# taz.de -- Kinoempfehlungen für Berlin: Frische Fische, süße Fratze
       
       > Da die Programmkinos derzeit häufig ausgebucht sind und Cineplexe gar
       > nicht erst öffnen, empfiehlt sich das sommerliche Programm der
       > Freiluftkinos.
       
 (IMG) Bild: Sommerliches Strandkino: Steven Spielbergs „Der Weiße Hai“
       
       Seit Ende Juni dürfen die Kinos in Berlin nun wieder spielen, doch ein
       Fazit zu ziehen, fällt nach nur einem Monat schwer. Denn die
       augenblickliche Lage stellt sich recht unterschiedlich dar. Bei manchen
       Kinos läuft es offenbar ganz gut: Im Zeughauskino sind die Vorstellungen –
       bei allerdings aufgrund der Hygienebestimmungen stark eingeschränktem
       Platzangebot – beispielsweise häufig ausverkauft. Weshalb es diesmal keinen
       Sinn macht, an dieser Stelle auf die entsprechenden Veranstaltungen
       hinzuweisen.
       
       Weniger gut getroffen haben es hingegen die Multiplex-Kinos: Die meisten
       haben den Spielbetrieb noch gar nicht aufgenommen, weil es sich offenbar
       wirtschaftlich nicht rechnet. Zumal die Starttermine der amerikanischen
       Blockbuster dauernd weiter in die Zukunft geschoben werden. Immer noch
       geschlossen hat auch das Babylon Mitte, Berlins kommunales Kino. Auf der
       Webseite wird nachwievor die durch Corona bedingte Einstellung des
       Spielbetriebs zum 14. März angekündigt – da hätte man in den letzten
       viereinhalb Monaten ja vielleicht mal eine kleine Aktualisierung vornehmen
       können.
       
       ## Corono-Allegorie Raubfisch
       
       Aber egal, andere Kinos spielen (hoffentlich) munter. Zum Beispiel die
       Freiluftkinos: Wenn dort Steven Spielbergs Thriller „Der weiße Hai“
       („Jaws“, 1974) auf dem Programm steht, weiß man, dass die sommerliche
       Badesaison ihren Höhepunkt erreicht hat. Roy Scheider und Robert Shaw
       fangen frische Fische und benötigen dazu vor allem eines: ein größeres
       Boot. Denn der titelgebende Raubfisch beißt nur allzu gern richtig große
       Stücke ab. Der Film eignet sich übrigens auch prima als Corona-Allegorie:
       Wenn Politiker und Geschäftsleute aus wirtschaftlichen Gründen ein Problem
       möglichst kleinreden wollen, geht das selten gut aus (30.7., 21 Uhr,
       [1][Freiluftkino Rehberge]; 1.8., 21.15 Uhr, [2][City Kino Wedding]).
       
       Im Gegensatz zur familiären Picknick-Atmosphäre der großen Freiluftarenen
       setzt das [3][Rooftop Cinema] auf dem Dach des Stilwerk in der Kantstraße
       eher auf gehobenen Eventcharakter. Der Eintritt kostet ordentlich, dafür
       bekommt man zum Filmgenuss zusätzlich Flammkuchen, Popcorn und ein Getränk
       serviert. Wer’s mag… Immerhin ist der in der kommenden Woche gespielte
       Kinoklassiker sehr stilvoll: Stanley Donens „Funny Face“ („Ein süßer
       Fratz“, 1957) gehört zu den besten und elegantesten Musicals aus Hollywoods
       Studioära – nicht zuletzt, weil man für die Geschichte eines Fotografen
       (Fred Astaire), der sich in sein Modell (Audrey Hepburn) verliebt, den
       berühmten Modefotografen Richard Avedon als „visual consultant“ hinzuzog.
       Auch die Story selbst basiert übrigens auf Avedons Erlebnissen – wie mir
       der Drehbuchautor Leonard Gershe einmal in einem Interview verriet (2.8.,
       14 Uhr, Rooftop Cinema).
       
       Was augenblicklich gut läuft, sind Kinderfilme oder doch wenigstens solche,
       die Unterhaltung für die ganze Familie versprechen: Im [4][Filmmuseum
       Potsdam], das im August wieder auf Vollprogramm umstellt, gibt es mit
       „WALL×E“ (R: Andrew Stanton) einen der schönsten Filme des
       Animationsstudios Pixar zu sehen. Und der kann einem auch den einen oder
       anderen Denkanstoß verpassen: Ein kleiner Roboter räumt da die von Menschen
       verlassene und komplett vermüllte Erde auf, ehe ihn ein schickes weibliches
       Robotermodell namens EVE zu neuen Abenteuern animiert (1.8.-2.8., 15 Uhr,
       Filmmuseum Potsdam).
       
       ## Die große Illusion
       
       Ein Wiedersehen mit einem Filmklassiker des großen Jean Renoir bietet das
       [5][Bundesplatz-Kino]: „La Grande Illusion“ (1937) ist ein Stück weit die
       Illustration einer bemerkenswerten These des Regisseur, der zufolge die
       Welt nicht horizontal nach Nationen, sondern vertikal nach Klassen und
       Berufen eingeteilt sein sollten. Kein Wunder also, dass sich in „La grande
       illusion“ während des Ersten Weltkriegs ein deutscher und ein französischer
       Offizier (Erich von Stroheim und Pierre Fresnay) miteinander anfreunden und
       trotz der Feindseligkeiten ihrer Nationen stets Verständnis füreinander
       bewahren (2.8., 15.30 Uhr, Bundesplatz-Kino).
       
       Ebenfalls mehr als einen Blick wert ist Greta Gerwigs „Little Women“, ihre
       impressionistische Verfilmung eines Romans der Schriftstellerin Louisa May
       Alcott, der die Geschichte von vier Schwestern in der Zeit des
       amerikanischen Sezessionskriegs und den Jahren danach erzählt. Der Film
       begleitet sie durch das Ende der Kindheit und im Übergang zum
       Erwachsenenleben, folgt ihren künstlerischen Ambitionen und erkundet, was
       eine Frau in jenen Jahren erreichen kann. Das gilt vor allem für Jo March,
       eine burschikose angehende Schriftstellerin, brillant verkörpert von der
       wunderbaren Saoirse Ronan (30.7., 21.15 Uhr, Pompeii – Freiluftkino am
       Ostkreuz; 30.7.-1.8., 18 Uhr, B-ware! Ladenkino; 1.8., 15 Uhr, Filmmuseum
       Potsdam; 5.8., 21.30 Uhr, B-ware! Open Air).
       
       30 Jul 2020
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://www.freiluftkino-rehberge.de/
 (DIR) [2] http://citykinowedding.de/
 (DIR) [3] https://stilwerk.com/de/news/rooftop-cinema
 (DIR) [4] https://www.filmmuseum-potsdam.de/
 (DIR) [5] http://www.bundesplatz-kino.de/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Lars Penning
       
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