# taz.de -- Autofahrer verletzt Vierjährigen tödlich: Sechs Monate statt 200 Euro
       
       > Im Berufungsprozess wird ein 24-Jähriger härter verurteilt: Statt 200
       > Euro Geldstrafe bekommt er eine Freiheitsstrafe auf Bewährung.
       
 (IMG) Bild: Im Landgericht in Moabit wurde der Fall neu verhandelt
       
       Berlin taz | Für die fahrlässige Tötung eines Vierjährigen war ein Berliner
       Autofahrer vergangenes Jahr zur einer Geldstrafe von 200 Euro verurteilt
       worden. Das Urteil sorgte aufgrund der vermeintlich geringen Summe für viel
       Aufsehen; zumal das Auto auf einer Busspur unterwegs gewesen war. Die
       Staatsanwaltschaft und der Beklagte gingen in Berufung. Der Prozess wurde
       am Freitag neu aufgerollt.
       
       Das neue Urteil fällt nun deutlich härter aus: Der 24-Jährige bekam eine
       Freiheitsstrafe von sechs Monaten zur Bewährung und ein dreimonatiges
       Fahrverbot.
       
       Im Oktober 2017 ereignete sich der Unfall in der Romain-Rolland-Sraße in
       Pankow-Heinersdorf. Der damals 23-jährige Architekturstudent war mit seinem
       Bruder mit dem Auto auf dem Weg ins Fitnessstudio. Laut seiner Aussage
       standen sie vier bis fünf Minuten im Stau an der Ampel und hätten die
       Einfahrt zum Fitnessstudio bereits gesehen. Der Student scherte auf die
       Busspur aus, um den Stau zu überholen und rechts abzubiegen. Die Ampel
       zeigte grün.
       
       Zu dieser Zeit stand eine Mutter mit ihrem vierjährigen Sohn auf der
       Mittelinsel eines Fußgängerübergangs, gegenüber der Bushaltestelle. Sie kam
       vom Einkauf, hatte in einer Hand eine Tasche, mit der anderen zog sie einen
       Einkaufstrolley. Vorher war sie mit ihrem Sohn bei Rot bereits über die
       andere Hälfte der Straße gegangen. Das Kind sollte sich am Trolley
       festhalten.
       
       Der Junge lief aber plötzlich los. Der Student sagte aus, er habe gebremst
       und sei nach rechts ausgewichen. Aber der linke Außenspiegel des Autos
       erfasste den Jungen am Kopf. Er starb zwei Wochen später an einem
       Schädel-Hirn-Trauma im Krankenhaus.
       
       ## Die große Frage: Wie schnell fuhr der Angeklagte?
       
       Laut Gutachter soll der Fahrer zu schnell gefahren sein, 74
       Stundenkilometer statt der dort erlaubten 50 Stundenkilometer. Diese
       Geschwindigkeitsüberschreitung bestritt der 24-Jährige am Freitag erneut
       vor Gericht. Er sei nicht schneller als 50 Kilometer pro Stunde gefahren,
       betonte er.
       
       Das Gericht zweifelte den Gutachter damals nicht an, seine Aussagen führten
       sogar maßgeblich zum Schuldspruch. Der Beklagte legte Berufung ein. Dass
       auch die Staatsanwaltschaft Berufung einlegte, hat wohl taktische Gründe:
       Das neue Urteil konnte so negativer für den Angeklagen als das erste
       ausfallen. Der Fall musste komplett neu aufgerollt werden.
       
       ## Erstes Urteil: 200 Euro Geldstrafe
       
       Im ersten Urteil wurde der Fahrer zu 40 Tagessätzen zu je fünf Euro
       verurteilt, insgesamt 200 Euro, und einem Fahrverbot von einem Monat. Die
       Staatsanwaltschaft hatte 350 Euro zu 70 Tagessätzen gefordert, da der
       Student kein Einkommen hatte, kein Bafög bezog und bei seinen Eltern lebte.
       
       Ab 90 Tagessätzen wäre er vorbestraft gewesen, diese Schwelle sahen die
       Ankläger aber damals nicht erreicht. Aus verschiedenen Gründen: Der Fahrer
       habe vor Gericht geweint und den Unfall bedauert, er sei nicht vorbestraft
       gewesen und leide psychisch unter der Tat.
       
       Zudem traf laut Gericht die Mutter eine Mitschuld, da sie das Kind nicht an
       der Hand hielt und vorher mit ihm über Rot gegangen war. Im ersten Urteil
       von Juni 2019 heißt es, der Unfall wäre lediglich vermeidbar gewesen, wäre
       der Fahrer langsamer als 30 Stundenkilometer gefahren. Auch sei die Sicht
       des Fahrers nach links durch ein anderes Auto eingeschränkt gewesen, sodass
       er ein Kind dieser Größe nicht hätte sehen können.
       
       ## Das neue Urteil fällt härter aus
       
       Nachdem am Freitag beim neu aufgerollten Prozess nochmals Zeugen und
       Gutachter vernommen wurden, plädierte die Staatsanwaltschaft auf eine
       höhere Strafe. Sie forderten 150 Tagessätze und drei Monate Fahrverbot. Die
       Verteidigung plädierte auf Freispruch.
       
       Für den Angeklagten kommt es aber härter: Er ist am Freitagabend zu einer
       Bewährungsstrafe von sechs Monaten und einem dreimonatigen Fahrverbot
       verurteilt worden. Er kann gegen das Urteil nur noch Revision einlegen –
       dabei würde aber lediglich das Urteil, nicht noch einmal alle Beweise
       geprüft werden.
       
       14 Feb 2020
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Laura Binder
       
       ## TAGS
       
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