# taz.de -- Pippi und die Coronaleugner:innen: Lieber langweilig als Langstrumpf
       
       > Die politisch am häufigsten bemühte Kinderbuchfigur ist zurück. Nur: Was
       > wollen Coronaleugner:innen im Pippi-Kostüm uns eigentlich sagen?
       
 (IMG) Bild: Die Schauspielerin Inger Nilsson im Film „Pippi in Taka-Tuka-Land“ von 1970
       
       Sie war wieder dabei: Pippi Langstrumpf. Ihren Auftritt hatte sie bei einer
       Coronaleugner:innen-Demo am Sonntag in Berlin. Es war natürlich nicht
       Pippi, sondern eine erwachsene Frau, die [1][als Pippi verkleidet] auf dem
       Mittelstreifen der Karl-Marx-Allee im Stadtteil Friedrichshain tanzte –
       zwischen zurückhaltenden Polizist:innen und maskenlosen Demonstrant:innen.
       
       Immer wieder taucht Astrid Lindgrens berühmte Kinderbuchfigur im
       politischen Diskurs auf und meistens geht es dabei um [2][alternative
       Realitäten]. 2013 sang Andrea Nahles im Bundestag eine Zeile aus dem
       Titellied der Pippi-Fernsehreihe, um zu sagen, dass die schwarzgelbe
       Regierung sich etwas vormache: „Ich mach mir die Welt, widdewidde wie sie
       mir gefällt.“
       
       Auch unter Fußball-Ultras ist das Lied sehr beliebt. Die grölen zwar meist
       nur die Melodie, doch ein Blick auf den Text des Liedes verrät etwas über
       das Selbstverständnis von Pippi: „Jeder, der uns mag, kriegt unser
       Einmaleins gelehrt“, heißt es darin. Mit anderen Worten: Erst wenn ihr auf
       uns zukommt, verraten wir euch, wie unsere Welt funktioniert. Bei Kindern
       ist die Faszination für diesen Zugang zum Miteinander absolut
       nachvollziehbar. Aber wenn sich Erwachsene ernsthaft damit schmücken, wird
       es unheimlich.
       
       In der Streetart ist Astrid Lindgrens Figur oft mit dem Spruch „Sei Pippi,
       nicht Annika“ zu sehen. Pippis Freundin Annika gilt, im Gegensatz zu der
       rebellischen Pippi, als bürgerlich und behütet – und ein bisschen
       langweilig. Der Spruch soll dazu ermuntern, sich den gesellschaftlichen
       Normen zu entziehen.
       
       ## Ein Hauch von kindlicher Unantastbarkeit
       
       Das Problem dabei ist: Als Pippi Langstrumpf in die Bücherregale und ins
       Fernsehen kam, mag es erfrischend unkonventionell gewesen sein, dass ein
       Mädchen dafür einsteht, Kind sein zu dürfen – und mit seiner entwaffnenden
       Art starre Gesellschaftsmuster wie etwa die damalige rabiate Pädagogik
       herausforderte und durchbrach.
       
       Die Langstrumpf-Maskerade soll vermeintlich alternativen Weltanschauungen
       einen Hauch von kindlicher Unantastbarkeit verleihen, so auch der diffusen
       Bewegung der Coronaleugner:innen. Doch wer sich heute auf einer Demo mit
       Pippi Langstrumpf schmückt, der:dem darf man unterstellen, dass es dabei
       weniger ums Brechen von gesellschaftlichen Normen geht, sondern um das
       eigene Recht auf kindlichen Egoismus.
       
       27 Oct 2020
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.tagesspiegel.de/berlin/nach-wilden-protesten-in-berlin-schluss-mit-der-toleranz-gegenueber-radikalen-corona-skeptikern/26308660.html
 (DIR) [2] /Astrid-Lindgren-und-die-Rechten/!5605205
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Leonard Maximilian Schulz
       
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       Ja, auch tolle Menschen können ab und zu diskriminierende Wörter verwenden.
       Auch der tolle Mensch, der man selber ist.