# taz.de -- Nach Äußerungen von Erdoğan: Macron zieht Botschafter ab
       
       > Nach einem verbalen Angriff des türkischen Präsidenten, zieht Frankreich
       > Konsequenzen. Die Spannungen verschärfen sich.
       
 (IMG) Bild: Nicht die besten Freunde: Erdoğan und Macron bei der Berliner Libyen-Konferenz am 20.01.2020
       
       Paris taz | Die verbale Eskalation zwischen dem französischen und dem
       türkischen Staatschef geht weiter. Am Samstag wurde der französische
       Botschafter in Ankara zu Beratungen mit Emmanuel Macron zurückgerufen.
       Damit solle ein „sehr starkes Signal“ an Ankara gesendet werden, verlautete
       aus Macrons Umfeld.
       
       Anlass der Auseinandersetzung sind indirekt die Mohammed-Karikaturen, die
       der [1][von islamistischen Terroristen ermordete Lehrer Samuel Paty] seinen
       Schülerinnen und Schülern gezeigt hatte. Dass sich Staatspräsident Macron
       bei einer nationalen Gedenkveranstaltung am Mittwoch, den 21. Oktober
       erneut hinter das Recht gestellt hat, in Frankreich solche Zeichnungen zu
       publizieren oder auch im Unterricht zu zeigen, veranlasste seinen
       türkischen Amtskollegen Recep Tayyip Erdoğan zur Bemerkung, Macron solle
       sich „wegen seines geistigen Gesundheitszustands untersuchen lassen“.
       
       Die französische Staatspräsidentschaft hat dies umgehend als „inakzeptabel“
       zurückgewiesen und ebenso feindselig erwidert: „Die Beschimpfung und
       Geschmacklosigkeit sind keine Methode. Wir erwarten von Erdoğan, dass er
       seinen politischen Kurs ändert, der in jeder Hinsicht gefährlich ist. Wir
       wollen nicht unnötige Polemiken fortsetzen und antworten nicht auf
       Beleidigungen.“
       
       Erdoğan reagierte mit der persönlichen Attacke nicht nur auf Macrons
       Äußerungen bei der Gedenkfeier in der vergangenen Woche, sondern auch auf
       eine zwei Wochen vorher gehaltene Rede, in der der französische Präsident
       den „Separatismus“ gewisser extremer muslimischer Strömungen verurteilt und
       eine Integration des Islam in die weltliche Republik gefordert hatte. Für
       Erdoğan ist dies eine Form der Diskriminierung und Beeinträchtigung der
       Glaubensfreiheit: „Damit werden Millionen von Mitgliedern religiöser
       Gemeinschaften auf unterschiedliche Weise behandelt.“
       
       ## Zwist bei internationalen Konflikten
       
       Erdoğan hatte die mentale Gesundheit des französischen Präsidenten bereits
       vor einem Jahr in Zweifel gezogen. Nachdem Macron der Nato – der sowohl
       Frankreich als auch die Türkei angehören – [2][den „Hirntod“ bescheinigt
       hatte], konterte Erdoğan mit der Aufforderung, der französische Staatschef
       solle „seinen eigenen Hirntod“ untersuchen lassen.
       
       Erdoğan gießt mit seinen giftigen Bemerkungen und dem persönlichen Angriff
       auf Macron Öl ins Feuer einer seit mehreren Monaten bedrohlich wachsenden
       Spannung zwischen Paris und Ankara im Mittelmeerraum. Dabei geht es um den
       [3][griechisch-türkischen Konflikt um Gasvorkommen], in dem Frankreich klar
       gegen die türkischen Ansprüche Stellung genommen hat, aber auch um die
       Krise in Libyen und die kriegerischen [4][Auseinandersetzungen zwischen
       Armenien und Aserbaidschan um Berg-Karabach].
       
       ## Islamische Welt boykottiert Frankreich
       
       Die Polemik um die Mohammed-Karikaturen liefert Erdoğan einen zusätzlichen
       Vorwand, um in diesem Streit andere muslimische Staaten zur Solidarität
       gegen Frankreich aufzurufen.
       
       Da Macron explizit erklärt hat, ein Verbot oder eine Verurteilung solcher
       von Muslimen als blasphemisch betrachteten Karikaturen komme nicht infrage,
       werden seit Samstag in mehreren Ländern der Golfregion und in der Türkei
       einem Boykottappell folgend französische Produkte aus den Auslagen von
       Geschäften und Supermärkten entfernt.
       
       Betroffen davon sind nach Angaben französischer Journalisten vor allem
       Lebensmittel wie Käse. Vor der Residenz des französischen Botschafters in
       Israel demonstrierten am Samstagabend rund 200 Menschen gegen Macron. Im
       Gazastreifen verbrannten Protestierende Fotos des französischen
       Präsidenten.
       
       In Kuwait hätten zudem Reisegesellschaften die Buchung von Flügen nach
       Frankreich eingestellt. In Frankreich werden die antifranzösischen
       Boykottappelle sehr ernst genommen, weil insbesondere die Emirate und
       Saudi-Arabien wichtige Kunden der französischen Industrie sind. (mit afp)
       
       25 Oct 2020
       
       ## LINKS
       
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