# taz.de -- Propaganda Nordkoreas: Die Vloggerin aus Pjöngjang
       
       > Bisher zeigte Nordkorea Machthaber Kim Jong Un bei Inspektionen. Nun
       > erklärt eine Vloggerin dem Ausland die vermeintlich heile Welt des
       > Staates.
       
 (IMG) Bild: Verkäuferin in einem Geschäft in Pjöngjang
       
       PEKING taz | Nach einem kurzen Jingle tritt Un A vor die Kamera, eine junge
       Nordkoreanerin mit schüchternem Lächeln und lockeren Haarsträhnen im
       Gesicht. Vor Kurzem hätten westliche Medien über Panikkäufe in der
       Demokratischen Volksrepublik Korea berichtet, wie das Land offiziell heißt,
       erklärt die Vloggerin an einer belebten Straße in Pjöngjang: „Was ist da
       dran? Ich bin hier, um es herauszufinden“.
       
       Schnitt: Die scheinbar versteckte Kamera führt nun durch einen edlen
       Supermarkt mit vollen Regalen und modisch gekleideten Hausfrauen beim
       Lebensmittelkauf. Ihr wäre nicht aufgefallen, dass Produkte in letzter Zeit
       teurer geworden sind, sagt eine Passantin. „Wir haben immer ausreichend
       Vorräte auf Lager“, ergänzt eine Verkäuferin mit Gesichtsmaske.
       
       Was in Berlin oder Los Angeles ein normales Youtube-Format wäre, ist in
       Nordkoreas Hauptstadt eine Sensation: Mit Un A beweist das Regime, dass es
       auch die Spielregeln der westlichen Internetgeneration beherrscht:
       authentische „Do it yourself“-Ästhetik, eine natürlich wirkende Vloggerin,
       gemischt mit einer Prise Sex-Appeal und persönlichen Alltagsgeschichten.
       
       Bis vor Kurzem waren Nordkoreas Medien für westliche Zuschauer stets eine
       unfreiwillig komische Zeitreise in die Sowjetunion der 70er Jahre: Steife
       Nachrichtensprecherinnen mit Föhnfrisuren, deren Sprache und Intonation
       direkt einem kommunistischen Parteiseminar zu entstammen scheinen.
       
       Öde Beiträge, die ausschließlich Diktator Kim Jong Un bei Inspektionen von
       Fischfarmen und Düngerfabriken zeigen, während seine Begleiter sich eifrig
       Notizen machen. Und zum Ende martialische Soldatenvideos, die Leni
       Riefenstahl nicht agitatorischer hätte inszenieren können.
       
       Die Vloggerin Un A ist nun ein perfektes Beispiel für nordkoreanische Soft
       Power. Auf dem Youtube-Kanal „Echo DPRK“, das sich als Äquivalent für
       Russlands „RT“ oder Chinas „CGTN“ beschreiben lässt, lädt die Pjöngjanger
       Produktionsfirma Sogwang Media für ihre 7.950 Abonnenten täglich
       unterschiedlichen Content hoch.
       
       Die Propagandavideos verschwinden quasi unbeachtet in den unendlichen
       Weiten des Internets, darunter eine bis dato 35-teilige Serie über den
       verstorbenen Staatsgründer Kim Il Sung, die pro Video auf nur wenige
       hundert Klicks kommt.
       
       Besser läuft das auf ein internationales Publikum von heute zugeschnittenes
       Format der Vloggerin Un A: „Happy Lunch“, „Mein
       Lieblingslebensmittelgeschäft“ oder „Un A erklärt, warum es kein Covid-19
       in Nordkorea gibt“.
       
       Über Un A ist nur wenig bekannt. Womöglich hat sie im Ausland studiert und
       sich dort von den sozialen Medien inspirieren lassen. Auch dass sie einen
       regelmäßigen Internetzugang zum Hochladen der Videos hat, deutet auf gute
       Verbindungen zur politischen Elite hin.
       
       Auf jeden Fall ist sie bestens informiert. Das Video zu den vermeintlichen
       Panikkäufen, das kurz nach den [1][Spekulationen um das Verschwinden Kim
       Jong Uns] hochgeladen wurde, schließt die Nordkoreanerin mit einer Kritik
       an ausländischen Medienberichten: „[2][Während wir gegen Covid-19 kämpfen],
       sind Fake News das Letzte, was wir gebrauchen können.“
       
       19 May 2020
       
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