# taz.de -- Ausnahmezustand im Kongo wegen Corona: Die Hauptstadt wird abgeriegelt
       
       > Präsident Tshisekedi ruft den Ausnahmezustand aus. Das Coronavirus darf
       > nicht von der Oberschicht in Kinshasa auf das gesamte Land überspringen.
       
 (IMG) Bild: Alltag in Kishasa vor Corona-Zeiten. Haltestelle für Sammeltaxis
       
       Berlin taz | Zum Kampf gegen das neuartige Coronavirus hat der Präsident
       der Demokratischen Republik Kongo, [1][Felix Tshisekedi], den
       Ausnahmezustand erklärt und weitreichende Zwangsmaßnahmen verfügt. In einer
       landesweit an die 90 Millionen Kongolesen ausgestrahlten Fernsehansprache
       am Dienstagabend appellierte der Präsident an die „heilige Einheit der
       Nation“ und griff zu einem alten Slogan der kongolesischen
       Demokratiebewegung, leicht abgewandelt: „Gemeinsam werden wir das
       überwinden.“ Der Ausnahmezustand gilt für zunächst 30 Tage.
       
       Ab sofort sind Kongos Grenzen zu den Nachbarländern für den Personenverkehr
       geschlossen. Die gut 10 Millionen Einwohner zählende Hauptstadt
       [2][Kinshasa], die Tshisekedi als „Epidemieherd“ bezeichnete, wird von der
       Außenwelt abgeriegelt: Personenverkehr aus oder zum Rest des Landes ist
       untersagt, Flug- und Schiffsverbindungen werden gestrichen, Straßen
       gesperrt. Polizei und Armee überwachen die Einhaltung der Maßnahmen.
       
       In Kinshasa selbst sollen die Bezirksverwaltungen Hygienemaßnahmen
       ergreifen – beispielsweise öffentliche Einrichtungen zum Händewaschen mit
       Seife aufbauen, sehr wichtig in einer Megacity, deren Bevölkerung mit
       Ausnahme einer kleinen Elite weder sauberes Wasser noch eine öffentliche
       Stromversorgung zur Verfügung hat.
       
       Die Maßnahmen bedeuten, so sie denn konsequent durchgesetzt werden, einen
       erheblichen Einschnitt ins Leben der Kongolesen. Mehrere der wichtigsten
       Städte des Landes befinden sich direkt an einer Grenze zum Nachbarland –
       die Hauptstadt Kinshasa, die östlichen Provinzhauptstädte Goma und Bukavu –
       und sind von offenen Grenzen abhängig. Das riesige, bitterarme und
       aufsässige Kinshasa ist aus eigener Kraft nicht überlebensfähig.
       
       Die Demokratische Republik Kongo zählt derzeit (Stand Mittwochfrüh) 48
       bestätigte Coronavirus-Infizierte und drei sicher bestätigte Todesfälle.
       Doch das Virus schlägt ganz oben zu. Ein Toter ist der Bruder des
       Wirtschaftsministers, einer der Rechtsanwalt des Oppositionsführers Moise
       Katumbi. Das Virus wurde von einem Reisenden aus Frankreich nach Kinshasa
       eingeschleppt und ist bisher nur dort bestätigt – mutmaßliche
       Infektionsfälle in anderen Städten haben sich bislang immer als negativ
       entpuppt.
       
       Tshisekedi folgt mit seinem Maßnahmenpaket Appellen kongolesischer
       Bürgerrechtsgruppen. Die hatten in den vergangenen Tagen immer
       nachdrücklicher gefordert, der Präsident möge doch die Bevölkerung vor
       dieser Seuche schützen, die bisher auf die mit dem Ausland vernetzte
       Oberschicht beschränkt scheint.
       
       Die Befürchtung ist groß, dass eine Ausbreitung des Coronavirus auf die
       allgemeine kongolesische Bevölkerung und das gesamte Land nicht mehr zu
       kontrollieren wäre, da dafür im Kongo die Infrastruktur fehlt. Andererseits
       hat Kongo soeben erfolgreich eine [3][Ebola-Epidemie] im Osten des Landes
       mit über 2.250 Toten beendet, trotz Bürgerkriegszuständen im Epidemiegebiet
       – die Kompetenz und Bereitschaft zu weitreichenden Maßnahmen der
       Seuchenbekämpfung ist also durchaus vorhanden.
       
       Bleibt, die nötigen Mittel und die Infrastruktur zu organisieren.
       Tshisekedi regte dafür die Gründung eines nationalen
       Corona-Solidaritätsfonds an. Außerdem soll das ursprünglich deutsche
       Unternehmen [4][Pharmakina] in der ostkongolesischen Stadt Bukavu,
       Zentralafrikas älteste Medikamentenfabrik, das möglicherweise zur
       Covid-19-Bekämpfung geeignete Malariamedikament Chloroquin jetzt „in
       industriellen Mengen“ herstellen, so der Präsident. Das Unternehmen zeigte
       sich aufgeschlossen.
       
       25 Mar 2020
       
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