# taz.de -- Rechtsextreme Soldaten: 14-mal die rote Ampel
       
       > In der Bundeswehr werden mehr Extremisten erkannt. Denn der MAD schaut
       > bei Verdachtsfällen jetzt besser hin.
       
 (IMG) Bild: Wie viele Rechtsextreme sich wohl in den Reihen der Bundeswehr verbergen?
       
       Berlin taz | Wenn der Militärische Abschirmdienst (MAD) den Verdacht hat,
       ein Soldat könnte ein Extremist sein, setzt er eine Ampel ein. Die
       Verdachtsstufen reichen von Gelb über Orange bis Rot. Grün heißt
       Entwarnung. Die Ampel geht inzwischen häufiger auf Rot.
       
       14 Personen hat der MAD im Jahr 2019 als Extremisten eingestuft, heißt es
       im ersten Bericht der im Verteidigungsministerium angesiedelten
       „Koordinierungsstelle für Extremismusverdachsfälle“, der der taz vorliegt.
       Darunter seien acht Rechtsextremisten, zwei Reichsbürger und vier
       Islamisten. Bei weiteren 38 Personen wurde eine „fehlende Verfassungstreue“
       festgestellt.
       
       Das bedeutet: Orange, zweithöchste Stufe. Der MAD hat sich vorgenommen,
       genau diese Personengruppe genauer anzuschauen und verstärkt auch
       „Hinweisen mit niedriger Verdachtsschwelle“ nachzugehen, schreibt das
       Ministerium im 22-seitigen Bericht. Er nennt hauptsächlich Zahlen und geht
       auf die Fälle und Hintergründe nicht weiter ein.
       
       Die Zahl der erfassten Verdachtsfälle steige seit 2017 an, heißt es. Das
       liege auch an einem erhöhten Meldeaufkommen, was mit einer größeren
       Sensibilität für rechtsextreme Vorkommnisse erklärt wird. Zum Stichtag
       31.12.2019 gab es insgesamt 743 Verdachtsfälle, mehr als die Hälfte war
       2019 neu hinzugekommen. Die meisten von ihnen – rund 80 Prozent – betreffen
       den Bereich Rechtsextremismus. Reichsbürger sind noch nicht mit
       eingerechnet.
       
       Hauptsächlich rassistische Aussagen 
       
       49 Personen wurden im Jahr 2019 wegen Extremismus aus der Bundeswehr
       entlassen, 46 davon wegen Rechtsextremismus. Darunter fallen auch Fälle aus
       den Vorjahren. Am meisten habe der MAD mit „ausländer- bzw.
       fremdenfeindlichen Aussagen in sozialen Medien“ zu tun, ferner auch mit
       Propagandadelikten, wenn also zum Beispiel in der Kaserne Nazi-Musik
       abgespielt wird. Die Mitgliedschaft in rechtsextremen Organisationen bleibe
       „stabil und auf niedrigem Niveau“.
       
       Vergangene Woche wurde bekannt, dass der MAD auch den AfD-Mitarbeiter im
       Bundestag [1][Maximilian T. als Rechtsextremist eingestuft] hat. Er war
       Teil eines Prepper-Nezwerks und galt als Komplize des wegen Terror
       angeklagten Bundeswehroffiziers Franco A. Dass dieser seine rechtsextreme
       Ideologie ganz offen in seiner Masterarbeit ausführte, war dem MAD
       verborgen geblieben. Für Aufsehen hatte auch eine hohe Zahl an
       [2][Verdachtsfällen beim Kommando Spezialkräfte (KSK)] der Bundeswehr
       gesorgt.
       
       MAD-Chef Christof Gramm sprach im Herbst von rund 20 Verdachtsfällen in der
       vergleichsweise kleinen Einheit. Dass es den Bericht jetzt überhaupt gibt,
       liegt genau an diesen Fällen und der heftigen öffentlichen Kritik am Umgang
       des MAD damit. Ihm wurde vorgeworfen, dass er zahlreiche vor allem
       rechtsextreme Vorfälle nicht mitbekam oder verfolgte.
       
       Die Behörde wurde in der Folge aus den Militärstrukturen herausgelöst und
       direkt dem Verteidigungsministerium unterstellt. Sie hat inzwischen auch
       ziviles Führungspersonal und soll enger mit den anderen Sicherheitsbehörden
       zusammenarbeiten, vor allem mit dem Bundesamt für Verfassungsschutz. Seit
       Oktober 2019 gibt es im MAD eine eigene Abteilung zur Extremismusabwehr und
       die Koordinierungsstelle im Ministerium, die sich noch immer im Aufbau
       befindet.
       
       Reservisten besonders auffällig 
       
       „Diese Übersicht war mehr als überfällig und kann nur der Anfang sein, viel
       zu lange hat der MAD die neueren Entwicklungen in der rechtsextremen Szene
       nicht auf dem Schirm gehabt“, sagt die stellvertetende Fraktionsvorsitzende
       der Grünen, Agnieszka Brugger. „Besonders auffällig ist die hohe Fallzahl
       jenseits der bereits bekannten Vorkommnisse innerhalb der Reservisten, auch
       hier muss sehr genau beobachtet und gründlich aufgeklärt werden.“
       
       In 788 Fällen konnten dem Personalamt der Bundeswehr gerichtsverwertbare
       Erkenntnisse zur Verfügung gestellt werden und die Reservisten damit vom
       Dienst ausgeschlossen werden. Sie fielen in der Vergangenheit oft durch das
       Raster der Sicherheitsbehörden, weil sowohl das Bundesamt für
       Verfassungsschutz als auch der MAD für sie zuständig waren. Aus diesem
       Grund wurde eine „AG Reservisten“ eingerichtet.
       
       In einem anderen Bereich wird Entwarnung gegeben: Bundeswehrangehörige
       seien „in den letzten Jahren nur selten durch Bezüge zum Linksextremismus
       aufgefallen“, steht in dem Bericht. Er listet lediglich eine
       Verdachtsperson „mit Erkenntnissen über fehlende Verfassungstreue“ auf.
       
       Tobias Pflüger, verteidigungspolitischer Sprecher der Linksfraktion im
       Bundestag, kritisiert, dass sich der MAD vollkommen veralteter Forschung
       bediene: Noch immer verwende er die Extremismustheorie, nach der rechts und
       links gleichgesetzt werden. „Doch allein die jeweiligen Verdachtsfälle im
       linken beziehungweise rechten Spektrum sowie der Terror der letzten Monate
       zeigen, dass die Gefahr rechts lauert.“
       
       4 Mar 2020
       
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