wollen sich die Widersacher in Zukunft
       nicht mehr in staatlichen Medienkampagnen gegenseitig anfeinden und sich
       nicht in die inneren Angelegenheiten eines Staates des jeweils anderen
       Lagers einmischen. Möglich wurde die Wiederannäherung, weil es nach über
       dreieinhalb Jahren immer deutlicher wurde, dass das Embargo gegen Katar
       eine Sackgasse war und das Ziel, das kleine Emirat in die Knie zu zwingen,
       nicht erreicht wurde. Der superreiche Staat am Golf hat das Embargo einfach
       ausgesessen.
       
       ## Saudi-Arabien will wieder Führungsrolle am Golf
       
       Viele Fragen bleiben indes offen: Alle Seiten betonen, dass dies nur ein
       Anfang sei und weitere Details der Aussöhnung in einem Dialog ausgehandelt
       werden müssten. [1][Das Embargo wurde ursprünglich damit gerechtfertigt,
       dass Katar zu enge Beziehungen mit dem Iran unterhalte und eine türkische
       Militärbasis beheimate]. Auch dass Katar als einer der Unterstützer der
       Muslimbruderschaft gilt, [2][war vor allem den Emiraten und Ägypten ein
       Dorn im Auge, die die Muslimbrüder als Terrororganisation einstufen].
       Saudi-Arabien und Bahrain störten sich dagegen eher an den engen
       Beziehungen Katars zum Iran, wobei es aber offensichtlich war, dass das
       Embargo Katar noch weiter in die Arme Teherans drängen würde – ein weiterer
       Grund, warum vor allem Saudi-Arabien auf ein Ende des Boykotts drängte.
       
       Dass sich Saudi-Arabien nun vor allem gegen die VAE durchgesetzt hat,
       zeigt, dass das Königreich wieder eine Führungsrolle am Golf übernehmen
       will. In den letzten Jahren war der Kronprinz der Emirate, Muhammad bin
       Zayed, immer wieder als Mentor und Berater des saudischen Kronprinzen
       Muhammad bin Salman aufgetreten. Er gilt als der Architekt des
       Katar-Boykotts.
       
       Die Umarmung der beiden Kronprinzen könnte Folgen haben, die weit über die
       Golfstaaten hinausgehen. Das Zerwürfnis beider Länder lag vielen Konflikten
       in der Region zugrunde. Im Kern geht es um die Beziehungen der arabischen
       Golfstaaten zum Iran, der Türkei, aber auch zu Organisationen wie der
       Muslimbruderschaft. Da könnten jetzt die Karten neu gemischt werden.
       
       Beispielsweise in Libyen: Dort unterstützen Saudi-Arabien, die VAE und
       Ägypten bisher General Chalifa Haftar im Osten des Landes. Katar dagegen
       unterstützt zusammen mit der Türkei die libysche Regierung in der
       Hauptstadt Tripolis. Wenn sich nun nicht nur Saudi-Arabien an Katar
       annähert, sondern auch die Emirate und Ägypten, könnte das den Weg für
       viele andere Aussöhnungen in der Region ebnen.
       
       5 Jan 2021
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Debatte-Katar-Krise/!5416430
 (DIR) [2] /Emirat-Katar-in-der-Isolation/!5412134
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Karim El-Gawhary
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Katar
 (DIR) Saudi-Arabien
 (DIR) Golfstaaten
 (DIR) Embargo
 (DIR) Saudi-Arabien
 (DIR) Rüstungsexporte
 (DIR) Saudi-Arabien
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Menschenrechte in Saudi-Arabien: Haftstrafe für Frauenaktivistin
       
       Ein Gericht für Terrorismusdelikte verurteilt Ludschain al-Hathlul zu fast
       sechs Jahren Haft. Auch die Bundesregierung kritisiert die Verurteilung.
       
 (DIR) Rüstungsexporte bleiben verboten: Keine Waffen für Saudi-Arabien
       
       Das Verbot der Bundesregierung von Rüstungsexporten nach Saudi-Arabien
       bleibt bis Ende 2021 bestehen. Grund sei die Beteiligung am Jemen-Krieg.
       
 (DIR) Netanjahu in Saudi-Arabien: Ein Israeli im Land des Islams
       
       Auch wenn Riad dementiert: Israels Regierungschef Netanjahu hat offenbar
       Saudi-Arabien besucht. Das ist historisch, aber nicht überraschend.