# taz.de -- US-Militär und Landminen: Ein fatales Signal
       
       > Nach Barack Obamas Bekenntnis zum Landminenverbot von 2014 soll das
       > US-Militär künftig moderne Anti-Personen-Minen einsetzen dürfen.
       
 (IMG) Bild: Nach jahrelangen Kämpfen ist Afghanistan mit Landminen übersät. Viele Kinder fallen ihnen zum Opfer
       
       Jeden Tag wurden 2018 weltweit 20 Menschen durch Landminen oder noch
       scharfe Munition im Boden getötet oder verletzt. Diese Zahl nennt die
       Internationale Kampagne zum Verbot von Landminen ([1][ICBL]), die 1997 für
       ihre Arbeit mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet wurde. In Vietnam
       starben seit 1975, als der Krieg dort endete, 40.000 Menschen durch
       Landminen und Altmunition, in Kambodscha mussten seither 25.000
       Amputationen vorgenommen werden.
       
       Auch in Afghanistan, auf dem Balkan und neuerdings in Libyen, Nigeria und
       dem Irak werden Menschen zu Opfern dieser Waffengattung, die von 164
       Staaten weltweit geächtet worden ist. Das Internationale Komitee vom Roten
       Kreuz nennt Verletzungen durch Landminen „die schlimmsten, die Chirurgen in
       Kampfgebieten behandeln müssen“.
       
       Vor diesem Hintergrund ist US-Präsident Donald Trumps Entscheidung, die
       Streitkräfte seines Landes mit neuen Landminen auszustatten, nicht
       nachvollziehbar. Nach Angaben des Weißen Hauses soll die US-Armee künftig
       moderne Anti-Personen-Minen einsetzen dürfen, die aus der Ferne deaktiviert
       werden können und sich nach 30 Tagen selbst zerstören. Das US-Militär hatte
       zuletzt 1991 im Krieg um Kuwait Gebiete vermint.
       
       Zwar hatten die USA das 1999 geschlossene Abkommen zum Verbot der
       Produktion und des Einsatzes von Landminen ebenso wenig unterzeichnet wie
       Russland und China, aber unter Präsident Obama war der Einsatz von
       Anti-Personen-Minen nur auf der koreanischen Halbinsel erlaubt. In einer
       viel beachteten Rede sagte Obama im September 2014, dass die USA das Verbot
       einhalten und mittelfristig auch dem Vertrag beitreten wollten.
       
       ## Heftige Kritik kommt aus dem US-Kongress
       
       Das Verbot, durch das auch die Minenbestände der USA vernichtet wurden,
       könne für US-Soldaten in Konflikten einen „schwerwiegenden Nachteil“
       bedeuten, erklärte das Weiße Haus. „Der Präsident ist nicht willens, dieses
       Risiko für unsere Soldaten zu akzeptieren.“ Trumps Sprecherin Stephanie
       Grisham sagte: „Präsident Trump baut unser Militär weiter auf, und es ist
       stärker als je zuvor.“
       
       Im US-Kongress stieß die Kehrtwende vor allem bei den oppositionellen
       Demokraten auf heftige Kritik. Senator Patrick Leahy, der sich seit vielen
       Jahren im Kongress gegen Landminen engagiert, nannte Trumps Entscheidung
       „verstörend, enttäuschend und unklug“. Das Parlament sei nicht einbezogen
       worden, kritisierte Leahy. Die Washington Post zitiert
       Pentagon-Mitarbeiter, die Landminen generell für wenig hilfreich halten.
       Man wisse nie, ob nicht die eigenen Truppen doch noch durch zuvor vermintes
       Gebiet ziehen müssten.
       
       Auch deshalb hatte das US-Außenministerium seit 1993 3,4 Milliarden Dollar
       aufgewendet, um in mehr als hundert Ländern nicht explodierte Minen und
       Munition aufzuspüren und unschädlich zu machen. Weltweit wurden seit
       Abschluss des Anti-Landminen-Abkommens 55 Millionen Landminen zerstört.
       
