# taz.de -- Lüften als Schutz vor Corona: Große Klassen, kleine Fenster
       
       > Die Lehrergewerkschaft GEW kritisiert, dass viele Schulen in Bremen nur
       > Kippfenster haben. Die Stadt will handeln – weiß aber nicht, wo das nötig
       > ist.
       
 (IMG) Bild: Männchen auf der Scheibe brauchen weniger Luft als die hinter ihr
       
       Bremen taz | Die Vorgaben sind klar: Wenn am Mittwoch in Bremen die Schule
       beginnt, sollen Klassenräume „in jeder (!) Unterrichtspause intensiv bei
       weit geöffneten Fenstern gelüftet werden“, so [1][die Kommission
       Innenraumlufthygiene am Umweltbundesamt]; nach kurzen 5-Minuten-Pausen auch
       während des Unterrichts. Frische Luft ist aktuell das Mittel der Wahl als
       Schutz vor Aerosolen, vollgepackt mit fiesen Viren.
       
       Die Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft (GEW) bemängelt, dass eben
       dieser Schutz an Bremer Schulen nicht gewährt werden kann: [2][Zurzeit
       ließen sich viele Fenster nur auf Kipp öffnen.] „Leider wurden die Ferien
       von den Verantwortlichen nicht dazu genutzt, hinreichend technische
       Veränderungen zu schaffen“, heißt es in der Kritik. Um Durchzug zu
       schaffen, so GEW-Landesvorstandssprecherin Elke Suhr, müssten vielerorts
       Klassentüren offenstehen – und auf den Fluren selbst oft zusätzlich noch
       Notausgänge.
       
       Die grundsätzliche Problematik ist in der Bildungsbehörde bekannt. „Die
       Kritik wurde schon vor einiger Zeit an uns herangetragen“, so Sprecherin
       Stephanie Dehne. Die Behörde hat deshalb ein Lüftungskonzept erstellt: In
       jedem Raum sollen sich mindestens zwei Fensterflügel öffnen lassen.
       
       In wie vielen Klassenzimmern das aktuell nicht möglich ist, weiß bisher
       aber keiner. Zwar hat die Schulbehörde vor den Sommerferien, am 10. Juli,
       Immobilien Bremen (IB) beauftragt, Näheres herauszufinden. Aber: „Dazu kann
       ich noch nichts sagen“, so IB-Sprecher Peter Schulz. Das Unternehmen habe
       zwar seinerseits die Schulhausmeister beauftragt, die Fenster zu prüfen.
       
       Auch Aufträge an Handwerksunternehmen seien bereits herausgegangen. Zahlen
       dazu gibt es aber nicht. „Die Auswertung kommt erst zu einem späteren
       Zeitpunkt“, so Schulz. Der öffentliche Bremer Grundstücksdienstleister weiß
       damit nicht, an welchem Punkt der Umsetzung er gerade steht.
       
       ## Frische Luft auch in Nicht-Corona-Zeiten wichtig
       
       Das Thema hätte schon früher aufkommen können – schließlich [3][verbessert
       frische Luft auch die Konzentrationsfähigkeit von Schüler*innen.] 2011
       hatte die Gesundheitsbehörde das Projekt „Care4Air“ gestartet, Slogans wie
       „Kopf leer? Luft her!“ wurden an Schulen plakatiert.
       
       Doch bei der Kampagne wurde in erster Linie auf Aufklärung gesetzt, nicht
       auf Umbau. Dass der Mangel nun auffällt, ist für Suhr ein klassischer
       Corona-Effekt: „Wie unter einem Brennglas zeigt sich, was falsch läuft. Das
       ist genau wie die Tatsache, dass jetzt erst Seife in die Schulen kommt.“
       
       Das lässt Schulz so nicht stehen. „Überlegungen zur besseren Lüftung
       gehören für IB zum Standard bei Sanierungen“, sagt er. Zahlen fehlen jedoch
       auch hier. Allein auf Sanierungsstau jedenfalls sind Kippfenster wohl nicht
       zurückzuführen – sie sollen auch Sicherheit gewähren. „In Grundschulen darf
       man nicht eine Sekunde abgelenkt sein, wenn die Fenster offen sind“, räumt
       Suhr ein. In Hamburg zeigte sich gerade, warum: [4][Dort stürzte ein
       Neunjähriger] vier Meter tief aus einem offenen Schulfenster.
       
       Selbst wenn man in Bremen wüsste, wo Fenster umgerüstet werden müssen, wäre
       also damit nicht alles geklärt. Dennoch: Als Alternative vor allem auf
       Maskenpflicht in Schulfluren zu setzen, hält Suhr für falsch: „Die
       persönliche Schutzausrüstung ist nach Arbeitsschutzrecht immer das Letzte,
       das angewendet werden soll“, sagt sie.
       
       Wenn eine technische Lösung allein nicht reiche, müsse ein
       organisatorischer Ausweg her – etwa, indem Unterrichtsstunden nur 30
       Minuten dauern, damit früher sicher gelüftet werden kann. Und vor allem, so
       Suhr: „Kleinere Lerngruppen. Die haben dann zwar weniger Unterricht, dafür
       aber intensiver.“ Mit dem Ziel der Bildungssenatorin freilich beißt sich
       das – das nämlich ist ausdrücklich „Regelbetrieb“.
       
       3 Sep 2020
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/2546/dokumente/irk_stellungnahme_lueften_sars-cov-2_0.pdf
 (DIR) [2] /Forscher-ueber-Schulstart-in-Coronazeiten/!5699855
 (DIR) [3] https://www.news4teachers.de/2016/05/dicke-luft-im-klassenraum-forscher-fordern-mehr-aufmerksamkeit-fuer-lueftung/
 (DIR) [4] /Ferienende-in-Hamburg/!5701707
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Lotta Drügemöller
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Schwerpunkt Coronavirus
 (DIR) Bremen
 (DIR) Schule und Corona
 (DIR) Schule
 (DIR) Bildung in Bremen
 (DIR) Bildung in Bremen
 (DIR) Schulstart
 (DIR) Schulbehörde Hamburg
 (DIR) Maskenpflicht
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Corona-Schutz in Bremen und Bremerhaven: Schulen sind nicht gut gerüstet
       
       In Bremerhaven ist Regelunterricht nur mit Mühe möglich und Bremens Schulen
       warten schon seit einem Monat auf 250 bestellte CO2-Messgeräte.
       
 (DIR) Corona-Regeln an Bremer Schulen: Schulen lüften durch
       
       Inzwischen können die meisten Schulen ihre Fenster zum Lüften öffnen. Aber
       Forscher bemängeln, dass Lehrer*innen nicht genug sensibilisiert seien.
       
 (DIR) Schulstart in Berlin: Regelbetrieb im Ausnahmezustand
       
       Der Unterricht nach den Sommerferien startet wieder – trotz Corona ohne
       Abstandsregeln. Jede Schule reagiert individuell auf diese Herausforderung.
       
 (DIR) Ferienende in Hamburg: Unfall überschattet Schulbeginn
       
       Neunjähriger fällt aus Schulfenster vier Meter in die Tiefe. Es war
       vermutlich wegen Corona geöffnet. Schutzmasken kamen etwas später an.
       
 (DIR) Forscher über Schulstart in Coronazeiten: „Auf Masken nicht verzichten“
       
       Martin Kriegel untersucht, wie sich Aerosole in der Luft verbreiten.
       Klassenzimmer lassen sich schwer lüften, dort brauche es besonderen Schutz.