# taz.de -- Corona-Proteste der Eventbranche: Ist da alles tutti?
       
       > Veranstalter*innen sind von der Krise hart getroffen. Ihr Protest ist
       > verständlich, die Branche kann aber trotzdem mal abspecken.
       
 (IMG) Bild: Demonstration der Veranstaltungsbranche am 10. Juli in Berlin. Zeit haben sie!
       
       Eine der schlagendsten Erfahrungen im „Eventbetrieb“: Während Techniker
       immer und zumeist sogar nach Tarif bezahlt sind, ob festangestellt, oder,
       wie leider allzu oft, mit Tagessatz über ein Subunternehmen angeheuert,
       werden selbständige Djs oder Autoren oft genug unterbezahlt oder gehen
       gerne auch mal ganz leer aus. Weil, ist ja Kunst. Und eine Chance zur
       Selbstdarstellung. Ganz nach dem Motto: Erst hört niemand zu, und dann
       tanzt auch keiner; was den besagten Techniker um 1 Uhr, wenn dann doch
       welche alkoholbeseelt tanzen, auf seinen tariflich abgesicherten Feierabend
       drängen lässt.
       
       Und jetzt also sollen alle in einem Boot sitzen. In dem [1][Boot namens
       Corona]. Ist ja auch so. Keine Veranstaltungen für alle. Heißt eben auch:
       Niemand profitiert. Nicht der Techniker, nicht die Garderobenstudentin,
       nicht die Pflegekraft, nicht der DJ. Corona saugt, und auch wenn in der
       Hauptstadt die „Corona-Ampeln“ alle auf Grün stehen: Vor möglichen
       Superspreadingevents wird weiterhin gewarnt.
       
       Also ja, der Bereich leidet. „Die Branche“, wie sie sich selbst
       zusammenfasst. Also [2][geht sie wieder auf die Straße, Freitagnachmittag
       in Berlin-Mitte], die dritte Demo ist das insgesamt schon. Alle sind sie
       da: die Veranstalter*innen, Techniker*innen, Bühnen- und Messebauer*innen
       und weitere Dienstleister*innen aus der Kultur- und Eventbranche. Zeit
       haben sie! „Umso wichtiger, dass wir nicht das Momentum verlieren und
       unseren Anspruch auf Lösung der Misere weiterhin lautstark verkünden“,
       heißt es in schönem Gewerkschaftsdeutsch im Aufruf. Und weiter: „Wir werden
       dazu nochmals größer mit insgesamt 5 Trucks, der Liveband ‚The Birddogs‘
       und dem bereits bekannten BDV-Sarg, mit dem wir die Veranstaltungsbranche
       symbolisch zu Grabe tragen.“
       
       Ruhe sie in Frieden. Ich meine, wer zur Hölle sind „The Birddogs“? Was ist
       ein „BDV-Sarg“? Ist nicht, neben brancheninternen Ungerechtigkeiten, siehe
       oben, eines der Probleme der Branche von jeher ihre Taubheit gegenüber
       Qualität und Kritik? Müssen Stadtfeste, Schlagerparaden, Karnevalsfeiern,
       Mottopartys etc. etc. überhaupt ständig und immer sein? Gilt nicht mehr die
       ungefähre Faustregel aus den 80ern, je größer, desto mieser? Wie sieht
       überhaupt die Umweltbilanz der Eventbranche aus? Ist da alles tutti oder
       sollte man eh mal darüber nachdenken, was in Zukunft noch gebraucht wird –
       und was endlich weg kann?
       
       Weniger Arbeit, mehr Freiheit – das ist ein Grundsatz, der im
       Neoliberalismus völlig undenkbar geworden ist. Sicher, es werden
       Grundeinkommen und Bürgergeld diskutiert; aber ernsthaft darüber nachdenken
       will dann doch niemand. Lieber den Job in der Braunkohlegrube, im AKW oder
       in anderen Jobs, die, wie in dieser Branche, gern einmal unterbezahlt sind
       und Selbstverwirklichung sagen, wenn sie Selbstausbeutung meinen.
       
       Und so ziehen sie weiter in Sachen Lobbyismus von unten
       „protestmarschierend“ durch die Hauptstadt, die ansonsten von LKW-Fahrern
       und Spediteuren aus ganz ähnlichen Gründen heimgesucht wird. Aber immerhin
       protestieren die auch gegen: „Preisverfall, Kabotageverstöße und
       Sozialdumping.“
       
       Was zur Hölle sind [3][Kabotageverstöße]?
       
       24 Jul 2020
       
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