       Auch Nichtregierungsorganisationen kritisierten die Entscheidung des
       US-Präsidenten. „Trumps Ankündigung zu Anti-Personen-Minen ist eine
       Todesstrafe für Zivilisten“, erklärte die Organisation Handicap
       International. Es gebe „Kriegshandlungen, die sich einfach außerhalb aller
       Regeln befinden“, betonte Anne Hery, ein führendes Mitglied der
       Organisation. „Minen gehören in diese Kategorie.“
       
       ## Waffen, die sich selbst zerstören sollen
       
       Es handele sich bei der heutigen Generation von Landminen allerdings um
       Waffen mit neuartiger Technologie, sagte am Freitag der zuständige
       Pentagon-Vertreter Vic Mercado. Die nun zugelassenen Minen seien so
       programmiert, dass sie sich nach 30 Tagen selbst zerstörten. Zudem könnten
       sie aus der Ferne binnen zwei Stunden unschädlich gemacht werden.
       
       Die Wahrscheinlichkeit, dass der Selbstzerstörungsprozess fehlschlage,
       liege bei sechs zu 1.000.000, fügte Mercado hinzu. Er konnte allerdings
       nicht sagen, aus welcher Quelle diese Zahl stammt, die von unabhängiger
       Seite angezweifelt wird. Schon im Konflikt um Kuwait sollten die dort von
       den USA eingesetzten Minen sich selbst zerstören. Doch in den folgenden
       Jahren fanden Entschärfungsspezialisten dort unzählige Sprengsätze, die
       nicht explodiert waren. Wie weit die technologische Entwicklung heute
       tatsächlich ist, bleibt Geheimnis von Insidern.
       
       Jedoch erfordert es einen ungeheuren Aufwand an Zeit und Geld, verminte
       Gebiete von Kampfmitteln zu räumen und für Zivilpersonen sicher zu machen.
       Experten rechnen damit, dass es etwa in Vietnam noch 300 Jahre dauern wird,
       um alle Munitionsreste aus dem Krieg zu beseitigen. Auch in anderen
       Konfliktgebieten wie dem Balkan oder Afghanistan werden Zivilisten noch
       Jahrzehnte unter den Minen leiden.
       
       ## Einsatz von Landminen in mindestens 28 Staaten
       
       Und auch wenn eine große Mehrheit der Staaten das Abkommen zum Verbot von
       Landminen mitträgt, stehen die drei größten Militärmächte – die USA,
       Russland und China – heute nicht hinter dem Vertragswerk. Obendrein nimmt
       weltweit die Zahl von Konflikten zu, die von nichtstaatlichen Gruppierungen
       wie dem IS, den Taliban oder Boko Haram geführt werden. Ihnen sind alle
       militärischen Mittel recht, um sich einen Vorteil zu verschaffen.
       
       Der Land Mine Monitor, ein [2][Bericht der ICBL], nennt vor allem die
       Houthis im Jemen, die Landminen industriell fertigten. Eingesetzt wurden
       solche Waffen in den zurückliegenden beiden Jahrzehnten außerdem in Libyen
       nach dem Sturz des Diktators Gaddafi, in Afghanistan, Kolumbien, Syrien,
       dem Irak, in Kamerun, Tschad, Niger und Nigeria. Der Land Mine Monitor
       bilanziert, dass seit 1999 in mindestens 28 Staaten Landminen eingesetzt
       worden sind. In 19 Fällen seien dafür das reguläre Militär und in neun
       Fällen nichtstaatliche Gruppierungen verantwortlich gewesen.
       
       2 Feb 2020
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://www.icbl.org/
 (DIR) [2] http://www.the-monitor.org/media/3074122/NSAG-20-year-overview_2019_FINAL.pdf
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Stefan Schaaf
       
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