# taz.de -- Corona-Management der Uefa: Prinzip der Entschleunigung
       
       > Der Fußball-Kontinentalverband sagt alle Europapokal-Spiele ab. Zur
       > Europameisterschaft im Juni will er sich aber immer noch nicht äußern.
       
 (IMG) Bild: Taktiker ohne Ball: Uefa-Präsident Aleksander Čeferin verhält sich bei Corona defensiv
       
       „Menschen zusammenbringen“, das war einer der fettgedruckten Überschriften
       eines Uefa-Berichts vor gut zehn Tagen, in dem etliche Stimmen vom 44.
       Kongress des Europäischen Fußballverbands in Amsterdam präsentiert wurden.
       Die Aufmerksamkeit war vor allem auf die Europameisterschaft gerichtet, die
       nach immer noch aktueller Planung am 12. Juni in Rom angepfiffen werden
       soll.
       
       Uefa-Chef [1][Aleksander Čeferin] konnte seine Vorfreude in der
       niederländischen Metropole kaum zügeln: „Das europäische Ideal wird im
       Rampenlicht stehen. Zwölf Länder, zwölf Städte, zwölf Stadien, 24
       Mannschaften, Millionen von Fans, Hunderte Millionen Zuschauer vor den
       Bildschirmen. Und eine europäische Bestimmung.“
       
       Die Schweiz, wo die Uefa ihren Sitz hat, hatte zu dem Zeitpunkt bereits
       wegen der Verbreitung des Coronavirus ihren Spielbetrieb für März abgesagt.
       Im von der Epidemie besonders betroffenen Norden von Italien herrschte
       sowieso schon der Ausnahmezustand. Und als Dominique Blanc, der Präsident
       des Schweizerischen Fußballverbands, sich in Amsterdam zu Wort meldete, um
       die Uefa zu einer Stellungnahme angesichts des grassierenden Virus zu
       bewegen, versuchten ihn die obersten Funktionäre mit einem klassischen
       Mittel der Krisenpolitik zu beruhigen: Man habe eine Arbeitsgruppe
       eingerichtet, die sich mit dem Thema befassen werde. Öffentlich wollte man
       darüber nicht diskutieren.
       
       ## Chelsea-Profi in Quarantäne
       
       Noch diesen Dienstag teilte der Verband zum Thema EM mit: „Die Uefa steht
       bezüglich des Coronavirus und seiner Entwicklung mit den zuständigen
       internationalen und lokalen Behörden in Kontakt. Der geplante Zeitplan muss
       nicht geändert werden.“ Wenige Stunden später wurden von der Uefa die
       geplanten Europa-League-Spiele zwischen dem FC Sevilla und AS Rom sowie
       zwischen Inter Mailand und dem FC Getafe abgesagt. Das für nächsten
       Mittwoch angesagte Champions-League-Spiel zwischen Bayern München und dem
       FC Chelsea wird nun auch nicht stattfinden. Chelsea-Stürmer [2][Callum
       Hudson-Odoi] wurde, wie am Freitag bekannt wurde, positiv auf das
       Coronavirus getestet. Hudson-Odoi und das gesamte Team befinden sich nun in
       Quarantäne.
       
       In Quarantäne scheint auch die Coronavirus-Arbeitsgruppe der Uefa zu sein.
       Nach wie vor ist von ihren Erkenntnissen und Empfehlungen kein
       Sterbenswörtchen nach außen gedrungen. Am Donnerstag berichteten die
       spanische Sportzeitung Marca sowie die französische L'Equipe, die Uefa
       plane, den Spielbetrieb in der Champions League und in der Europa League
       wegen der Ausbreitung des neuartigen Coronavirus auszusetzen und die EM um
       ein Jahr zu verschieben.
       
       Wenige Stunden später erklärte der Verband via Pressemitteilung, in fünf
       Tagen, nächsten Dienstag also, sei eine Videokonferenz geplant. Vertreter
       der 55 Mitgliedsverbände, die Vorstände der Europäischen Klubvereinigung
       und der europäischen Ligen sowie ein Vertreter der Spielergewerkschaft
       FIFPro werden daran teilnehmen. Thema ist die Reaktion der Uefa auf die
       Verbreitung des Coronavirus. In Krisenzeiten scheint die Uefa für sich das
       Gebot der Entschleunigung entdeckt zu haben.
       
       Die Hinhaltepolitik der Uefa geht mittlerweile auch deutschen
       Fußballfunktionären auf die Nerven. Leverkusens Sportdirektor Rudi Völler
       drängte am Donnerstag: „Auch die Uefa muss nun mal klare Kante zeigen und
       erklären, wie es weitergehen soll. Was passiert mit den nächsten Runden,
       was passiert mit der EM? So kann es jedenfalls nicht funktionieren.“
       
       ## Verschiebung ins nächste Jahr?
       
       Der Fifa hat gerade auf Bitten des Kontinentalverbands Conmebol die
       WM-Qualifikation in Südamerika verschoben. Die nächsten Partien sollten
       zwischen dem 26. und 31. März stattfinden. Zeitgleich würden in Europa auch
       die Playoff-Spiele, aus denen die letzten Teilnehmer für die EM ermittelt
       werden sollen, stattfinden. Nach derzeitigem Stand will die Uefa diese
       Spiele durchführen.
       
       Angesichts des steigenden Handlungsdrucks hat die Uefa nun am Freitag
       verkündet, ihre Vereinswettbewerbe einzustellen. Aber was wird aus der
       Europameisterschaft? Möglicherweise befindet sich der Verband noch in
       schwierigen Verhandlungen mit der Fifa, weil eine Verlegung der EM ins Jahr
       2021 zu einer Kollision mit der neuen Fifa-Klub-WM in China (17. Juni bis
       4. Juli 2021) führen würde. Die Wirtschafts- und Machtinteressen scheinen
       derzeit noch schwerer zu wiegen als die Gesundheitsvorsorge. Und noch etwas
       muss sich die Uefa vorwerfen lassen: Schnellere und klare Entscheidungen
       hätten für die nationalen Verbände mehr Spielräume für ihre Notpläne
       geschaffen.
       
       13 Mar 2020
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://de.wikipedia.org/wiki/Aleksander_%C4%8Ceferin
 (DIR) [2] https://www.theguardian.com/football/2020/mar/13/chelsea-in-lockdown-as-hudson-odoi-tests-positive-to-coronavirus
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Johannes Kopp
       
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