# taz.de -- Protest gegen Lukaschenko: Wieder Gewalt in Belarus
       
       > Bei Demos in Minsk werden auch ausländische Journalisten festgenommen.
       > Die Außenminister der EU einigen sich auf Sanktionen.
       
 (IMG) Bild: Etliche Demonstrierende führte die belarussische Sonderpolizei zuletzt aus den Demos ab
       
       Kiew/Berlin taz | Die Lage in Belarus bleibt kritisch. Nach neuen
       Demonstrationen gegen Fälschungen bei der Präsidentenwahl am 9. August, für
       Neuwahlen und die Freilassung politischer Gefangener wurden am Donnerstag
       landesweit 270 Personen festgenommen.
       
       Dies berichtete das belarussische Internetportal telegraf.by. Unter den
       Festgenommenen waren auch Journalisten von Reuters, der BBC, AFP, AP und
       der Deutschen Welle. Mittlerweile sind bis auf vier alle Journalisten
       wieder auf freiem Fuß. Insgesamt warten derzeit 114 Personen in Haft auf
       eine Gerichtsentscheidung über ihre weitere Inhaftierung, meldete das
       Portal des belarussischen Innenministeriums.
       
       Eines der zentralen Themen der belarussischen Medien ist die Äußerung
       [1][des russischen Präsidenten Wladimir Putin], Russland habe
       Reservesicherheitskräfte zusammengestellt, die einen Einsatz in Belarus
       antreten könnten. Gegenüber dem russischen Fernsehsender Rossija-24 sagte
       Putin, Russland und Belarus hätten sich im Vertrag zum gemeinsamen
       Unionsstaat und im Vertrag über gemeinsame kollektive Sicherheit (OVKS) zur
       gegenseitigen Hilfe zum Schutz der Grenzen und der Stabilität verpflichtet.
       Er habe jedoch auch mit Lukaschenko vereinbart, dass keine russischen
       Sicherheitskräfte nach Belarus entsandt würden, solange die Situation nicht
       außer Kontrolle gerate.
       
       Der belarussische Politologe Michail Kiriljuk warnte Moskau vor einer
       Entsendung von Sicherheitskräften. „Wenn russische Soldaten oder russische
       Omon-Polizisten kommen, tun mir deren Mütter sehr leid“, so Kiriljuk. Für
       ihn würde ein Einmarsch russischer Sicherheitskräfte „das blutige Ende
       einer Völkerfreundschaft“ bedeuten.
       
       ## Sanktionsliste muss noch verabschiedet werden
       
       Während Lukaschenko Hilfe aus Russland gern annähme, wird einem Lastwagen
       der polnischen Gewerkschaft Solidarność die Einreise nach Belarus verwehrt.
       In diesem Lkw befinden sich Lebensmittel und eine Million Złoty, mit denen
       die polnische Gewerkschaft Familien streikender belarussischer Arbeiter
       unterstützen will.
       
       Auf ihrem informellen Treffen am Freitag in Berlin verurteilten die
       Außenminister der EU die gewalttätige Niederschlagung der Proteste in
       Belarus. Die EU setze sich für einen „nationalen Dialog“ ein, sagte der
       Hohe Vertreter der Europäischen Union für Außen- und Sicherheitspolitik,
       Josep Borrell. „Nur auf diesem Weg können die Demokratie und die
       Grundrechte in Belarus geachtet werden“, so Borrell.
       
       „Im Saal waren sich alle einig: Wenn Herr Lukaschenko den Druck auf die
       friedliche Zivilgesellschaft erhöht, dann müssen wir als EU den Druck auf
       Herrn Lukaschenko erhöhen“, sagte [2][der deutsche Außenminister Heiko
       Maas]. Darin sei er sich mit seinen Amtskollegen einig gewesen. Es werde
       nun „schrittweise zielgerichtete Sanktionen gegen diejenigen geben, die für
       Wahlmanipulation und Gewalt Verantwortung tragen“.
       
