# taz.de -- Doku über die US-Antidrogenbehörde: Kiki und die DEA
       
       > Eine Mini-Amazon-Serie über den in Mexiko ermordeten Agenten Enrique
       > Camarena, kurz „Kiki“, zeigt die Verstrickung der USA in den
       > Drogenhandel.
       
 (IMG) Bild: Der Drogenhandel in Mexiko hat viele Opfer gefordert, unter anderem wurde Enrique Camarena ermordet
       
       Jeder, der sich mit der mexikanischen Mafia beschäftigt, kennt Enrique
       Camarena, kurz „Kiki“. Denn der grausame Tod des Mitarbeiters der
       US-Antidrogenbehörde DEA hat die Geschichte der organisierten Kriminalität
       in dem Land maßgeblich verändert. In einigen Romanen und Filmen spielen der
       Mord und die Folter an Kiki eine Rolle.
       
       Nun hat Amazon Prime Video das Thema noch einmal aufgegriffen. Im Gegensatz
       zu seinen Vorgängern ist die vierteilige Miniserie „Der letzte Fahnder“
       kein Krimi und keine fiktionalisierte Doku. In vier Dokumentarfilmen kommen
       Zeugen zu Wort, die in den Mord an dem Agenten im Februar 1985 verwickelt
       waren.
       
       Vor allem handelt es sich bei den Gesprächspartnern um ehemalige
       mexikanische Polizisten. Sie berichten, wie sie mit Wissen und teilweise
       auf Anordnung ihrer Chefs aus dem Innenministerium die Drogentransporte der
       Mafia schützten, wie sich die Granden des Guadalajara-Kartells mit
       Politikern bis hin zum Präsidenten trafen und wie Kiki 36 Stunden lang zu
       Tode gefoltert wurde.
       
       Der DEA-Agent hatte den Zorn der Kriminellen auf sich gezogen, weil er
       Marihuanafelder vernichten ließ. Gefoltert und getötet wurde er in einem
       Haus des Schwagers des damaligen Präsidenten.
       
       ## Die USA verhindern die Aufklärung des Falles
       
       So weit in Mexiko nichts Ungewöhnliches. Die US-Regierung reagierte empört,
       schloss für die Fahndung die Grenze und empfing den Sarg des Ermordeten mit
       staatlichen Ehren. Zugleich wurde die Aufklärung des Falles jedoch gezielt
       verhindert, denn der US-Geheimdienst CIA und das Guadalajara-Kartell
       arbeiteten eng in einem Komplott zusammen, das als [1][Iran-Contra-Affäre]
       bekannt wurde.
       
       Quinteros Leute bildeten für Washington Männer aus, die die linke Regierung
       Nicaraguas stürzen sollten, und lieferten Waffen in das Land. Im Gegenzug
       konnten sie mit CIA-Genehmigung den US-Markt mit Drogen versorgen. Kiki,
       dessen aufrichtiges Ziel die Zerstörung der Kartelle war, wusste wohl zu
       viel von dieser Kooperation und musste zum Schweigen gebracht werden.
       
       Das legten schon andere Recherchen nahe. Doch die Aussagen in der
       Amazon-Doku bestätigen in beeindruckender Weise, dass auch US-Agenten bei
       den Folterungen beteiligt waren. Geschichte? Jein. Nach dem Camarena-Mord
       wurden die Karten neu gemischt. Das Guadalajara-Kartell zerfiel, andere
       große Organisationen entstanden. Unter anderem das Sinaloa-Kartell von
       Joaquín „El Chapo“ Guzmán, der in den USA zu lebenslanger Haft verurteilt
       wurde.
       
       ## Unübersichtliche Strukturen bei den Banden
       
       Heute agieren viele lokal orientierte Banden, die Strukturen sind
       unübersichtlicher geworden. Auch die hierarchische Einparteienherrschaft
       Mexikos ist Geschichte, in den Bundesstaaten regieren Gouverneure mit
       teilweise ebenso kriminellen, aber divergierenden Interessen. Für
       Präsidenten und Geheimdienste ist es deshalb schwieriger geworden, die
       Mafia für ihre Zwecke zu nutzen.
       
       Dennoch bleibt Kikis Geschichte aktuell. Die [2][DEA ist weiter in Mexiko]
       aktiv, und so mancher US-Agent verdient lieber am lukrativen Drogenhandel,
       als dass er ihn bekämpft. Die Killer des Zeta-Kartells wurden vor ihrer
       kriminellen Karriere von US-Spezialkräften ausgebildet.
       
       Jüngst verurteilte ein mexikanisches Gericht einen Gouverneur zu neun
       Jahren Haft, der offensichtlich mit den Zetas kooperierte. In dessen
       Amtszeit (2010 bis 2016) wurden in dem Bundesstaat 14 Journalistinnen und
       Journalisten ermordet. Keines der Verbrechen ist aufgeklärt.
       
       Zweifellos liefern Einrichtungen wie die DEA Stoff für so manche
       Verschwörungstheorie. Doch es bleibt das Rezept jedes erfolgreichen
       Geheimdienstes, so tief wie möglich in die kriminelle Struktur ihres
       „Objekts“ einzudringen. „Zwischen uns und denen gab es keinen Unterschied“,
       erklärt einer der Männer, die für das Guadalajara-Kartell arbeiteten. Der
       neue Amazon-Film bestätigt jedenfalls: Wer den Drogenschmuggel in die USA
       bekämpfen will, sollte die DEA besser abschaffen.
       
       18 Aug 2020
       
       ## LINKS
       
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