# taz.de -- Fernuntericht in Corona-Pandemie: Für Arme reicht analog
       
       > Hamburger Schüler erhalten das Geld aus Laptop-Programm des Bundes nicht
       > selbst. Stattdessen kauft die Behörde Geräte und verleiht sie – das
       > dauert.
       
 (IMG) Bild: Ist in Zeiten von Homeschooling unabkömmlich: Laptop fürs Kind
       
       Hamburg taz | Die von der [1][Bundesregierung im April versprochenen] 150
       Euro Zuschuss für einen Computer werden Hamburgs bedürftige Schüler nicht
       ausgezahlt bekommen. Die Jobcenter lassen Beratungsstellen wissen, sie
       seien dafür nicht zuständig. Und die Schulen wurden schriftlich
       aufgefordert, keine Empfehlungen für diese Geräte mehr auszustellen.
       
       Zwei Antragsformulare für „Digitales Lernen in der Coronakrise“ dürften
       nicht mehr ausgegeben werden und sollten zurückgefordert werden, schrieb
       ein Schulaufsichtsbeamter Ende April an die Schulleiter des Projekts „23+
       Starke Schulen“. Das sind die Schulen in den ärmsten Vierteln. Auf „Wunsch
       des Amtes für Soziales“ teile er mit, dass solche Anträge vom Jobcenter
       „abschlägig“ beschieden würden. Und weiter heißt es: „Die Schule spricht im
       Kontext des Antrages keine Empfehlung für digitale Endgeräte im
       Fernunterricht aus, da im Fernunterricht analog gearbeitet werden kann.“
       
       Auch Landesschulrat Thorsten Altenburg-Hack teilte den Schulleitungen mit,
       dass kein Anspruch auf Erstattung von Laptops für Sozialleistungsbezieher
       bestehe. Mit den in Summe 12,8 Millionen Euro vom Bund für Schülercomputer
       werde der Senat zentral Geräte kaufen und Schülern leihen.
       
       Die Schulpolitikerin Sabine Boeddinghaus (Die Linke) findet das „sozial-
       und bildungspolitisch eine Katastrophe“. Es sei klar, dass die Coronakrise
       die Mängel des digitalen Unterricht zutage befördert habe und dieser über
       diese Zeit hinaus „Fahrt aufnehmen“ müsse. Alle Schüler bräuchten gleiche
       Bedingungen. Leihen gewährleiste das nicht.
       
       ## Bis zu 80.000 Geräte nach den Sommerferien
       
       Auch das Sozialbündnis [2][„Hamburg traut sich was“] empört sich über den
       Vorgang. „Es gibt Urteile von Sozialgerichten, die Bewilligungen von Geld
       für Laptops befürworten und einen Anspruch auf solche Leistungen
       bestätigen“, sagt dessen Sprecher Wolfgang Völker.
       
       Das Bündnis verschickt Postkarten an die Abgeordneten von Rot-Grün mit der
       Forderung „600 Euro sofort für Laptop und Drucker“, damit arme Schüler „den
       digitalen Anschluss nicht verpassen“. Boeddinghaus will mit ihrer
       Fraktionskollegin Olga Fritzsche einen Antrag stellen, wonach jeder
       bedürftige Schüler 500 Euro für digitale Endgeräte bekommen soll.
       
       Bei einem Schlagabtausch mit Boeddinghaus hatte der Grüne Anjes Tjarks am
       Mittwoch in der Bürgerschaft gesagt, 19.000 Endgeräte stünden in den
       Schulen zum Verleih bereit. – „Das ist zu wenig“, findet Fritzsche. Hamburg
       habe 60.000 förderberechtigte Schüler. Zudem höre sie ständig andere
       Zahlen.
       
       Die Schulbehörde erklärte auf Nachfrage, es gebe derzeit „bis zu 11.000
       mobile Endgeräte“, die bereits an Schüler verliehen würden. Von den 12,8
       Millionen Euro aus dem Sofortprogramm werde die Behörde 60.000 bis 80.000
       Notebooks und Tablets erwerben. Durch den Verleih sei „die Wartung durch
       uns sichergestellt“, sagte Sprecher Michael Reichmann. Auch besorge die
       Behörde Prepaid-Karten für den Netzanschluss. Sie hoffe, „nach den
       Sommerferien größere Zahlen von Endgeräten ausliefern zu können“.
       
       „Das ist reichlich spät“, findet Fritzsche. Sie habe selber ein 13-jähriges
       Kind. „Ich kann mir nicht vorstellen, wie Homeschooling an weiterführenden
       Schulen rein analog funktionieren soll“, sagt sie. In einigen Stadtteilen
       habe fast die Hälfte der Kinder kein Gerät. „Die sind über Monate vom
       Unterricht ausgeschlossen.“ Sie fürchte, die Behörden verweigerten sich,
       „um nicht zuzugeben, dass dieser Bedarf im digitalen Zeitalter schon länger
       besteht“.
       
       11 May 2020
       
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