# taz.de -- Geschichtspolitik in Polen: Wegen Zivilcourage gefeuert
       
       > Der Direktor des jüdischen Museums POLIN in Warschau verliert seinen Job.
       > Er hat den aktuellen Antisemitismus in Polen kritisiert.
       
 (IMG) Bild: Sorgt immer wieder für Ärger mit der PiS: Museum für die Geschichte der polnischen Juden in Warschau
       
       Warschau taz | Polens Juden sind schlecht zu sprechen auf den wortbrüchigen
       Kulturminister Piotr Gliński. Denn dieser wollte den Sieger eines offenen
       Wettbewerbs zum neuen Direktor des Museums der Geschichte der polnischen
       Juden, [1][POLIN], ernennen. So war es vereinbart mit den beiden anderen
       Trägern des Museums, dem Verein des Jüdischen Historischen Instituts (ŻIH)
       und der Stadt Warschau.
       
       Doch als sich herausstellte, dass der bisherige Direktor Dariusz Stola den
       Wettbewerb gewann, weigerte sich Gliński, ihn zu ernennen. Der Professor
       für Zeitgeschichte war durch seine Kritik an der aktuellen
       Geschichtspolitik bei der nationalpopulistischen Regierungspartei Recht und
       Gerechtigkeit (PiS) in Ungnade gefallen.
       
       Dabei sah zunächst alles sehr vielversprechend aus. Die Idee eines „Museums
       des jüdischen Lebens in Polen“ nahm 2005 Fahrt auf, als die Stadt Warschau
       das Bauland im ehemaligen Warschauer Getto zur Verfügung stellte, der
       ŻIH-Verein die Ausstellung erarbeitete und mithilfe ausländischer Mäzene
       finanzierte und das Kultur-Ministerium die laufenden Kosten für den
       Museums-Betrieb übernahm. Ab 2014 heimste das POLIN-Museum nicht nur immer
       neue international renommierte Preise ein, sondern vermeldete auch Jahr für
       Jahr neue Besucherrekorde.
       
       Doch im Januar 2018 trat [2][das sogenannte Holocaust-Gesetz] in Kraft, mit
       dem angeblich – so hieß es offiziell – dem falschen Ausdruck „polnisches
       Konzentrationslager“ ein Riegel vorgeschoben werden sollte. Doch weder
       taucht dieser Terminus im Gesetz auf noch die ebenfalls falschen Begriffe
       „polnische Gaskammer“ oder „polnisches Vernichtungslager“. Stattdessen
       verbietet das Gesetz, über polnische Nazi-Kollaborateure zu sprechen und zu
       schreiben.
       
       ## Proteste aus Israel und den USA
       
       Der damalige POLIN-Direktor Stola kritisierte das Gesetz scharf, da die
       angedrohte bis zu dreijährige Haftstrafe oder hohe Geldbuße in erster Linie
       [3][Schoah-Überlebende] und deren Angehörige treffen würde. Am Ende – nach
       massiven Protesten aus Israel und den USA – milderte die PiS das Gesetz ab.
       Doch Stola hatte sich bei den Parteifunktionären bereits unbeliebt gemacht.
       
       Als Stola es dann auch noch wagte, in der Ausstellung „Fremd zu Hause“
       nicht nur die antisemitische Hetzkampagne der Polnischen Vereinigten
       Arbeiterpartei im März 1968, sondern auch aktuelle antisemitische Zitate zu
       zeigen, geißelten dies viele PiS- Anhänger als „politische Einmischung“.
       
       Im Februar 2019 lief Stolas Fünfjahresvertrag aus. Mit seiner Weigerung,
       den Gewinner des Wettbewerbs zum neuen POLIN-Direktor zu ernennen,
       verhinderte Gliński jede mittel- und langfristige Ausstellungsplanung des
       Museums. Erst als Stola auf den ihm rechtlich zustehenden Direktorenposten
       verzichtete, erklärte sich Gliński bereit, den Vorschlag von Stadt und
       ŻIH-Verein zu akzeptieren.
       
       Ende Februar will er nun Zygmunt Stępiński, Stolas bisherigen
       Stellvertreter, zum Nachfolger ernennen. Ob dieser jedoch die Zivilcourage
       haben wird, auch gegen aktuellen Antisemitismus in Polen zu protestieren,
       ist nicht sicher. Es könnte ihn den Job kosten.
       
       26 Feb 2020
       
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