# taz.de -- Pariser Klimaschutzziele: Bank mit grünem Portfolio
       
       > Die GLS-Bank hat die Klimabilanz ihres Anlagengeschäfts untersucht. Das
       > Ergebnis: 1,5 Grad sind machbar. Doch die Berechnung hat einen Haken.
       
 (IMG) Bild: Windpark in Brandenburg. Die GLS bietet klimafreundliche Anlagen
       
       Bochum taz | Als erste Bank in Deutschland verspricht die sozial-ökologisch
       orientierte GLS, mit ihren Geschäften und Kreditvergaben das Pariser
       Klimaschutzziel einer Erderwärmung von maximal 1,5 Grad einhalten zu
       können. Vom Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie und dem
       Frankfurter Klima-Startup „right. based on science“ hat die Bank dazu
       erstmals das Treibhauspotenzial von 98,6 Prozent der Unternehmen berechnen
       lassen, an denen der Klimafonds der GLS Aktien und Wertpapiere hält.
       
       Danach haben die Unternehmen des Fonds bis zum 31. Juli 2019
       Kohlendioxid-Äquivalente von 13.179 Tonnen emittiert. In den Äquivalenten
       einberechnet sind auch extrem klimaschädliche Gase wie etwa Methan, dessen
       Treibhaus-Wirkung 28 Mal höher ist als das von Kohlendioxid.
       
       „Das bedeutet: Wenn die gesamte Weltwirtschaft so handeln würde wie die
       Unternehmen unseres Fonds, wäre das Pariser Klimaziel einer maximalen
       Erwärmung von 1,5 Grad erreichbar“, sagte GLS-Vorständin Aysel Osmanoglu
       bei der Bilanz-Pressekonferenz der Bank am Montag in Bochum. Über alle
       Geschäftsbereiche rechnet das Kreditinstitut mit Klimafolgen von 1,4 Grad
       Erwärmung – von der Staatengemeinschaft wird eine Begrenzung auf zwei Grad
       angestrebt. Befürchtet wird aber, dass sich der Planet ohne massive
       Einschnitte um 4 Grad und mehr erhitzen könnte.
       
       Allerdings: Dieses Ergebnis beruht auf Schätzungen. Denn die Bilanzierung,
       die von der GLS bereits 2019 angekündigt worden war, ist äußerst aufwändig:
       Untersucht werden müsste die gesamte Wertschöpfungskette nicht nur der Bank
       selbst, sondern aller Unternehmen, an die Kredite vergeben wurden. Dabei
       müssen nicht nur die direkten Emissionen der Kreditnehmer betrachtet
       werden, sondern auch der Treibhauseffekt der zugekauften Vorprodukte – und
       die Klimafolgen der Verwendung der hergestellten Güter.
       
       ## Auch die Rohstoffe müssten betrachtet werden
       
       Bei einer Unternehmen für Hausdämmungen etwa würde also nicht nur der
       negative CO2-Ausstoß bei der Herstellung des Dämmmaterials selbst, sondern
       auch der Rohstoffe betrachtet. Positiv bewertet würden dagegen der sinkende
       Energiebedarf der besser gedämmten Häuser.
       
       „Wir vergeben auch Kredite an viele kleinere Unternehmen, etwa an
       ökologisch wirtschaftende landwirtschaftliche Betriebe“, erklärt Laura
       Mervelskemper, die bei der GLS als Referentin für Wirkungstransparenz und
       Nachhaltigkeit arbeitet, die Schwierigkeiten der unternehmensscharfen
       Bilanzierung: „Und von diesen kleineren Firmen haben viele keine eigene
       exakte Klimabilanz.“
       
       Realistisch dürfte das 1,4 Grad-Ziel der GLS dennoch sein: Die 1974
       gegründete Bank setzt massiv auf eine kohlenstoffarme Wirtschaft,
       investiert in die Bereiche klimaschonende Mobilität, nachhaltiges Bauen –
       und in regenerative Energien, die etwa ein Drittel des Kreditportfolios
       ausmachen. Im Vergleich zu anderen deutschen Unternehmen steht die Bank
       damit glänzend da. [1][Das zeigen Berechnungen, die „right. based on
       science“ im November vorgelegt hat].
       
       Danach würde sich die Welt bis 2050 um 13,82 Grad erwärmen, wenn alle
       Unternehmen weiter so wirtschafteten wie das Braunkohleverstromer RWE heute
       – selbst wenn der Essener Konzern seine selbstgesteckten Klimaziele
       einhielte, wären es noch immer 9,5 Grad. Im Finanzbereich steht die
       Deutsche Bank danach für einen Treibhauseffekt von 2,8 Grad – und das
       dürfte sich auch nicht ändern. Immerhin: Der vom Klimawandel selbst massiv
       getroffene Versicherer Allianz könnte die Auswirkungen seiner Geschäfte von
       heute 3,2 Grad bei Einhaltung der selbstgesteckten Klimaziele auf
       Paris-kompatible 1,5 Grad drücken.
       
       Bei der Bilanzpressekonferenz in Bochum warb GLS-Vorstandssprecher
       [2][Thomas Jorberg] deshalb wie schon in den Jahren zuvor eindrücklich für
       massive Investitionen in klimafreundliche Unternehmen: „Wirtschaftlich
       geht’s uns gut – aber es brennt überall“, sagte der 63-Jährige. Je länger
       der „Transformationsprozess“ hin zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft
       verschoben werde, desto „disruptiver und teurer“ werde er verlaufen – und
       entsprechend viele Arbeitsplätze kosten.
       
       ## Warnungen scheinen anzukommen
       
       Zumindest theoretisch scheinen Jorbergs Mahnungen mittlerweile auch bei den
       Giganten der Finanzindustrie angekommen zu sein. So hat selbst Larry Fink,
       Chef des sieben Billionen Dollar schweren Finanzinvestors Blackrock, Mitte
       Januar gemahnt, die Märkte müssten schneller „auf die erheblichen
       Auswirkungen der Erderwärmung auf das Wirtschaftswachstum und den
       Wohlstand“ reagieren. Bisher hält Blackrock selbst Anteile an Öl- Kohle-
       und Gaskonzernen im Wert von 87 Milliarden Dollar. Fink hat aber
       angekündigt, bis 2025 Geld aus Firmen abzuziehen, die mehr als ein Viertel
       ihres Umsatzes mit der Kohleproduktion verdienen.
       
       Jorbergs Bank muss eine solche Disruption dagegen nicht fürchten. Die
       sozial-ökologische GLS – die Abkürzung steht für „Gemeinschaft für Leihen
       und Schenken“ – ist seit Jahren auf Wachstumskurs. Allein im Geschäftsjahr
       wuchs die Zahl der Kund*innen um 24.000 auf jetzt 242.000. Die Zahl der
       Mitglieder der genossenschaftlich organisierten Bank stieg um ein Viertel
       von 52.200 auf 65.300. Auch die Bilanzsumme kletterte um 18 Prozent auf
       mehr als 6,7 Milliarden Euro zum Stichtag des 31. Dezember 2019. Um 13
       Prozent gestiegen sind auch die ausgereichten Kredite: Knapp 3,8 Milliarden
       Euro stellt die Bank der nachhaltigen Wirtschaft zur Verfügung.
       
       5 Feb 2020
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.right-basedonscience.de/
 (DIR) [2] /GLS-Chef-ueber-den-Kohleausstieg/!5567306
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Andreas Wyputta
       
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