# taz.de -- Zweite Amtszeit von Islands Präsident: Auf ein Bierchen mit Jóhannesson
       
       > Islands Präsident ist Fußballfan und hält sich vom Wirtschaftsklüngel
       > fern. Mit 92,2 Prozent der Stimmen tritt er die zweite Amtszeit an.
       
 (IMG) Bild: Eingefleischter Fußballfan, Vater von vier kleinen Kindern: Jóhannesson gilt als volksnah
       
       Es war eine etwas andere Zeremonie als sonst. Am Samstag begann die
       Amtsperiode des isländischen Staatspräsidenten. Im sonst vollbesetzten
       Plenarsaal des Parlaments in Reykjavík konnte sich Guðni Jóhannesson nur
       von einem Kreis von 29 Personen feiern lassen. Eigentlich waren 90
       vorgesehen gewesen. Doch am Vortag hatte die Gesundheitsbehörde wegen neuer
       Corona-Infektionsfälle die Restriktionen wieder verschärft. Die am 25. Mai
       abgeschaffte Zwei-Meter-Abstandsregel wurde erneut eingeführt.
       Händeschütteln war sowieso tabu und das Fest im Präsidentenamtssitz
       Bessastaðir fiel ganz aus.
       
       Guðni Jóhannesson wird sich damit trösten können, dass er ja vor vier
       Jahren das ganze Programm absolvieren durfte. Da hatte er [1][als
       Nachfolger des 20 Jahre lang amtierenden Ólafur Ragnar Grímsson] ebenfalls
       an einem 1. August seine erste Amtsperiode begonnen. Weil die dem sechsten
       Präsidenten der Republik Island offenbar gefiel, hatte er sich zur
       Wiederwahl aufstellen lassen und durfte Ende Juni beweisen, wie beliebt er
       bei den IsländerInnen ist. Bei der Wahl hatten sich nur 7,8 Prozent für
       seinen Gegenkandidaten Guðmundur Franklín Jónsson erwärmen können, während
       er selbst mit 92,2 nur knapp den Rekord einer Amtsvorgängerin verfehlte:
       Den hatte Vigdís Finnbogadóttir 1988 mit 92,7 Prozent aufgestellt.
       
       Umfragen signalisieren, dass die IsländerInnen ihrem alten und neuen
       Präsidenten vor allem zugute halten, dass er Wahlversprechen, wie das
       zerstrittene Land zu einigen und sich weniger in die Alltagspolitik
       einzumischen, eingehalten hat. Dabei half ihm sicher, dass er nie Politiker
       war und Abstand zu der in der isländischen Politik weitverbreiteten
       Klüngelwirtschaft gehalten hat. Eine weitere Neuerung: Der bei seinem
       Amtsantritt mit 48 Jahren bislang jüngste Präsident hatte mit seiner damals
       dreijährigen Tochter und drei Söhnen zwischen 5 und 9 Jahren Leben in den
       Präsidentenwohnsitz gebracht: Erstmals seit der Unabhängigkeit 1944 leben
       dort jetzt Kinder.
       
       ## Vorbild Jürgen Klopp
       
       Nach einem [2][Politik- und Geschichtsstudium in Reykjavík], London und
       Oxford, wo er seine kanadische Frau Eliza kennenlernte, arbeitete Guðni
       Jóhannesson zunächst als Journalist, dann als Geschichtsprofessor, der
       nebenbei auch Stephen-King-Romane ins Isländische übersetzte. Der
       Vielsprachige – unter anderem Russisch und Deutsch – möchte auch als
       Präsident „jemand sein, mit dem man gerne ein Bierchen trinkt“, und er hat
       Prinzipien: Der katholischen Kirche kehrte er den Rücken, als diese
       kriminelle Missbrauchsfälle ihrer Priester unter den Teppich zu kehren
       versuchte.
       
       Der Präsident ist eingefleischter Fußballfan. In Island ist das Frauenteam
       von Stjarnan „seine“ Elf, international Manchester United. Nach seiner Wahl
       in einem TV-Interview gefragt, welche Führungspersönlichkeit er sein
       möchte, nannte er allerdings Jürgen Klopp. Der deutsche Trainer, der FC
       Liverpool nach 30 Jahren wieder den Meistertitel bescherte, sei „hart, aber
       bescheiden“: „Das ist die Art von Präsident, die ich sein möchte.“
       
       2 Aug 2020
       
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