# taz.de -- Regierungsbildung in Irland: Die grüne Insel
       
       > In Irland haben die beiden großen Parteien sich aus Angst vor Sinn Féin
       > mit den Grünen zusammengetan. Diese bestehen allerdings aus
       > Opportunisten.
       
 (IMG) Bild: Mary Lou McDonald, Präsidentin von Sinn Féin
       
       Irland wird grün. Das glaubt jedenfalls die [1][Grüne Partei.] Sie wird
       Juniorpartner in einer Regierungskoalition, auf die man sich am Montag, ein
       Vierteljahr nach den Wahlen, geeinigt hat. Es ist eine Koalition der Angst.
       Sinn Féin, der ehemalige politische Flügel der inzwischen aufgelösten
       Irisch-Republikanischen Armee (IRA), hatte bei den Wahlen im Februar die
       meisten Stimmen erhalten. Außerdem zogen gut 20 parteilose Linke ins
       Parlament ein.
       
       [2][Den beiden großen Parteien Fianna Fáil und Fine Gael ist der Schrecken
       in die Glieder gefahren.] Sie hatten Irland seit der Staatsgründung vor
       knapp hundert Jahren abwechselnd regiert. In ihrer erzkonservativen
       politischen Ausrichtung unterscheiden sie sich nicht, ihre Differenzen
       stammen aus Zeiten des Bürgerkriegs 1922. Zuletzt konnten sie nur mit Hilfe
       von Koalitionspartnern regieren. Aufgrund der starken Stimmverluste
       funktionierte das diesmal nicht. So einigten sie sich zum ersten Mal auf
       eine große Koalition.
       
       Doch nicht einmal das reichte für eine Parlamentsmehrheit. Notgedrungen
       mussten sie die Grünen mit ins Boot holen. Die setzten einige grüne Themen
       auf die Tagesordnung. So soll es unter anderem mehr Geld für den
       öffentlichen Nahverkehr, eine höhere Kohlendioxidsteuer und eine Senkung
       des CO2-Ausstoßes um sieben Prozent pro Jahr geben. Das steht jedenfalls im
       Koalitionsvertrag.
       
       Aber Papier ist geduldig, und die Grünen-Parteiführung ist es auch. Im Jahr
       2007 war man schon einmal eine Koalition mit Fianna Fáil eingegangen und
       hatte dann sämtliche Forderungen flugs begraben. Das geprellte Stimmvieh
       merkte sich das und strafte die Partei bei den folgenden Wahlen ab.
       
       Wenn sich die Grünen-Parteimitglieder das auch gemerkt haben, könnte es eng
       werden: [3][Sie müssen den Koalitionsdeal mit Zweidrittelmehrheit]
       absegnen. Sollte das scheitern, käme es wohl zu Neuwahlen, bei denen Sinn
       Féin noch mal zulegen würde. Dann könnte es doch noch für eine linke
       Regierungskoalition reichen – natürlich mit Beteiligung der grünen
       Opportunisten.
       
       16 Jun 2020
       
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