       Wer auf dieser Sanktionsliste, die laut Maas „alsbald verabschiedet“ werden
       soll, stehen wird, ist noch ungeklärt. Er könne weder eine genaue Zahl noch
       konkrete Namen nennen, sagte Borrel. Es würden aber „auf jeden Fall
       hochrangige Vertreter dabei sein“. Ob sich auch Lukaschenko selbst darunter
       befinden wird, ließ er offen.
       
       ## Polen erleichtert Visaregime für Belarussen
       
       Unterdessen hat Polen kurzfristig sein Visaregime liberalisiert. Ab sofort
       können Belarussen Visa bekommen, ohne eine Tätigkeit in Polen nachweisen zu
       müssen. Bereits in den vergangenen Tagen hatte Polen Dutzende Belarussen
       aufgenommen, die bei den Demonstrationen verletzt wurden.
       
       28 Aug 2020
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Proteste-in-Belarus/!5703348
 (DIR) [2] https://twitter.com/HeikoMaas/status/1299339076152287232
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Bernhard Clasen
 (DIR) Pascal Beucker
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Schwerpunkt Krisenherd Belarus
 (DIR) Belarus
 (DIR) Alexander Lukaschenko
 (DIR) Wladimir Putin
 (DIR) EU-Sanktionen
 (DIR) Schwerpunkt Krisenherd Belarus
 (DIR) Kolumne Notizen aus Belarus
 (DIR) Schwerpunkt Krisenherd Belarus
 (DIR) Schwerpunkt Krisenherd Belarus
 (DIR) Schwerpunkt Krisenherd Belarus
 (DIR) Schwerpunkt Krisenherd Belarus
 (DIR) Schwerpunkt Krisenherd Belarus
 (DIR) Schwerpunkt Krisenherd Belarus
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Politikwissenschaftlerin über Belarus: „Putin auf schmalem Grat“
       
       Die EU darf die Lösung der Krise in Belarus nicht Moskau überlassen, sagt
       Politologin Marie Mendras. Der Kreml habe nicht allzu viele Optionen.
       
 (DIR) Weibliche Oppositionelle in Belarus: Unglaubliche Frauen
       
       Eine 96-Jährige schreit Lukaschenko an. Janka Belarus erzählt von
       stürmischen Zeiten in Minsk. Folge 1.
       
 (DIR) Opposition in Belarus: Kein Konsens für danach
       
       Die Kritiker*innen von Präsident Alexander Lukaschenko sind sich nur einig,
       dass er wegmuss. Was dann? Vor allem Russlands Rolle ist strittig.
       
 (DIR) Verhaftete Journalist:innen in Belarus: Ein Akt der Verzweiflung
       
       Präsident Lukaschenko will nicht, dass Journalist:innen bezeugen, wie er
       gegen die Proteste vorgeht. Die deutsche Diplomatie erscheint hilflos.
       
 (DIR) Massenproteste in Belarus: „Sascha, du bist entlassen!“
       
       Hunderttausende demonstrieren in Minsk, Belarus kommt nicht zur Ruhe.
       Obwohl Diktator Lukaschenko Geburtstag hatte, gehört die Straße dem Volk.
       
 (DIR) Absetzung von Lukaschenko: Ohne kirchlichen Segen
       
       Selbst bislang loyale Zeitgenossen wenden sich von Lukaschenko ab. Nach den
       jüngsten Gewalterfahrungen darf es kein Zurück zur Tagesordnung geben.
       
 (DIR) Kirchen und Proteste in Belarus: Dem Regime ist nichts heilig
       
       Nach der Blockade eines Gotteshauses durch Polizisten äußert der Bischof
       harsche Kritik. Die orthodoxe Kirche distanziert sich vom Regime.
       
 (DIR) Proteste in Belarus: Riskante Nachbarschaftshilfe
       
       Für Putin sind die Proteste in Belarus nicht ganz ungefährlich: Er
       befürchtet, sie könnten ansteckend sein. Riskiert er ein militärisches
       Abenteuer?