# taz.de -- Nachverfolgung von Infektionen: Noch einen Monat bis zur Corona-App
       
       > Das Konzept für die viel diskutierte Corona-Tracing-App ist da, doch der
       > Code fehlt. Umstritten bleibt, was so eine App überhaupt bringt.
       
 (IMG) Bild: Perfektes Tracking via App
       
       Berlin taz | Ein Logo ist schon da. Ein großes C, das oben blau beginnt und
       nach unten ins Rote verläuft, in der Mitte die klassischen Stacheln des
       stilisierten Corona-Virus. In diesen Tagen sollen auch die ersten Zeilen
       Code für die in der Entwicklung befindliche Corona-Nachverfolgungs-App
       veröffentlicht werden, deren Entwicklung nach einigem Hin und Her nun bei
       dem Softwarekonzern SAP und der Telekom liegt.
       
       Die App soll das Nachverfolgen von Kontakten mit Hilfe einer
       Bluetooth-Technologie erleichtern und so Infektionsketten frühzeitig
       unterbrechen können. Nachdem die Bundesregierung zunächst auf einen in
       Datenschutz-Sachen nur mittelmäßigen zentralen Ansatz setzte, [1][hat sie
       vor einigen Wochen umgeschwenkt] und verfolgt nun ein dezentrales System.
       
       [2][Auf der Open-Source-Plattform Github haben die Entwickler:innen bereits
       ein langes Konzept zur Funktionsweise veröffentlicht]. Die
       Grundfunktionsweise bleibt dabei: Bei einem positiven Testergebnis kann
       der:die Nutzer:in einmalig eine Warnung auslösen, so dass andere
       App-Nutzer:innen, die sich mit ihrem Smartphone jüngst in unmittelbarer
       Nähe der infizierten Person befanden, informiert werden.
       
       Darüber hinaus sollen sich Nutzer:innen auch informieren lassen können,
       wenn das Ergebnis eines Sars-CoV-2-Tests für sie vorliegt. Auch Kontakte zu
       medizinischen oder psychologischen Hotlines sollen bereitgestellt werden.
       Die App soll es auch in einfacher Sprache geben und eine Sprachausgabe
       bieten, um auch für Personen, die nicht oder nicht gut sehen können,
       nutzbar zu sein. Bei der Deinstallation der App sollen sämtliche
       vorliegenden Daten gelöscht werden. Die Fertigstellung ist für Mitte Juni
       geplant.
       
       ## Lob von der Netzpolitikerin
       
       Auf Github werden die bislang bekannten Punkte des Konzepts bereits im
       Detail diskutiert – [3][beispielsweise, wie die Nachricht, dass es
       möglicherweise zu einem Kontakt mit einer infizierten Person gekommen ist,
       technisch am Datenschutz-freundlichsten umzusetzen ist].
       
       „Die ersten Veröffentlichungen zur Entwicklung der Corona-Tracing-App auf
       Github geben Hoffnung, dass man aus vergangenen Fehlern gelernt hat“, sagt
       Anke Domscheit-Berg, Netzpolitikerin der Linkspartei. Sie lobt das Konzept
       der Entwickler:innen, nicht erst den fertigen Programmcode, sondern auch
       die Schritte dahin schon zu veröffentlichen. Dass man sich entschieden
       habe, die App unter eine Open-Source-Lizenz zu stellen und damit auf
       Hintertüren oder Fehler überprüfbar zu machen, werde das Produkt zum einen
       technisch verbessern, da Feedback und Wissen von außen eingebracht werden
       kann. Zum anderen schaffe es auch Vertrauen in der Bevölkerung.
       
       ## Hilft die App im Kampf gegen Corona?
       
       Denn wie viel so eine App zum Eindämmen der Pandemie beitragen kann, ist
       weiterhin umstritten. Schätzungen gehen davon aus, dass 60 bis 70 Prozent
       der Bevölkerung sie nutzen müssen, um einen nennenswerten Effekt zu haben.
       Gedankenspielen darüber, ob man die Nutzung nicht mit diversen Anreizen
       attraktiv machen könnte, wie etwa mehr Bewegungs- oder Reisefreiheiten für
       App-Nutzer:innen, hatte Innenminister Horst Seehofer (CSU) vergangene Woche
       mit deutlichen Worten eine Absage erteilt: „Was ich nicht möchte, dass man
       von einer Freiwilligkeit spricht, aber so viele Anreize diskutiert, dass
       man nun von der Freiwilligkeit nicht mehr reden kann.“
       
       Eine detaillierte Untersuchung der ersten bekannten Infektionskette in
       Deutschland bei einem Münchner Autozulieferer, die jetzt in der
       Fachzeitschrift [4][The Lancet ] veröffentlicht wurde, kam zu dem Ergebnis,
       dass die Infizierten am infektösesten kurz bevor und zu Beginn der Symptome
       waren. Diese Erkenntnis ist zwar nicht ganz neu, untermauert aber die
       Ansicht, dass zur Eindämmung der Pandemie das frühzeitige Unterbrechen der
       Infektionsketten, bei dem eine App helfen könnte, entscheidend ist.
       
       Dass es dafür allerdings nicht unbedingt eine App braucht, ist aus Island
       zu hören. Dort gibt es zwar eine Tracing-App, die auch von knapp 40 Prozent
       der Bewohner:innen heruntergeladen wurde. Doch der für die Aufsicht der
       Kontaktnachverfolgung Zuständige sagte in [5][Technology Review]: „Ich
       würde schon sagen, dass [die App] in einigen Fällen hilfreich gewesen ist,
       aber es war kein Game Changer für uns.“ Ebenso wichtig sei die manuelle
       Nachverfolgung von Kontakten, genauso wie frühe und viele Tests und die
       Isolation von Infizierten.
       
       18 May 2020
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Archiv-Suche/!5678662&s=domscheit/
 (DIR) [2] https://github.com/corona-warn-app/cwa-documentation/blob/master/translations/scoping_document.de.md#einleitung
 (DIR) [3] https://github.com/corona-warn-app/cwa-documentation/issues/80
 (DIR) [4] https://www.thelancet.com/action/showPdf?pii=S1473-3099%2820%2930314-5
 (DIR) [5] https://www.technologyreview.com/2020/05/11/1001541/iceland-rakning-c19-covid-contact-tracing/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Svenja Bergt
       
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