# taz.de -- Annäherung von Israel und VAE: „Verrat“ statt Durchbruch
       
       > Die geplante Vereinbarung zwischen Jerusalem und Abu Dhabi stößt im
       > arabischen Twitter auf Kritik. Doch andere Golfstaaten könnten folgen.
       
 (IMG) Bild: Protest von PalästinenserInnen gegen die Annäherung von Israel und den Arabischen Emiraten
       
       Berlin taz | „Normalisierung ist Verrat“ und „Golfaraber gegen die
       Normalisierung“: Unter diesen Hashtags äußerten im arabischen Twitter am
       Freitag Tausende NutzerInnen ihren Unmut über das, was US-Präsident Donald
       Trump am Vortag als „riesigen Durchbruch“ gefeiert hatte: die von den USA
       vermittelte [1][Absichtserklärung Israels und der Vereinigten Arabischen
       Emirate (VAE)], normale – das heißt formale diplomatische – Beziehungen
       aufzunehmen.
       
       Der zunächst nur angekündigte Schritt wäre ein Paradigmenwechsel: Die VAE
       wären nach Ägypten (1979) und Jordanien (1994) das dritte arabische Land
       überhaupt, das den Staat Israel anerkennt. Im Gegenzug, heißt es in der
       Erklärung, will Israels Regierung Abstand nehmen von ihrem international
       kritisierten Plan, Teile des palästinensischen Westjordanlands zu
       annektieren, das Israel seit 1967 besetzt hat.
       
       Seit Jahren schon findet eine mal mehr, mal weniger heimliche Annäherung
       zwischen den arabischen Golfstaaten Saudi-Arabien, Bahrain, Oman und den
       VAE auf der einen und Israel auf der anderen Seite statt. Nun sind die VAE
       vorgeprescht und haben dieser in vielen arabischen Ländern kritisch
       beäugten Entwicklung einen offiziellen Anstrich verliehen.
       
       International stieß die Ankündigung auf ein geteiltes, gleichwohl
       erwartbares Echo. In Gaza-Stadt sowie in Ost-Jerusalem kam es zu Protesten.
       Neben den Palästinenser-Führungen im Westjordanland und im Gazastreifen
       verurteilten auch die Türkei und Iran den Schritt. „Die Geschichte und das
       Gewissen der Menschen werden das heuchlerische Verhalten der VAE nicht
       vergessen“, hieß es aus Ankara. Präsident Recep Tayyip Erdoğan kündigte an,
       die diplomatischen Beziehungen ruhen zu lassen und den türkischen
       Botschafter abzuziehen.
       
       Im iranischen Außenministerium sprach man von einem „Dolchstoß in den
       Rücken der Palästinenser und aller Muslime“. Bahrain, Oman und Ägyptens
       begrüßten den Schritt dagegen. Auffällig still blieb es bis
       Freitagnachmittag in Saudi-Arabien, das in Sicherheitsfragen ebenfalls seit
       Jahren gut mit Jerusalem zusammenarbeitet und mit Israel die Feindschaft
       gegenüber Iran teilt.
       
       ## Bahrain und Oman gelten als Kandidaten
       
       Aus Europa kamen positive, doch verhaltene Reaktionen: Frankreichs
       Außenminister Jean Yves Le Drian mahnte, dass der angekündigte Aufschub der
       israelischen Annexionspläne nicht reiche. Der Plan müsse auf Dauer vom
       Tisch, um den Verhandlungsweg zwischen Israel und den Palästinensern zu
       ebnen.
       
       Ähnlich äußerte sich Außenminister Heiko Maas (SPD): Die Ankündigung sei
       ein „historischer Schritt“ und ein „wichtiger Beitrag zum Frieden in der
       Region“. Allerdings dürfe damit nicht das Ziel einer verhandelten
       Zweistaatenlösung für Israel und die Palästinenser aufgegeben werden. Diese
       sei der einzige Weg zu einem Frieden in Nahost.
       
       Offen blieb am Freitag, ob dem Beispiel der VAE andere arabische Staaten
       folgen. Trumps Nationaler Sicherheitsberater Robert O’Brien sagte: „Wir
       sind überzeugt, dass weitere Länder in den Startlöchern stehen.“ Auch
       Trump-Berater Jared Kushner hatte sich am Donnerstag optimistisch gezeigt,
       dass innerhalb der nächsten drei Monate weitere Staaten folgen.
       
       Während Saudi-Arabien große Schwierigkeiten haben dürfte, eine Annäherung
       an Israel der eigenen Bevölkerung gegenüber zu rechtfertigen, gelten Oman
       und Bahrain als Länder, die ebenfalls Beziehungen nach Jerusalem aufgebaut
       haben und diese formalisieren könnten. Neben den VAE waren beide Länder
       vertreten, als Trump und Israels Regierungschef Netanjahu im Januar im
       Weißen Haus den umstrittenen US-Plan für Nahost vorstellten.
       
       Die Tageszeitung al-Quds [2][zitierte] am Freitag eine namentlich nicht
       genannte hochrangige US-Quelle: „Ich denke, es ist eine Frage von sehr
       kurzer Zeit, bis diese beiden Länder die Normalisierung ihrer Beziehungen
       mit Israel verkünden.“
       
       14 Aug 2020
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Israel-und-die-Emirate-naehern-sich-an/!5707271
 (DIR) [2] http://www.alquds.com/articles/1597347812834910700/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jannis Hagmann
       
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