# taz.de -- Angst vor Coronamutation: Dänemark tötet 17 Millionen Nerze
       
       > Der gesamte Bestand wird gekeult, damit sich keine mutierte Form des
       > Coronavirus verbreitet. Experten warnen vor „weltweiter Gefahr“.
       
 (IMG) Bild: Nerzzüchter Thorbjorn Jepsen auf seiner Nerzfarm in Gjoel, Dänemark, Anfang Oktober
       
       Tälläng/Stockholm taz | Sie bekam den Namen „Cluster 5“: eine Mutation des
       Coronavirus, die entstehen kann, wenn dieser von Menschen auf Nerze
       übertragen wird, sich in den Tierbeständen ausbreitet und dann wieder
       Menschen infiziert. Gefunden wurde „Cluster 5“ in [1][Dänemark mittlerweile
       in fünf Nerzfarmen], zwölf Menschen haben sich nachweislich damit
       angesteckt. Das staatliche Serum-Institut hält die Mutation für so
       gefährlich, dass nun so schnell wie möglich alle Nerze in Dänemarks mehr
       als 1.100 Nerzfarmen getötet werden sollen: 15 bis 17 Millionen Tiere.
       
       Diese Entscheidung der dänischen Regierung begründete Ministerpräsidentin
       Mette Frederiksen am Mittwochnachmittag auf einer Pressekonferenz, mit
       „[2][möglichen äußerst negativen Konsequenzen] für den Verlauf der Pandemie
       nicht nur in Dänemark, sondern weltweit“: „Wir haben Verantwortung für den
       Rest der Welt“, sagte die Regierungschefin, die wegen eigener
       Corona-Quarantäne lediglich virtuell an dem Briefing teilnahm. Ein Szenario
       sei denkbar, „bei dem wir eine Pandemie bekommen, die in Dänemark ihren
       Ausgang nimmt“, fürchtet Kåre Mølbak, Direktor des Serum-Instituts.
       
       Zwar seien Mutationen ganz natürlich, auch Sars-CoV-2 sei bereits mehrfach
       mutiert, erläuterte Mølbak: „Aber beim Überspringen der Viren von Tieren
       auf Menschen, also wenn diese in ein anderes biologisches System gelangen,
       entstehen spezielle Mutationen.“ Bei „Cluster 5“ liege die spezielle
       Mutation genau in dem Teil von Sars-CoV-2, auf den die meisten Impfstoffe
       abzielen. Diese Befürchtung habe man seit September gehabt, so Mølbak, nun
       habe man den Labornachweis.
       
       Die Folge: Antikörpertherapien wie Impfungen könnten dann nicht mehr
       anschlagen. „Deren Schlüssel passt dann nicht mehr ins Schloss“, sagt der
       Immunologie-Professor Jan Pravsgaard Christensen. Hans Jørn Kolmos,
       Professor für klinische Mikrobiologie, warnt für diesen Fall vor
       dramatischen Konsequenzen: „Wir könnten eine Pandemie in der Dimension der
       Spanischen Grippe bekommen.“
       
       ## WHO über die Situation informiert
       
       Die Notwendigkeit, alle Nerze zu töten, um diese Entwicklung zu stoppen,
       müsse man überhaupt nicht erst diskutieren: „Wir stehen nicht vor einer
       lokalen oder nationalen, sondern vor einer internationalen
       Herausforderung.“ Die Weltgesundheitsorganisation WHO sei über die
       Situation informiert.
       
       Neben dem Tötungsbeschluss ordnete die Regierung in Kopenhagen am
       Donnerstag auch spezielle Restriktionen für die Region Nordjütland an, in
       der die infizierten Farmen liegen. Die dort lebenden rund 300.000
       BewohnerInnen werden aufgefordert, in den kommenden vier Wochen möglichst
       nicht über die Gemeindegrenzen hinauszureisen, alle Cafés, Restaurants und
       Kneipen werden geschlossen, öffentliche Veranstaltungen abgesagt, Schulen
       und Kitas sollen aber offen bleiben.
       
       Außerdem werden alle EinwohnerInnen aufgefordert, sich auf die spezielle
       Mutation testen zu lassen. Die Gesundheitsbehörde befürchtet, dass die
       Hälfte der Corona-Infizierten in dieser Region mit Nerz-Mutationen
       infiziert sein könnte, rund ein Zehntel von ihnen mit der Variante „Cluster
       5“. Und gelinge es nicht, die Mutation hier zu stoppen, könne Nordjütland
       so etwas wie ein zweites Wuhan werden, warnt Mølbak.
       
       ## Zuchttiere bleiben nicht verschont
       
       Nachdem Dänemark vor zwei Wochen in einem ersten Anlauf versucht hatte, die
       Ausbreitung des Coronavirus zwischen den Nerzfarmen zu stoppen und dafür
       die [3][Tötung von 4 Millionen Tieren] angeordnet hatte, wird die jetzige
       Radikalmaßnahme nach Einschätzung von Landwirtschaftsminister Mogens Jensen
       die Nerzwirtschaft für Jahre zum Erliegen bringen.
       
       Zuchttiere, mit denen ein Bestand neu aufgebaut werden könnte, bleiben
       nämlich nicht verschont: „Auch sie stellen ein Risiko dar“, sagte Jensen.
       Von einer „Katastrophe“ spricht Tage Pedersen, Vorsitzender der dänischen
       Nerzzüchtervereinigung: „De facto bedeutet das eine Liquidation der
       dänischen Pelztierwirtschaft.“
       
       5 Nov 2020
       
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