# taz.de -- Neue Regierung in Tunesien: Mechichi gewinnt Vertrauen
       
       > In Tunesien hat das Parlament eine neue Regierung eingesetzt. Es ist
       > bereits die dritte in nur einem Jahr. Premier wird der bisherige
       > Innenminister.
       
 (IMG) Bild: Erst Innenminister, jetzt Ministerpräsident von Tunesien: Hichem Mechichi
       
       Tunis dpa | Inmitten einer schweren politischen Krise hat das tunesische
       Parlament eine neue Regierung gewählt. Der bisherige Innenminister und neue
       Ministerpräsident Hichem Mechichi und sein Kabinett erhielten am
       Mittwochmorgen nach einer rund 15-stündigen Sitzung die Stimmen von 134 der
       217 Abgeordneten. 67 votierten gegen die Regierung. Sie setzt sich vor
       allem aus Beamten, privaten Führungskräften und Akademikern zusammen.
       
       Nach dem [1][Rücktritt von Ministerpräsident Elyes Fakhfakh] im Juli hatte
       Staatschef Kais Saied den parteilosen Mechichi beauftragt, eine neue
       Regierung zu bilden. Mechichi war im Februar zum Innenminister in der alten
       Regierung ernannt worden. Fakhfakh war bereits der siebte Premier seit dem
       [2][Sturz von Machthaber Zine el Abidine Ben Ali im Jahr 2011].
       
       Dies ist das dritte Kabinett in Tunesien seit der Wahl dieses Parlaments im
       vergangenen Jahr. Das tunesische Parlament hatte erst im Februar die
       Regierung unter Fakhfakh akzeptiert. Mehrere Versuche, nach der Wahl im
       vergangenen Oktober eine Regierung zu bilden, waren gescheitert. Bei der
       Parlamentswahl im Oktober 2019 waren die etablierten Parteien abgestraft
       worden. Daraus resultiert ein zersplittertes Parlament.
       
       Mechichi hatte einen Monat Zeit, seine Regierung zusammenzusetzen. Sieben
       Tage vor der Sitzung am Dienstag hatte er dem Parlament seine Regierung aus
       Technokraten vorgestellt. Dieser werde „in der Tat eine Regierung für
       Arbeit und Leistung sein“, sagte Mechichi am Dienstag in seiner Rede vor
       dem Parlament. Sie werde „nach unkonventionellen und innovativen Lösungen“
       suchen und so Ausgaben reduzieren.
       
       ## Wirtschaftliche Probleme
       
       Die beiden großen Parteien, „Kalb Tounes“ (Herz Tunesiens) und die
       islamisch-konservative Ennahda, hatten sich in der Nacht zum Dienstag
       entschieden, für die Regierung zu stimmen. Mit weniger als 109 Stimmen
       hätte Präsident Saied die Versammlung auflösen und vorgezogene Wahlen für
       Anfang 2021 einberufen können.
       
       Das nordafrikanische Land kämpft mit großen wirtschaftlichen Problemen.
       Etwa 40 Prozent der Tunesier leiden nach offiziellen Angaben unter Armut.
       Besonders die Jugendarbeitslosigkeit ist hoch. Fast jeder Dritte
       Hochschulabsolvent findet keinen passenden Job. Zuletzt waren auch die
       Zahlen der Corona-Infektionen gestiegen.
       
       Die Europäische Union äußerte den Wunsch, eng mit der neuen Regierung
       zusammenzuarbeiten und die „privilegierte Partnerschaft mit Tunesien“
       aufrechtzuerhalten. Man begrüße die neue tunesische Regierung und hoffe,
       „dass diese Entwicklung die politische Stabilität gewährleistet, die das
       Land benötigt, um sich seinen sozioökonomischen Herausforderungen zu
       stellen, die durch die Coronapandemie noch verschlimmert werden“, sagte ein
       Kommissionssprecher.
       
       2 Sep 2020
       
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