# taz.de -- Fußballclub FC Rot-Weiß Erfurt: Ganz unten
       
       > Der FC Rot-Weiß Erfurt, seit knapp zwei Jahren insolvent, muss sich vom
       > Spielbetrieb der Regionalliga abmelden. Der Klub steht nun vor einer
       > Zäsur.
       
 (IMG) Bild: Nochmal den Verein zelebrieren: Fans des FC Rot-Weiss Erfurt im Steigerwaldstadion
       
       Die Fans wollen sich noch einmal am Samstag treffen, „vorrangig“, wie sie
       schreiben, „um uns gegenseitig Kraft zu schenken und die rot-weiße Flamme,
       die in jedem von uns schlummert, nicht erlöschen zu lassen“. Es soll schon
       vormittags gegen halb elf losgehen, an der sogenannten Alten Parteischule
       im Süden von Erfurt. Ein paar Stunden später wollen sie zum
       Steigerwald-Stadion ganz in der Nähe ziehen, „um sich auf unbestimmte Zeit
       von unserer Heimat zu verabschieden“. Ihre Heimat ist der Fußballclub
       Rot-Weiß Erfurt. Oder sollte man sagen: war der FC RWE?
       
       Viele von ihnen haben Karten gekauft für das Spiel ihres Klubs gegen
       Energie Cottbus. Es sollte an diesem Samstag stattfinden. Aber die Partie
       wurde abgesagt, weil Rot-Weiß am Ende ist. Der Verein schleppt sich nicht
       nur seit fast zwei Jahren durch ein Insolvenzverfahren, nun ist das Geld so
       knapp geworden, dass sich der Traditionsverein aus dem Osten aus der
       Regionalliga abmelden muss. Die Rot-Weißen sind raus. Die seit dem
       Wochenende laufenden Verhandlungen mit einem neuen Investor blieben
       erfolglos, teilte Insolvenzverwalter Volker Reinhardt am Mittwoch in einer
       [1][Presseerklärung] mit.
       
       Damit steht Erfurt als Absteiger in die Oberliga fest. Die Spieler hätten
       große Geduld bewiesen, betonte Reinhardt. Mit den Profis hatte er eine
       Frist bis Mittwochnachmittag vereinbart. „Die meisten von ihnen wollten
       bleiben und haben bis heute abgewartet. Sie müssen jetzt noch vor Ende der
       Transferperiode die Möglichkeit zu einem Vereinswechsel bekommen.“ Am
       Freitag endet die Frist. Das Team wird sich auflösen, die Spieler können
       wohl entsprechende Verträge unterschreiben oder werden gekündigt.
       
       „Es ist gut, dass es jetzt ausgesprochen ist“, sagte RWE-Spieler Pierre
       Becken im MDR, „was hier in den letzten Tagen und Wochen abging, war
       grenzwertig“. Die Kicker mussten auf Gehälter verzichten, lebten in steter
       Ungewissheit, und spätestens ab Mitte Januar, als der Klub seine
       [2][Social-Media-Aktivitäten] einstellte, war vielen klar, dass
       Rot-Weiß-Erfurt harten Zeiten entgegengeht.
       
       ## „Unfähiger Wessi“
       
       Reinhardt hatte die Spieler noch am vergangenen Sonntag damit vertröstet,
       dass es dank eines neuen Sponsors weitergehen könne mit dem Spielbetrieb,
       drei Tage später rief er die Mannschaft zu einem Treffen im Stadion
       zusammen und verkündete das Aus. Etliche Polizisten waren an den Eingängen
       zum Steigerwaldstadion postiert, aber es blieb ruhig. Die Fans zogen nicht
       wütend zur Arena, sondern machten, wenn überhaupt, ihrem Ärger im Internet
       Luft. Hauptziel ihrer Attacken: Insolvenzverwalter Volker Reinhardt, den
       sie für das Schlamassel verantwortlich machen.
       
       Hitzköpfe erregten sich über den „unfähigen, dauergrinsenden Wessi“,
       besonnenere Zeitgenossen lasten ihm an, die Chance verpasst zu haben, dem
       Klub ein neues Image zu verpassen und für einen Neustart gesorgt zu haben.
       „Er hat kein neues Vertrauen aufgebaut“, sagt ein Insider. Es wird
       gemunkelt, dass der Jurist nichts dagegen unternahm, als Trainer Thomas
       Brdarić „ein Zweitligagehalt“ gezahlt worden sei und das monatliche
       Gehaltsbudget des Teams mit 160.000 Euro unüblich hoch ausfiel. „Man hätte
       demütig sagen müssen: Wir setzen voll auf junge Spieler, aber das ist
       leider nicht passiert.“
       
       Der FC Rot-Weiß Erfurt war schon einmal insolvent: 1997. Damals, in der
       Zeit des großen Umbruchs im Osten, erging es vielen Fußballklubs so. RWE
       berappelte sich halbwegs, auch dank der Kredite des Filmrechtehändlers
       Michael Kölmel. In der jüngeren Vergangenheit brachte es der Klub immerhin
       zum Titel „Dino der 3. Liga“, weil die Erfurter länger als alle anderen auf
       diesem Level verharrten, von 2008 bis 2018. Das Modell dritte Liga lief
       viele Jahre ganz gut, nicht zuletzt weil in dieser Liga mit 1,28 Millionen
       Euro (Stand 2019) gutes Fernsehgeld gezahlt wird. Aber selbst mit dieser
       Finanzspritze, dem üblichen Klein-Mäzenatentum und Zuschüssen der Stadt
       Erfurt schafften es die Rot-Weißen nicht, solide zu wirtschaften.
       
       ## 6,8 Millionen Euro Schulden
       
       In der langjährigen Amtszeit von Präsident Rolf Rombach, auch er Jurist,
       hatten sich Anfang 2018 Verbindlichkeiten von mindestens 6,8 Millionen Euro
       angesammelt. Ein Insolvenzverfahren wurde eröffnet, der Abstieg aus der 3.
       Liga war unvermeidbar, 132 Gläubiger meldeten Ansprüche an. Der Klub befand
       sich nun im betreuten Siechtum, nichtsdestotrotz hofften viele Anhänger auf
       einen Neubeginn.
       
       Der sollte mit der Ausgliederung des Profifußballs in eine GmbH beginnen,
       aber auch dieser Schritt misslang dem Insolvenzverwalter Volker Reinhardt.
       „Es war nicht nur ein Start von 0 auf 100, sondern von minus 50 auf 100,
       den wir hinlegen mussten“, sagte er einmal der Thüringer Allgemeinen.
       Aktuell steht das Barometer der Rot-Weißen gefühlt bei minus 100. Die Fans
       spekulieren über einen Neuanfang ganz unten unter dem Namen FC Turbine
       Erfurt. Dergestalt wurde Erfurt 1954 und 1955 Meister in der DDR.
       
       30 Jan 2020
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://m.rot-weiss-erfurt.de/Aktuelles/Aktuelle-News/FC-Rot-Weiss-Erfurt-stellt-Spielbetrieb-ein.html
 (DIR) [2] https://twitter.com/ROTWEISSERFURT
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Markus Völker
       
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       Fortuna Düsseldorf.