# taz.de -- Ausgangssperre in der Türkei: Regierung gerät in Turbulenzen
       
       > Nach dem Corona-Chaos vom Wochenende wackelt die türkische Regierung.
       > Präsident Erdoğan aber lehnt den Rücktritt von Innenminister Soylu ab.
       
 (IMG) Bild: Nichts los: eine Katze am Sonntag im menschenleeren Garten vor der Blauen Moschee in Istanbul
       
       Istanbul dpa | Die türkische Regierung ist durch ihren Umgang mit der
       Coronakrise in schwere Turbulenzen geraten. Innenminister Süleyman Soylu,
       der wegen einer sehr kurzfristig angekündigten Ausgangssperre zur
       Zielscheibe heftiger Kritik geworden war, bot am Sonntag seinen Rücktritt
       an – den Präsident Recep Tayyip Erdoğan jedoch ablehnte.
       
       Soylu werde sein Amt weiter ausüben, erklärte das Büro des Staatschefs.
       Sein Rücktrittgesuch hatte der Minister kurz zuvor eingereicht. „Mögen mir
       mein Land, das ich niemals verletzen wollte, und unser Präsident, dem ich
       mein ganzes Leben lang treu ergeben sein werde, verzeihen“, erklärte der
       50-Jährige.
       
       Soylu hatte am Freitagabend mit nur zwei Stunden Vorlauf angekündigt, dass
       die Bewohner von 31 Städten, darunter der Hauptstadt Ankara und der
       Millionenmetropole Istanbul, ihre Wohnungen für einen Zeitraum von 48
       Stunden nicht verlassen dürften. Dies hatte großen Unmut und Panikkäufe der
       Bevölkerung ausgelöst. Selbst der Bürgermeister von Istanbul, Ekrem
       İmamoğlu, war nach eigenen Angaben nicht vorab über die Maßnahme informiert
       worden.
       
       Zunächst sagte Soylu dazu, es bestehe kein Grund zur Panik. Im Übrigen habe
       er auf Anweisung Erdoğans gehandelt. Am Sonntag übernahm der Innenminister
       dann aber „die ganze Verantwortung“. Er habe jedoch im guten Glauben
       gehandelt, versicherte Soylu in seinem Rücktrittgesuch. Kritiker hatten ihm
       vorgeworfen, tausende Menschen in Gefahr gebracht zu haben, die sich bei
       ihren Panikkäufen nicht an die geltenden Abstandsregeln gehalten hatten.
       
       ## Laut Behörden bisher etwa 1.200 Todesfälle
       
       Soylu war wenige Wochen nach dem Putschversuch vom Juli 2016 Innenminister
       geworden. Die auf den Umsturzversuch folgende Festnahmewelle hatte er mit
       harter Hand umgesetzt.
       
       Die Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus waren in der Türkei zuletzt
       verstärkt worden. So wurden [1][Ausgangssperren für unter 20-Jährige und
       Menschen über 65 Jahre] angeordnet sowie mehrere Orte unter Quarantäne
       gestellt. Für Arbeitnehmer unter 20 Jahren wurden die Beschränkungen dann
       aber wieder gelockert. Schulen, Bars und Kultureinrichtungen im Land sind
       geschlossen.
       
       In der Türkei wurden nach offiziellen Angaben bis Sonntag fast 57.000
       Infektionsfälle registriert, die meisten davon in der
       15-Millionen-Einwohner-Metropole Istanbul. Rund 1.200 Menschen starben den
       Behörden zufolge landesweit an der von dem Virus ausgelösten
       Lungenkrankheit Covid-19. Das neuartige Virus breitet sich rasant im Land
       aus: Die Türkei ist eines der Länder mit der größten Zunahme an
       Neuinfektionen weltweit.
       
       13 Apr 2020
       
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