# taz.de -- Facebook und Donald Trump: Wahrheit als Geschäft
       
       > Facebook hat zum ersten Mal einen Post von Donald Trump gelöscht. Das
       > politische und ökonomische Kalkül hinter dem Schritt ist komplex.
       
 (IMG) Bild: Trump besucht im Mai eine Ford-Fabrik, die während der Pandemie auch Gesichtsmasken herstellt
       
       Aus der Kampagne zur Wiederwahl des US-Präsidenten Donald [1][Trump heißt
       es erbost]: „Ein weiterer Tag mit einer weiteren Demonstration der
       ungeheuerlichen Voreingenommenheit des Silicon Valley gegen diesen
       Präsidenten.“ So kommentierte eine Sprecherin die [2][Löschung eines
       Facebook-Posts von Trump]. Darin teilte dieser einen Interviewausschnitt,
       in dem er ohne jegliche Belege und entgegen gängigen wissenschaftlichen
       Erkenntnissen behauptet, dass Kinder weitestgehend immun gegen das
       Coronavirus seien.
       
       Es ist bekanntermaßen nicht das erste Mal, dass der Präsident Unwahrheiten,
       Unsinn oder offene Lügen verbreitet und dafür soziale Medien nutzt.
       Tatsächlich gelöscht wurde bisher jedoch noch kein Post Trumps auf
       Facebook. Anders als bei Twitter, wo seit einigen Wochen deutlich strenger
       mit den Hassbotschaften und Faktenverdrehungen Donald Trumps verfahren
       wird. Dort teilte die Wahlkampagne dasselbe Video und wurde dafür bis zur
       Löschung des Tweets gesperrt.
       
       Beide Netzwerke demonstrieren mit ihrem Vorgehen eine aktuell zumindest im
       Falle der Pandemie erhöhte Sensibilität gegenüber Falschbehauptungen.
       Trumps implizite [3][Werbung für die innere Anwendung von
       Desinfektionsmitteln] gegen das Virus jedoch steht seit Monaten bei
       Facebook online.
       
       Immerhin, seine auf keinerlei Fakten basierenden Behauptungen von
       Betrügereien bei Briefwahlen werden vom Netzwerk mit Links zu neutralen und
       sachlich korrekten Wahlinformationen ergänzt. Ansonsten aber hält man sich
       sehr strikt an die Vorgabe des Gründers Mark Zuckerberg, dass [4][Facebook
       nicht darüber zu entscheiden habe, welche Botschaften von Politiker*innen
       veröffentlicht werden dürften,] ganz unabhängig von ihrem Wahrheitsgehalt.
       
       ## Druck von allen Seiten
       
       Ob die Premiere der Löschung da eine Änderung ankündigt, werden die
       kommenden Wochen zeigen. Bis zur Wahl im November ist es noch ein bisschen
       hin, und die wiederholten Drohungen des Präsidenten gegen die sozialen
       Netzwerke dürften Zuckerberg weiterhin besorgen. Schließlich kann ihm
       [5][Trump mit präsidialen Verfügungen], selbst wenn die nur kurz Bestand
       hätten, das Leben sehr schwer machen. Andererseits steigt auch der Druck
       vonseiten der Demokratischen Partei. Erst in der vergangenen Woche mussten
       sich die Chefs der großen [6][Technologiekonzerne im Kongress gegen
       Vorwürfe der Monopolbildung und des unfairen Wettbewerbs] verteidigen.
       
       Sollten die Demokraten im November das Weiße Haus und Mehrheiten in Senat
       und Abgeordnetenhaus erringen, brächen schwierige Zeiten für Facebook an.
       Denn allem Lobbying der Branche zum Trotz müsste diese sich dann auf den
       Versuch einer stärkeren Regulierung bis hin zur Zerschlagung der größten
       Konzerne einstellen. Insofern können öffentlichkeitswirksame Beschränkungen
       der schlimmsten Ausfälle Trumps wie die aktuelle auch als Investition in
       eine ansonsten potenziell ungnädige Kongressmehrheit verstanden werden.
       
       Entgegenkommen scheint dringend geboten zu sein. Denn auch wenn
       republikanische Politiker*innen gerne behaupten, sie und ihre Inhalte
       würden in den sozialen Netzwerken benachteiligt, ist eher das Gegenteil der
       Fall. Jeden Tag zählen die Posts Konservativer und Rechtsradikaler zu den
       erfolgreichsten Beiträgen auf Facebook. Dass alle Netzwerke die Reichweite
       rechter Hassrede und Desinformation geradezu systematisch verstärken,
       gehört inzwischen zum Allgemeinwissen.
       
       Erst am Mittwoch wurde bekannt, dass die Facebook-Tochter [7][Instagram im
       Empfehlungsalgorithmus den demokratischen Präsidentschaftskandidaten Joe
       Biden nachweisbar schlechter behandelt als Trump]. Bei der Suche mit den
       Hashtags #DonaldTrump oder #Biden wurden in den vergangenen Wochen für
       Trump vornehmlich wohlwollende Posts präsentiert, zu Biden hingegen auch
       viel Kritik und Schmähungen.
       
       Eine Instagram-Sprecherin bezeichnete die Ungleichbehandlung als „bug“, als
       Fehler also. Dieser fiel jedoch erst durch unabhängige Beobachtung auf. Man
       bemühe sich, das Problem zu beseitigen, hieß es. Man könnte also sagen: Ein
       weiterer Tag mit einer weiteren Demonstration der Unfähigkeit des Silicon
       Valley, mit den dunklen Seiten seiner Macht verantwortungsvoll und
       transparent umzugehen. In einem dramatischen US-Wahljahr ist das keine sehr
       beruhigende Botschaft.
       
       6 Aug 2020
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.nbcnews.com/tech/tech-news/facebook-removes-trump-post-over-coronavirus-information-n1235950
 (DIR) [2] /Facebook-und-Trump/!5705681
 (DIR) [3] /US-Praesident-Trump-in-der-Coronakrise/!5680835
 (DIR) [4] /Facebooks-Umgang-mit-Trump/!5686531
 (DIR) [5] /Donald-Trump-gegen-soziale-Netzwerke/!5689166
 (DIR) [6] /Tech-Unternehmen-im-US-Kongress/!5704893
 (DIR) [7] https://www.buzzfeednews.com/article/ryanmac/instagram-related-hashtags-favoring-trump-over-biden
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Daniél Kretschmar
       
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