# taz.de -- Justiz in der Türkei: Doch kein Spion
       
       > Ein Gericht in Ankara spricht einen Vertrauensanwalt der deutschen
       > Botschaft frei. Er hatte Vorgänge zu Asylverfahren bearbeitet.
       
 (IMG) Bild: Eingang zur deutschen Botschaft in Ankara
       
       Istanbul taz | Der Vertrauensanwalt der deutschen Botschaft in Ankara,
       Yimaz S. ist am Mittwochnachmittag vom Vorwurf der Spionage freigesprochen
       worden. Yilmaz S. sei sehr froh über den Freispruch, sagte sein Anwalt der
       deutschen Presseagentur dpa.
       
       [1][Yimaz S. war im September 2019 festgenommen worden] und saß
       anschließend ein halbes Jahr in Untersuchungshaft. Ihm wurde vorgeworfen,
       für die deutsche Botschaft und andere europäische Botschaften in der Türkei
       spioniert zu haben. Das Gericht in Ankara wies diese Vorwürfe nun zurück
       und sprach ihn frei.
       
       Für die deutsch-türkischen Beziehungen ist das eine gute Nachricht, für
       viele türkische Oppositionelle jedoch eine heikle Geschichte. Was Yilmaz S.
       tatsächlich tat, war eine delikate Aufgabe, die zwar mit Spionage nichts zu
       tun hat, aber dennoch moralisch fragwürdig ist.
       
       Yilmaz S. ist, wie einige weitere Anwälte in Ankara auch, darauf
       spezialisiert, im Auftrag verschiedener europäischer Botschaften, Angaben
       von Asylbewerbern zu überprüfen. Für Deutschland bedeutet dies, dass
       Asylbewerber aus der Türkei, die bei ihrer Anhörung beim Bundesamt für
       Asylbewerber (BAMF) eine politische Verfolgung geltend machten, von der
       Botschaft in Ankara mit Hilfe von Yimaz S. auf ihre Glaubwürdigkeit
       überprüft wurden.
       
       ## Volle Akteneinsicht
       
       Um dies umfassend überprüfen zu können, erhielt Yilmaz S. über die
       Botschaft die Akten der Asylbewerber, die er überprüfen sollte. Darin
       enthalten waren alle Angaben, die der Asylbewerber vor dem BAMF gemacht
       hatte. Solche Akten enthalten häufig auch Informationen über andere
       Oppositionelle, die teilweise nach wie vor in der Türkei leben.
       
       Bei der Festnahme von Yilmaz S. fielen den türkischen Behörden deshalb
       hunderte Akten über Asylbewerber in Europa in die Hände. Allein aus
       Deutschland sollen 900 Dokumente beschlagnahmt worden sein.
       
       Yilmaz S. ist jetzt zwar freigesprochen worden, für viele Asylbewerber ist
       der Schaden aber längst eingetreten. Über die Akten des Botschaftsanwaltes
       hat der türkische Geheimdienst nun genaue Kenntnis darüber, welche Angaben
       der Betreffende über seine politischen Aktivitäten in der Türkei gemacht
       hat.
       
       Es gibt bereits Fälle, in denen Asylbewerber anerkannt wurden, weil das
       zuständige Verwaltungsgericht davon ausgehen musste, dass deren Aussagen
       den türkischen Behörden zur Kenntnis gelangt waren. Die deutsche Botschaft
       in Ankara muss sich nun überlegen, wie sie künftig die Daten türkischer
       Asylbewerber in Deutschland besser schützt.
       
       11 Nov 2020
       
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