# taz.de -- Football-Legende Tom Brady: Tolles Rentnerparadies
       
       > Football-Profi Tom Brady altert nicht. Auch mit den Tampa Bay Buccaneers
       > ist er auf dem Weg zum nächsten Titel.
       
 (IMG) Bild: Präzise wie eh und je: Tom Brady beim Wurf gegen die Las Vegas Raiders
       
       Einen Wähler scheint Donald Trump schon mal sicher zu haben.
       Footballlegende Brett Favre spielte nicht nur im Sommer Golf mit dem
       Präsidenten, sondern gab vor wenigen Tagen auch noch bei einer als
       TV-Talkshow getarnten Werbeveranstaltung für Trump den interessierten
       Bürger, der besorgte Fragen stellt. Ob es denn womöglich am sozialen
       Engagement und den politischen Protesten der Sportler liegen könnte, dass
       die Einschaltquoten von NFL und NBA im Sinkflug seien, wollte der ehemalige
       Quarterback vom Präsidenten wissen.
       
       Der nutzte die Steilvorlage, um seine schon hinlänglich bekannte Attacke
       auf Profis zu starten, die bei der Nationalhymne nicht die Hand aufs Herz
       legen wollen. Allerdings: Dass sich Favre, der 1997 mit den Green Bay
       Packers den Superbowl gewann, dafür einen mittelprächtigen Shitstorm
       einfing, könnte ein Indiz dafür sein, dass sich selbst beim als konservativ
       geltenden Footballpublikum der Wind gedreht hat.
       
       Der erklärte Footballfan Trump mag unter Footballprofis nicht mehr gut
       gelitten sein, aber Ahnung von dem Sport scheint er zu haben. Im August
       prophezeite er, dass sein alter Kumpel Tom Brady mit den Tampa Bay
       Buccaneers eine Renaissance erleben würde. Im Gegensatz zu den meisten
       Experten, die dem sechsmaligen Superbowl-Gewinner nach dem Wechsel von den
       New England Patriots ins Rentnerparadies Florida nicht mehr viel zugetraut
       hatten, glaubte Trump, dass Brady „eine Menge Leute überraschen wird. Ich
       denke, er wird das großartig machen.“
       
       Und was soll man sagen: Im methusalemhaften Alter von 43 Jahren führt Tom
       Brady die effektivste Offensive der ganzen NFL an. Dieselben TV-Experten,
       die ihn vor wenigen Monaten schon abgeschrieben hatten, verkünden nun, dass
       Tampa Bay auf dem besten Weg [1][zu einem weiteren Superbowl für den
       Rekordhalter Brady] sind. Und Jon Gruden, Trainer der Las Vegas Raiders,
       die am Sonntag keine Chance gegen Bradys Bucs hatten, stellte fest: „Er hat
       es 20 Jahre lang bewiesen und beweist es weiterhin, dass er einer der
       Allerbesten ist.“
       
       ## Sagenhafte Vater-Sohn-Geschichte
       
       Tatsächlich: Bradys Pässe kommen so akkurat wie schon seit Jahren nicht
       mehr, und selbst seine langen Bälle, noch nie seine größte Stärke, finden
       erstaunlich oft einen Abnehmer. Vor allem aber scheint Brady die legendäre
       Siegermentalität und das berüchtigte Arbeitsethos der Patriots, das er zwei
       Jahrzehnte lang in Boston nicht nur studieren, sondern entscheidend prägen
       konnte, nach Tampa exportiert zu haben.
       
       Überhaupt darf man sich fragen, wer denn nun eigentlich wichtiger war für
       die erstaunliche Erfolgsserie der Patriots mit neun Superbowl-Teilnahmen in
       18 Jahren: Brady oder Bill Belichick, der Quarterback oder sein legendär
       grummeliger, aber auch genialer Trainer bei den Patriots? Denn in New
       England läuft es gerade gar nicht gut: Drei Spiele am Stück hat Belichick
       mit seiner Mannschaft verloren, das ist ihm seit 2002 nicht mehr passiert,
       da saß Brady noch als frisch vom College gekommener Ersatzquarterback auf
       der Bank. Kurz darauf begann die sagenhafte Vater-Sohn-Geschichte, die
       Brady zum erfolgreichsten Footballprofi und Belichick zum erfolgreichsten
       Footballcoach aller Zeiten machte.
       
       Viele glaubten, Brady würde in Tampa eher seine Reputation beschädigen.
       Dass er in Tampa von viel besseren Mitspielern umgeben ist, dass ihm die
       schweren Jungs der Offensive Line mehr Zeit geben, um die schnellen
       Passempfänger zu finden, das hat Brady mit seiner Erfahrung aber
       anscheinend besser einschätzen können als die vielen Experten.
       
       Doch Belichick ist nicht der einzige väterliche Freund, von dem sich Brady
       emanzipieren musste. In einem Interview mit der Radiolegende Howard Stern
       distanzierte er sich im Frühjahr von Trump [2][und dessen
       Vereinnahmungsversuchen]. Er erzählte, wie er sich weigerte, sich für den
       Wahlkampf 2016 einspannen zu lassen. Er lachte über die Behauptung Trumps,
       der habe ihn mit seiner Tochter Ivanka verkuppeln wollen. Und er erklärte
       später ausdrücklich seine Solidarität mit den Protesten seiner
       Profikollegen. Überraschend eindeutige Aussagen für den scheinbar
       teflonbeschichteten Brady, der sein werbeträchtiges Schwiegersohn-Image
       sonst so gut poliert. Aber für ihn läuft es derzeit auch sehr viel besser
       als für Trump.
       
       28 Oct 2020
       
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