# taz.de -- Aktivist über Klima- und Coronakrise: „Manches ist nicht mehr zeitgemäß“
       
       > Extinction Rebellion ruft am Freitag zu bundesweiten Aktionen auf. Die
       > AktivistInnen wollen unter anderem den NDR besetzen.
       
 (IMG) Bild: Mitten im Berufsverkehr: Straßenblockade durch Extinction Rebellion in Berlin 2019
       
       taz: Herr Pfaff, Extinction Rebellion hat lange nichts von sich hören
       lassen. Wie erging es der Bewegung im Lockdown? 
       
       Tino Pfaff: Die Pandemie hat uns in ein kleines Tief gestürzt. Viele haben
       sich erstmal zurückgezogen, weil sie verständlicherweise anderes zu tun
       hatten. Einige von uns sind älter und haben Familie. Da sind schon ein paar
       Strukturen eingebrochen.
       
       Haben Sie die Zeit für eine [1][grundsätzliche Neuausrichtung] genutzt? 
       
       Zum Teil laufen solche Prozesse, zum Beispiel arbeiten wir an einer engeren
       Zusammenarbeit mit XR-Gruppen im globalen Süden und an der Neuformulierung
       unserer Forderungen.
       
       Was wollen Sie verändern? 
       
       Die Forderungen sind in manchen Aspekten nicht mehr zeitgemäß oder sind
       Teil des Problems geworden. Zum Beispiel die Forderung, den Klimanotstand
       auszurufen. Das haben mittlerweile zahlreiche Städte und Gemeinden gemacht,
       aber die Konsequenzen sind ausgeblieben. Wenn wir das weiter fordern,
       stützten wir genau diese Symbolpolitik, die keine Handlung nach sich zieht.
       
       Was noch? 
       
       Klimaziele müssen sozial verträglich umgesetzt werden, deshalb wollen wir
       die Klimagerechtigkeit stärker betonen. Wenn sich etwa die Bundesregierung
       mit der Reduktion von Treibhausgasen schmückt, weil Produktionsstätten ins
       Ausland verlegt werden, hat das mit Klimagerechtigkeit nichts zu tun.
       
       Am Freitag startet eine bundesweite [2][„Aktionswelle“], was haben Sie vor? 
       
       Wegen des Infektionsschutzes machen wir keine Massenaktion, sondern
       mobilisieren dezentral. In 45 Städten haben die Ortsgruppen Aktionen
       angemeldet, die sich gegen die Bundesregierung, Ministerien, Lobbybüros und
       Unternehmen richten, die den Klimaschutz blockieren. Es wird auch offene
       Bürger*innenversammlungen und nicht angemeldete Aktionen des zivilen
       Ungehorsams geben.
       
       In der Vergangenheit wurde Ihr Vorgehen zum Teil kritisiert, weil Sie eng
       mit der Polizei kooperiert und sich in der Wahrnehmung einiger linker
       Gruppen [3][nicht stark genug von Rechten abgegrenzt haben.]
       
       Die Polizei hat ein Nazi- und ein Rassismusproblem. Das müssen wir als
       Gesellschaft thematisieren und grundlegende Veränderungen fordern. Aber
       Menschen sind keine Institutionen und ich bin überzeugt, dass es
       Polizist*innen gibt, die verstehen, dass wir das auch für sie und ihre
       Familien tun. Wir verfolgen weiterhin die Devise, dass bei unseren Aktionen
       alle willkommen sind, die meinen, dass wir einen Systemwandel und eine
       Neuausrichtung der Politik brauchen, gerade was die Abhängigkeit von der
       Lobby angeht. Aber Menschen, die Verschwörungsmythen anhängen oder
       antisemitische Ressentiments pflegen, haben bei uns nichts zu suchen.
       
       Die Hamburger Ortsgruppe will den Norddeutschen Rundfunk blockieren. Da
       sind Sie aber schon im Fahrwasser rechten Mediengegner*innen. 
       
       Wir sind gegen eine pauschale Medienkritik, aber solange es Sendungen wie
       „Börse aktuell“ gibt, aber nicht „Klima aktuell“, haben wir ein
       Wahrnehmungsproblem. Deshalb fordern wir die ARD auf, ein regelmäßiges
       Format zu Klimawandelfolgen zu entwickeln. Wir wenden uns explizit an
       öffentlich-rechtliche Sender, weil wir sie als Verbündete sehen.
       
       11 Jun 2020
       
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