# taz.de -- Proteste in Weißrussland: Nase voll von Lukaschenko
       
       > Über 1.000 Menschen haben in Minsk gegen eine Wiederwahl des
       > weißrussischen Autokraten Lukaschenko demonstriert. Dieser reagiert mit
       > Festnahmen.
       
 (IMG) Bild: Proteste mit Mundschutzmaske in Minsk am 24. Mai 2020
       
       Berlin taz | Corona schreckt sie nicht ab: Am Sonntag haben mehr als 1000
       Menschen in Weißrusslands Hauptstadt Minsk gegen eine weitere Amtszeit des
       autokratischen Staatspräsidenten Alexander Lukaschenko demonstriert.
       
       Der 65jährige ist seit 1994 in dem Neun-Millionen-Einwohnerstaat an der
       Macht und hat mehrfach angekündigt, bei der [1][Wahl am 9. August] erneut
       antreten zu wollen. Seit einem Referendum von 2004 ist eine Begrenzung der
       Amtszeiten des Staatschefs abgeschafft. Seit Lukaschenkos Amtsantritt war
       keine Abstimmung frei und fair.
       
       Die Proteste waren unter anderem von Mikola Statkewitsch mit initiiert
       worden. Statkewitsch war 2010 einer der Gegenkandidaten von Lukaschenko
       gewesen. Nach der Abstimmung war es zu Massenprotesten wegen
       Wahlfälschungen gekommen, die die Polizei brutal niedergeschlagen hatte.
       Statkewitsch war als einer der Organisatoren in einem umstrittenen Prozess
       zu fünf Jahren Haft verurteilt worden.
       
       Mit eben dieser „kriminellen Vorgeschichte“ begründete die Zentrale
       Wahlkommission am 19. Mai ihre Entscheidung, eine Kandidatur von
       Statkewitsch bei der bevorstehenden Präsidentenwahl abzulehnen.
       
       ## 15 Tage Haft
       
       Dieselbe Absage ereilte auch den oppositionellen Blogger Sergej
       Tichanowski, der mit seinem YouTube-Kanal „Ein Land zum Leben“ gerne der
       Regierung auf die Füße tritt. Tichanowski war am 6. Mai festgenommen und zu
       einer 15tägigen Haftstrafe verurteilt worden, da er im vergangenen Dezember
       an Protesten gegen eine engere Anbindung Weißrusslands an Russland
       teilgenommen hatte. Mittlerweile wurden zwei weitere Haftstrafen von je 15
       Tage gegen ihn verhängt, weitere sieben Verwaltungsverfahren sind derzeit
       noch anhängig.
       
       Statkewitsch und Tichanowski sind keine Einzelfälle. Laut eines Berichts
       der US-Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) vom 22. Mai
       wurden in der Zweit zwischen dem 6. und 13. mai über 120 DemonstrantInnen,
       BloggerInnen, JournalistInnen und andere RegierungskritikerInnen in 17
       Städten festgenommen und wegen Teilnahme an unerlaubten öffentlichen
       Zusammenkünften zu Haftstrafen von bis zu 25 Tagen verurteilt.
       
       Bei den Protesten vom Sonntag trugen viele der TeilnehmerInnen Schutzmasken
       und hielten einen Mindestabstand ein. Ob Lukaschenko diese Anspielung
       verstanden hat, ist bislang nicht überliefert.
       
       Er hält die Corona-Pandemie nach wie vor für eine Psychose, verzichtete auf
       jeden Shut-Down, ließ dem Ball in Fussballstadien weiter seinen Lauf und
       tausende Soldaten samt jubelnden BesucherInnen bei den [2][Feierlichkeiten
       anlässlich des Kriegsendes am 9. Mai] in Minsk aufmarschieren.
       
       ## Skandalöse Festnahmepraxis
       
       Offiziellen Angaben zufolge sind bislang 36.000 Corona-Infektionsfälle
       registriert, 199 Personen sollen in Zusammenhang mit dem Virus gestorben
       sein.
       
       HRW verweist in diesem Zusammenhang auf den Umstand, dass eine derartige
       Festnahmepraxis bereits in normalen, vor allem aber in Corona-Zeiten
       skandalös sei. „Weißrussland gefährdet die Gesundheit der fest genommenen
       AktivistInnen genauso wie die Gesundheit anderer Gefangener und des
       Personals“, sagt Tanja Lokschina, bei HRW für Europa und Zentralasien
       zuständig. „Die Behörden sollten sich stärker darauf konzentrieren,
       Covid-19 einzudämmen anstatt durch Verfolgung und willkürliche Festnahmen
       zur Verbreitung beizutragen.“
       
       25 May 2020
       
       ## LINKS
       
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 (DIR) Barbara Oertel
       
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