# taz.de -- 3. Fußball-Liga: Drittklassige Lösung
       
       > Der DFB verordnet trotz vieler Bedenken den Neustart der Dritten Liga und
       > verspielt das Vertrauen wichtiger Bündnispartner. Das ist hochriskant.
       
 (IMG) Bild: Trainingsbeginn: Bei Hansa Rostock ging es Mitte April los, in Jena pausierte man noch Anfang Mai
       
       Vermutlich hätte der Deutsche Fußball-Bund seine Anweisung gern mit der
       schlichten Autorität und Eleganz eines Franz Beckenbauers vorgetragen:
       „Geht's raus und spielt's Fußball.“ Schluss mit der leidigen Taktiererei
       dieser Drittligaklubs, deren Position zum diskutierten Spielabbruch der
       laufenden Saison doch auffällig stark vom jeweiligen Tabellenstand
       beeinflußt schien und die Liga in zwei ähnlich große Lager teilte.
       
       Doch so einer großen Fußballbehörde fehlt es erst recht in Krisenzeiten an
       der Leichtigkeit eines Franz Beckenbauers. Deshalb erklärte der [1][DFB in
       einer Pressemitteilung] die Wiederaufnahme der Saison ab dem 30. Mai etwas
       umständlicher: „Der Beschluss wurde im schriftlichen Umlaufverfahren
       getroffen. Die bevorstehende Rückkehr in den bundesweiten Spielbetrieb der
       3. Liga erfolgt unter Berücksichtigung der politischen Verfügungslagen.“
       
       Hinter dem gestelzten Bürokratendeutsch ließ sich der Unmut des DFB kaum
       verbergen. Der Verband sieht sich in diesen Wochen nämlich einem großen
       Problem ausgesetzt. Die Politik lässt sich nicht nur für die Interessen des
       großen Fußballs einspannen, sondern auch für die Interessen des kleinen
       Fußballs. Jede Menge Honig haben die Fußballfunktionäre zuletzt den loyalen
       Freunden von den Kabinettsbänken, die dem DFL-Konzept für den Neustart der
       ersten beiden Profiligen inmitten der Pandemie erst zum Erfolg verholfen
       haben, um den Bart geschmiert. Karl-Heinz Rummenigge hat das Zusammenwirken
       auf die knackige Formel gebracht: der Bundesliga-Fußball ist in diesen
       Tagen Werbung für die deutsche Politik.
       
       Die Corona-Beschlüsse der Kabinette in Sachsen-Anhalt und Thüringen stehen
       indes quer zum Bestreben des DFB, die dritte Liga zum Laufen zu bringen.
       Bis zum 5. Juni darf der abgeschlagene Tabellenletzte Carl Zeiss Jena auf
       behördliche Anweisung sein Stadion nicht nutzen. Das Training kann dort
       bislang ebenso wie bei den abstiegsgefährdeten Klubs aus Magdeburg und
       Halle in Sachsen-Anhalt nur eingeschränkt durchgeführt werden. Weil all
       diese Klubs für einen Abbruch und eine Annullierung der Saison eintreten,
       steht nun der Verdacht politischer Kumpanei im Raum.
       
       ## Riskante Folgen
       
       So stellt sich der DFB die Zusammenarbeit zwischen Fußball und Politik
       nicht vor. Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff berichtete vor
       gut zehn Tagen von „unerträglichem Druck“ seitens des DFB, der mit dem
       Lizenzentzug der betroffenen Vereine gedroht habe.
       
       Die Verbandszentrale mühte sich zuletzt um gemäßigtere Töne. DFB-Präsident
       Keller erklärte noch am Dienstag, man werde „alles daransetzen, die Liga
       komplett zu überzeugen.“ Keine 48 Stunden später folgte die Basta-Ansage.
       Offenkundig ist der unter Zeitdruck stehende DFB daran gescheitert, alle
       auf Linie zu bringen. Die Folgen sind höchst riskant.
       
       Die Verantwortlichen aus [2][Jena kündigten die Einleitung rechtlicher
       Schritte an]. Juristisch scheint die Wettbewerbsverzerrung des Kaltstarts
       der 20 sehr unterschiedlich gut vorbereiteten Teams auf der Hand zu liegen.
       Dass der DFB auf eine Konsenslösung verzichtet, birgt zudem eine andere
       Gefahr.
       
       [3][DFL-Geschäftsführer Christian Seifert] hat darauf hingewiesen, wie
       wichtig die Einigkeit und Disziplin aller für den Erfolg der Fortführung
       der Saison in Zeiten einer Pandemie ist. Doch warum sollten sich Vereine,
       die eh nicht mitspielen wollen, weil sie die Mehrkosten und den Abstieg
       fürchten, penibel an Hygieneregeln halten?
       
       Der DFB hat es in den letzten Jahren auch versäumt, eine
       Vertrauensgrundlage in der Liga zu schaffen, die Spielzeit für Spielzeit
       größere Schuldenberge anhäuft. Sehr bildhaft hat es einst der langjährige
       Präsident von Unterhaching, Engelbert Kupka, formuliert: „Die dritte Liga
       hat man geschaffen wie ein Kind, um dessen Alimente man sich heute drückt.“
       Dass der DFB jetzt eine Taskforce einsetzt, die sich für eine
       wirtschaftlich gesicherte dritte Liga einsetzen soll, kommt reichlich spät.
       Die jeweiligen Kommunen und Bundesländer haben häufig ausgeholfen, um
       drittklassigen Fußball am Leben zu halten. Es ist eine Zusammenarbeit, die
       künftig häufiger und grundsätzlicher in Frage gestellt werden sollte.
       
       22 May 2020
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.dfb.de/news/detail/3-liga-setzt-saison-ab-30-mai-fort-215702/
 (DIR) [2] https://www.mdr.de/sport/fussball_3l/dfb-dritte-liga-re-start-104.html
 (DIR) [3] /Neustart-der-Fussball-Bundesliga/!5678252
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Johannes Kopp
       
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