# taz.de -- Sarrazin, Schule und andere SPD-Sorgen: Der marode Zahn muss raus
       
       > Sarrazin wurde aus der SPD ausgeschlossen, will aber bleiben. Einige
       > Schulferien enden, aber keiner will hin. Wenigstens Instagram wird
       > normal.
       
 (IMG) Bild: Parteichefin Esken springt Scholz im Zuge der #nolaf-Tweets zur Seite
       
       taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht vergangene Woche? 
       
       Friedrich Küppersbusch: 
       
       Polizei sichert Verschwörern [1][Meinungs- und Versammlungsfreiheit].
       
       Und was wird besser in dieser? 
       
       Polizei braucht Seminare „Wie man mit Lob von Liberalen und Linken
       zurechtkommt“.
       
       Die [2][Schule fängt kommende Woche in mehreren Bundesländern wieder an].
       Mecklenburg-Vorpommern macht den Anfang. Und zwar ohne 1,50-Meter-Regel.
       Mutig oder einfach resigniert? 
       
       Kleine Lerngruppen, kontinuierliche Projektarbeit, mehr digitaler
       Unterricht, sorgfältige Hygiene – Bildungsplaner wären froh gewesen, das
       endlich durchzusetzen. Wenn allerdings ich meinem Kind diese Schultüte der
       Verheißungen in die Hand drücken müsste, ging’s mir schwummrig. Ich dächte
       an krankmelden, bevor das Kind krank wird.
       
       Seit zehn Jahren versucht die SPD Thilo Sarrazin wegen seines rassistischen
       Buches aus der Partei zu werfen. Am Freitag hat nun die
       Bundesschiedskommission darüber beraten und [3][seinen Rausschmiss
       beschlossen]. Doch Sarrazin will bleiben – warum eigentlich? 
       
       Fallhöhe. Neutrales Beispiel: Frank Schirrmacher. Die Bücher und Kampagnen
       des verstorbenen FAZ-Chefs waren nicht deshalb so interessant, weil das
       meiste schon 20 Jahre früher in der taz stand. Sondern weil er
       Kapitalismuskritik und Totalitarismuswarnungen aus dem Thinktank des
       Kapitalismus und dem Herzblatt der Autoritären funkte. Ende des
       Vergleichs.Schirrmacher nutzte diesen Aufmerksamkeitstrick zur Aufklärung.
       Sarrazins wichtigstes Thema dagegen ist: Sarrazin. Die Tragödie, wenn am
       Ende der Karriere noch so viel Ehrgeiz übrig ist. Da springen alte weiße
       Männer mitunter aus der Spur. Alice Schwarzer, Erika Steinbach, Vera
       Lengsfeld. Für seine Geltungswut wählte Sarrazin klug den Grundwiderspruch
       der SPD: Hoch die Internationale, tief die nationalen Gefühle. Die SPD
       möchte vaterländische Facharbeiter gern mitnehmen und hat doch für diese
       Politik keine zeitgemäße Begründung mehr zu bieten. Deshalb: 10 Jahre
       schmerzhafte Wurzelbehandlung, und dann muss der marode Zahn doch raus.
       
       [4][Donald Trump hat erstmals ein Verschieben der Präsidentschaftswahal]
       ins Gespräch gebracht. Dass er dazu nicht berechtigt ist, scheint er nicht
       zu wissen. Oder ist es wieder ein kalkuliertes Spiel? 
       
       Er ärgert uns und saugt seine Crowd an, es ihm gleichzutun: ihn wählen, uns
       ärgern.
       
       Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) schlägt die Senkung des
       Wahlalters von 18 auf 16 Jahre vor. Eine gute Idee? 
       
       Für die Grünen, ja. Sie sind die stärkste der Parteien zwischen 18 und 24.
       Die SPD schaut mehr auf die unterdurchschnittliche Wahlbeteiligung der
       Ersties. Da mag noch was zu holen sein. Unscharfe Grenze: Verteilt die
       Demokratie erst mal Geschenke, bevor es Pflichten setzt – oder, wenig
       überraschend, der Standpunkt der Union: erst liefern, dann mitreden. Manche
       zahlen auch mit 16 schon Steuern, andere pubertieren ein Leben lang die
       Wahlurne voll. Der Grad der Reife ist darin das lustigste Argument: Warum
       sollten die wählen dürfen, wenn sie so wählten wie Oma und Opa?
       
       Jetzt auch noch Madonna. Die Pop-Queen teilte das Video einer Ärztin, die
       das Medikament Hydroxychloroquin als Corona-Heilmittel anpreist, was längst
       widerlegt ist. Instagram schritt ein und löschte Madonnas Beitrag. Werden
       in der Coronakrise denn alle verrückt? 
       
       Na ja, also Insta wird doch offensichtlich gerade normal.
       
       Am Mittwoch musste Finanzminister Olaf Scholz vor dem Finanzausschuss zu
       Wirecard aussagen. Er versprach Transparenz und legte am Freitag einen
       „Aktionsplan“ vor. Zufrieden? 
       
       Ein schöner Tag im Leben des Allerangezähltesten: Wirtschaftsminister
       Altmaier lohnt den Abschuss deutlich weniger, weil er ganz sicher nicht als
       Kanzlerkandidat kandidiert. Scholz dagegen wird bereits von seiner
       Parteichefin verteidigt: Gegen „#nolaf“-Tweets, die Esken aus der eigenen
       Partei blöken hört. Beide Minister werden einen Zeitpunkt suchen, den Chef
       der Bafin zu opfern. Und bis dahin die Grünen anbetteln: Ohne sie kommt ein
       Untersuchungsausschuss nur mit Stimmen einer Gruselkoalition zustande: FDP,
       Linke, AfD. In nächster Zeit sind flammende Bekenntnisse von Olaf Scholz zu
       R2G zu erwarten.
       
       Und was machen die Borussen? 
       
       30 Namen im Kader, einige kenn ich sogar, Saisonbeginn jedes Mal wie
       Vokabeln lernen. Fragen: cas, pwe
       
       Friedrich Küppersbusch ist Journalist, Produzent und ist gespannt, ob die
       SPD Sarrazins freie Planstelle verlost.
       
       2 Aug 2020
       
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