# taz.de -- Umgang mit Minderheiten: Entmüllt die Sprache!
       
       > In deutschen Ämtern lagen Müll und Menschen viel zu lang beieinander. Das
       > änderte sich erst mit der behördlichen Idee von Willkommenskultur.
       
 (IMG) Bild: Menschen und Ordnung: In einem Amt in Deutschland
       
       Mensch und Müll, das geht nicht zusammen. Was für eine
       Selbstverständlichkeit, auf die man sich nun nach mühseliger Debatte
       einigt. Leider erst, als es um Polizisten geht.
       
       In deutschen Organisationsstrukturen jedoch liegen Müll und Menschen schon
       zu lange zu nah beieinander. Als 2013 im Stuttgarter Schlossgarten Sinti
       und Roma lagerten, gab es einen Arbeitskreis zur Verwahrlosung und
       Vermüllung des Ortes. Einige erinnern nach den neuen [1][Ausschreitungen in
       Stuttgart] daran und fragen, was daraus geworden sei. Sie fragen nicht, ob
       der Titel des Arbeitskreises damals zur Dehumanisierung der Sinti und Roma
       beitrug.
       
       Die Nähe von Müll und Minderheiten hat eine spezielle Geschichte: In ihren
       Ordnungsämtern kümmern sich Kommunen insbesondere um die Abwehr von
       Gefahren für die öffentliche Sicherheit. In Deutschland kümmern sich
       Ordnungsämter um den Lärmschutz, das Waffenwesen, die Verfolgung
       allgemeiner Ordnungswidrigkeiten und „das Ausländerwesen“. So konnte es
       sein, dass Ausländer ihre Papiere in einem Gebäude beantragen mussten, in
       dem auch das Amt für Abfallwirtschaft untergebracht war. Diese Abschreckung
       war lange durchaus gewollt. Die behördliche Erfindung der
       „[2][Willkommenskultur]“ sollte dem ein Ende bereiten: weg von der Idee der
       Gefahrenabwehr, hin zu offenen Armen für gut ausgebildete Migranten. Es
       kamen aber Flüchtlinge, für die dieser Begriff gar nicht gedacht war, doch
       das ist eine andere Geschichte.
       
       Die jahrzehntelange sprachliche und organisationsstrukturelle Nähe von
       Menschen und Ordnung, von Ordnung und Entsorgung hat Folgen. Solche
       Strukturen setzen sich in Sprache ab, wie toxische Stoffe ins Grundwasser.
       Wer Müllvergleiche als genehmigt ansieht, rückt Dehumanisierung in den
       Bereich dessen, was man in einer Demokratie zu ertragen hat. Man sollte in
       der weiteren Diskussion die Tradition von Müll und Minderheiten in
       Deutschland im Gedächtnis behalten – und endgültig mehr Abstand zwischen
       diese beiden Wörter und Organisationsbereiche schaffen.
       
       30 Jun 2020
       
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