# taz.de -- Rassismus bei der deutschen Polizei: Beamte sind auch nur Deutsche
       
       > Ein nicht unerheblicher Teil der deutschen Bevölkerung hegt rassistische
       > Ressentiments. Warum sollten ausgerechnet PolizistInnen davor gefeit
       > sein?
       
 (IMG) Bild: Polizeigewalt: Nach der Demonstration gegen Rassismus und Polizeigewalt in Berlin
       
       Die Beispiele von Polizeigewalt am Rand einer antirassistischen
       Demonstration in Berlin, die die taz nun publik macht, sind erschreckend.
       Es besteht wenig Anlass, an den Videos, Bildern und Aussagen der
       Betroffenen Zweifel zu hegen. Zugleich aber zählen diese Bilder zum Alltag.
       Immer wieder gehen Polizeibeamte auch in Deutschland mit unangemessener
       Brutalität vor, und immer wieder treffen solche Vorfälle, aber auch
       angeblich zufällige Personenkontrollen, bevorzugt Menschen mit schwarzer
       Hautfarbe.
       
       Das ist erst einmal wenig überraschend. Wenn ein [1][nicht unerheblicher
       Teil der deutschen Bevölkerung] rassistische Ressentiments hegt, warum
       sollten dann ausgerechnet Polizisten davor gefeit sein? Staatsdiener sind
       keine besseren Menschen. Es sind ebenso AfD-Wähler unter ihnen wie Anhänger
       demokratischer Parteien. Sie neigen ebenso zu Gewalt wie Bäcker, Kaufleute
       oder Journalisten.
       
       Kurz: Ihr latenter Rassismus dürfte sich nur geringfügig von dem der
       Gesamtbevölkerung unterscheiden. Auch der Korpsgeist bei der Polizei ist
       kein spezifisches Problem, sondern entspringt dem Verhalten sozialer
       Gruppen, wenn diese von außen eine vermeintliche Bedrohung wahrnehmen – nur
       die wenigsten Menschen sind zum Whistleblower geboren.
       
       Deshalb sind die Versuche mancher Politiker und Gewerkschafter, Polizisten
       als Berufsgruppe per se eine Unschuld zu unterstellen, nicht nur eine
       Verhöhnung der Opfer, sie verweigern sich schlicht der Realität. Ebenso
       falsch wäre es allerdings, zu unterstellen, dass die deutsche Polizei
       generell rassistisch verseucht sei. Es bestehen gewichtige Unterschiede
       zwischen der Bundesrepublik und den USA, wo Polizisten in wenigen Wochen
       ausgebildet werden und dazu vor allem das Training an der Waffe gehört.
       
       Der erste Schritt, ein Problem anzugehen, besteht darin, es als ein solches
       auch zu akzeptieren. Wenn Rassismus in Deutschland eine der größten
       gesellschaftlichen Herausforderungen darstellt, dann gilt dies erst recht
       für entsprechende Tendenzen innerhalb des Polizeiapparats. Deren Beamte
       dürfen als Vertreter des Staates Gewalt gegen andere Menschen ausüben.
       Rassisten unter ihnen können viel furchtbarere Dinge anrichten als normale
       Bürger. Und diese Rassisten sind auch keine vereinzelten schwarzen Schafe,
       dafür ist die Zahl der entsprechenden Vorfälle zu groß.
       
       Ein Problem anzuerkennen muss bedeuten, es im nächsten Schritt auch zu
       bearbeiten. Das ist kein Job für Dünnbrettbohrer. Aus dem Kampf gegen
       Antisemitismus wissen wir, wie mühsam – und bisweilen vergeblich – der
       Versuch ist, Ressentiments aus den Köpfen zu vertreiben. Doch angesichts
       der Tatsachen führt kein Weg daran vorbei, diese Aufgabe jetzt anzugehen –
       ohne politische Scheuklappen.
       
       10 Jun 2020
       
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