# taz.de -- Pläne für Zwischennutzung: Interessenten gibt's mehr als genug
       
       > In einem Haus auf dem ehemaligen Stasi-Gelände an der Frankfurter Allee
       > will eine Initiative soziale und kulturelle Projekte ansiedeln.
       
 (IMG) Bild: Zu den Tu-Mal-Wat-Aktionstagen war die Frankfurter Allee 178 schon mal besetzt
       
       Berlin taz | Der jahrelange Leerstand ist dem Haus an der Frankfurter Alle
       187 deutlich anzusehen: Putz bröckelt von den grauen Wänden, durch die
       Fenster ist das völlig entkernte Gebäudeinnere zu erkennen. Trotzdem ist
       Aktivist Ilja Goosen optimistisch, als er am Montag nach einer Begehung des
       Gebäudes den Innenenhof betritt. „Das ist alles machbar.“ Größere Sorgen
       bereitet ihm hingegen, dass der Eigentümer nicht verhandeln will.
       
       Im Erdgeschoss des Gebäudes möchte ein Zusammenschluss von Aktivist*innen,
       Vereinen und Kollektiven, für die Goosen spricht, gerne ein Zentrum
       errichten. Bereits im vergangenen September wurde das Haus im Rahmen der
       Tu-Mal-Wat-Aktionstage besetzt. Die Aktivist*innen wollten damit auf den
       Mangel von Räumen für nicht kommerzielle soziale und kulturelle Projekte
       aufmerksam machen. „Sonst tut sich da nichts“, erklärt Goosen.
       
       Das seit fast zehn Jahren leer stehende Gebäude war früher Teil der
       Zentrale des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR. Noch gehört es dem
       Land Berlin, verwaltet wird es dementsprechend durch das landeseigene
       Berliner Immobilienmanagement GmbH (BIM).
       
       Die Aktivist*innen stimmten damals dem Angebot zu, dass Gebäude zu
       verlassen. Dafür wurde seitens der BIM auf Anzeigen verzichtet und
       Verhandlungen über eine mögliche Nutzung zugesagt.
       
       ## Campus der Demokratie
       
       Das Land plant, das ehemalige Stasi-Gelände zu einem Campus der Demokratie
       auszubauen. Allerdings kommen die Planungen nur schleppend voran. Bis
       konkrete Bauarbeiten beginnen, würde es sicher noch einige Jahre dauern,
       vermuteten die Aktivist*innen. Tatsächlich stellte die BIM in den folgenden
       Verhandlungsrunden eine Zwischennutzung in Aussicht.
       
       Die Aktivist*innen konkretisierten daraufhin ihre Pläne in mehreren
       Kiezversammlungen, gründeten einen Verein und holten sich weitere
       Mitstreiter*innen ins Boot. An Interessent*innen für die Räumlichkeiten
       mangelt es nicht: Unter anderem meldete die Berliner Obdachlosenhilfe
       Bedarf an, ebenso verschiedenste soziale und künstlerische Kollektive, die
       anderswo angesichts der steigenden Mietpreise keine Räumlichkeiten finden.
       „Wenn du Marktmieten zahlst, kannst du so ein Projekt nicht machen“,
       erklärt Gordon Grunwald, der eine Siebdruckwerkstatt im Zentrum aufbauen
       will.
       
       Laut dem Nutzungskonzept der Aktivist*innen sollen neben Werkstätten auch
       Unterkünfte, Ateliers und ein Theaterraum hier Platz finden. Aufgrund von
       Statik und Brandschutzproblemen soll zunächst nur das Erdgeschoss bezogen
       werden.
       
       Die Sanierung würde die Aktivist*innen vor großer Herausforderungen
       stellen. Zwar wurde das Gebäude von Asbest befreit und ist völlig entkernt.
       Aber es fehlen elementare Dinge wie Sanitäranschlüsse. Ansonsten seien die
       Räume aber nutzbar, so Goosen. Die Aktivist*innen rechnen mit einer
       sechsstelligen Summe, die sie nach und nach aufbringen wollen.
       
       ## Ping-Pong-Spiel um Zuständigkeit
       
       Doch das größte Problem liegt in Augen der Aktivist*innen woanders: Die BIM
       verweigere weitere Verhandlungen, klagten sie in einer Pressemitteilung von
       Anfang dieser Woche. Der Grund ist, dass das Land derzeit über einen
       Verkauf des Gebäudes an den Bund verhandelt. Die BIM verweist daher auf die
       Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BimA) als zukünftigen
       Verhandlungspartner. Die wiederum möchte an keinen Verhandlungen
       teilnehmen, solange der Verkauf noch nicht abgeschlossen ist.
       
       „Wir haben das Gefühl, ins Leere gesetzt zu werden“, schildert Goosen die
       Situation. Hinter dem Ping-Pong-Spiel um die Zuständigkeit mutmaßt er eine
       Hinhaltetaktik: „Die wollen uns loswerden.“
       
       Hintergrund für den Verkauf ist ein Archiv für Stasi-Unterlagen, dass die
       zuständige Bundesbehörde auf dem Gelände errichten möchte. Dazu müsste das
       bestehende Gebäude abgerissen werden. Während der Begehung am Montag teilte
       eine BIM-Mitarbeiterin den Aktivist*innen mit, dass eine Abrissgenehmigung
       erst vor Kurzem von Bezirksamt Lichtenberg erteilt wurde.
       
       Fraglich ist daher, ob eine Zwischennutzung von den verantwortlichen
       Stellen überhaupt noch in Erwägung gezogen wird, Auf taz-Anfrage teilte die
       BimA mit, dass derzeit geprüft würde, „inwieweit eine zeitlich befristete
       Zwischennutzung möglich ist“.
       
       ## Neue Räume gesucht
       
       Derweil haben die Aktivist*innen eigene Vorstellungen davon, der
       Geschichtsträchtigkeit des Ortes gerecht zu werden. Beteiligt ist unter
       anderem die „Kirche von Unten“ (KvU), ein Sozialprojekt, das sich derzeit
       in Pankow in einem unsicheren Mietverhältnis befindet und daher nach neuen
       Räumen sucht. Die KvU entstand 1987 als evangelische oppositionelle Gruppe
       in der DDR. „Es wäre absolut großartig, da zu sein“, findet KvU-Mitglied
       Jochen Beck. So könne der Geist der Oppositionsbewegung aufrecht erhalten
       werden. „Was würde besser zu einem Campus der Demokratie passen, als ein
       basisdemokratisch organisiertes Zentrum?“, fügt Beck hinzu.
       
       Die bisherigen Planungen, inklusive Archiv, kritisieren die Aktivist*innen
       in ihrer Pressemitteilung als „überdimensioniert und am Bedarf der
       Bevölkerung vorbei“.
       
       Wie genau diese Planungen für das ehemalige Stasi-Gelände aussehen, ist
       allerdings noch unklar. Diese sollen demnächst in Beteiligungsprozessen mit
       der Öffentlichkeit konkretisiert werden. Die Senatsverwaltung für
       Stadtentwicklung teilte auf taz-Anfrage mit, dass der Standort „durch
       weitere verwandte Nutzungen aus den Bereichen Kultur, Bildung und Gewerbe
       angereichert werden soll“.
       
       Die Hoffnung für ein neues soziales Zentrum in Lichtenberg scheint also
       noch nicht ganz verloren. „Wir würden uns auch mit einem anderen Gebäude
       zufrieden geben“, so Goosen.
       
       14 Feb 2020
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jonas Wahmkow
       
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